Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
sind. Du bist eine begehrte Person.«
    Ich nickte langsam. »Natürlich«, sagte ich. »Der Maer verschickt nur eiserne Ringe.«
    »So ist es.« Bredon nickte ebenfalls. »Ein Ring des Maer gilt als großer Gunstbeweis.« Er schob die Ringe über die glatte Marmorplatte des Tischchens zu mir. »Einen solchen Ring sehe ich hier freilich nicht, was wiederum selbst bedeutungsvoll ist.«
    »Ihr scheint in den Sitten und Gebräuchen des Hofes sehr versiert«, sagte ich.
    Bredon schloss die Augen und nickte resigniert. »Als junger Mensch habe ich mich gern damit beschäftigt. Ich war geradezu eine Kapazität. Doch heute stehe ich den Ränken und Intrigen des Hofes fern, und damit schwindet auch das Interesse für solche Spielchen.« Er sah mich an. »Ich habe jetzt einfachere Gelüste. Ich reise und genieße guten Wein und das Gespräch mit interessanten Menschen. Ich nehme sogar Tanzunterricht.«
    Er lächelte wieder freundlich und klopfte mit dem Knöchel auf die Tischplatte. »Am meisten Freude bereitet mir allerdings das Takspiel. Leider kenne ich nur wenige Menschen mit genug Zeit und Verstand, es richtig zu spielen.« Er sah mich mit erhobenen Augenbrauen an.
    Ich zögerte. »Jemand, der sich auf die Kunst des Gesprächs versteht, |553| könnte ein längeres Plauderstündchen während des Spiels dazu nutzen, ein argloses Opfer auszufragen.«
    Bredon lächelte. »Den Namen auf den Ringen nach zu schließen hast du hier bisher nur skrupellose und gierige Klatschmäuler kennen gelernt. Verständlicherweise bist du nervös, was deine Geheimnisse betrifft.« Er beugte sich vor. »Aber bedenke Folgendes. Diese Klatschmäuler sind wie Elstern. Sie umflattern dich krächzend in der Hoffnung, etwas Glitzerndes aufzuschnappen, das sie mit nach Hause nehmen können.« Er verdrehte verächtlich die Augen. »Was haben sie davon? Eine flüchtige Bekanntheit, die sie für kurze Zeit über die anderen Klatschmäuler hinaushebt.«
    Er strich sich mit der Hand über den weißen Bart. »Ich bin keine Elster. Ich brauche nichts, das glänzt, und mich kümmert auch nicht, was die Klatschmäuler denken. Ich spiele ein längeres, raffinierteres Spiel.« Er zog die Bändel des schwarzen Samtbeutels auf. »Du verfügst über einigen Verstand, denn ich weiß, dass der Maer seine Zeit nicht mit Narren verschwendet. Ich weiß auch, dass du entweder in seiner Gunst stehst oder die Aussicht hast, diese zu erringen. Deshalb habe ich einen Plan.« Er lächelte mich wieder freundlich an. »Möchtest du ihn hören?«
    Auch diesmal erwiderte ich sein Lächeln unwillkürlich. »Mit größter Freude.«
    »Ich habe vor, dich mir gewogen zu machen. Ich werde mich nützlich machen und dich unterhalten, Gespräche mit dir führen und dir helfen, die Zeit zu vertreiben.« Er schüttete einen Haufen runder Steine auf die Tischplatte. »Wenn dann dein Stern am Himmel des Maer aufgeht, besitze ich an dir vielleicht einen nützlichen Freund.« Er begann die Steine nach ihren verschiedenen Farben zu sortieren. »Und wenn dein Stern nicht aufgeht, hatte ich dennoch das Vergnügen einiger Partien Tak.«
    »Offenbar schadet es Eurem Ruf nicht, einige Stunden allein mit mir zu verbringen«, sagte ich. »Schließlich waren meine anderen Gespräche eher unergiebig und nach spätestens einer Viertelstunde zu Ende.«
    »Auch damit hast du nicht unrecht.« Bredon legte die Steine auf dem Spielbrett aus. Dann lächelte er mich mit seinen merkwürdigen |554| braunen Augen wieder an. »Doch, mit dir zu spielen wird gewiss sehr unterhaltsam sein.«

    In den folgenden Stunden lernte ich, Tak zu spielen. Mir war jedes Mittel recht, der Langeweile zu entrinnen, aber ich hätte auch so Gefallen daran gefunden. Tak ist ein Spiel im besten Wortsinn: mit einfachen Regeln und einem komplexen Verlauf. Bredon schlug mich mühelos in allen fünf Partien, die wir spielten, doch kann ich zu meiner Ehrenrettung sagen, dass ich keinen Fehler zweimal machte.
    Nach der fünften Partie lehnte sich Bredon mit einem zufriedenen Seufzer zurück. »Das war schon ein richtig gutes Spiel. In dieser Ecke hast du dich sehr geschickt angestellt.« Er zeigte mit den Fingern auf die Stelle.
    »Nicht geschickt genug.«
    »Aber doch geschickt. Das Manöver, das du versucht hast, heißt übrigens Steinschlag, nur damit du es weißt.«
    »Und wie heißt der Zug, mit dem Ihr es abgewehrt habt?«
    »Bredons Parade«, sagte er mit einem spitzbübischen Lächeln. »Aber so nenne ich jeden besonders geschickten

Weitere Kostenlose Bücher