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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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ich so überstürzt und ungehörig in dein Zimmer platzte, habe ich versäumt, mich dir mit Titel und Rang vorzustellen.« Er betrachtete mich mit seinen braunen Augen.
    »Und es wäre sehr unhöflich von mir, danach zu fragen«, sagte ich langsam. Ich wusste nicht, worauf er hinaus wollte.
    Er nickte. »Du musst also vorerst davon ausgehen, dass ich weder Titel noch Rang besitze. Das schafft eine ungewöhnliche Beziehung zwischen uns: Du hast dich dem Hof nicht vorgestellt, ich habe mich dir nicht vorgestellt. Von daher erscheint es passend, mir einen silbernen |557| Ring zu schicken, wenn du mit mir speisen oder wieder eine Partie Tak verlieren willst.«
    Ich rollte den silbernen Ring zwischen den Fingern hin und her. Wenn ich ihn Bredon schickte, würden alle denken, dass ich mich ihm als ebenbürtig betrachtete. Dabei wusste ich nur nicht, welchen Rang er bekleidete. »Was würden die Leute sagen?«
    In Bredons Augen trat ein Funkeln. »Ja, was wohl?«

    So vergingen die Tage. Der Maer ließ mich kommen, um mit mir zu plaudern, neugierige Höflinge schickten ihre Karten und Ringe und wurden von mir mit höflichen Floskeln abgefertigt.
    Nur Bredon verhinderte, dass ich in meinem goldenen Gefängnis vor Langeweile den Verstand verlor. Bereits am folgenden Tag schickte ich ihm den silbernen Ring mit einer Karte, auf der stand: »Wann immer es Euch beliebt. Bei mir.« Fünf Minuten später rückte er mit seinem Spieltisch und dem Beutel mit Steinen ein. Er bot an, mir den Ring zurückzugeben, und ich nahm so galant wie möglich an. Er hätte ihn von mir aus gern behalten können, aber ich besaß, wie er wusste, nur den einen.
    Die fünfte Partie mussten wir abbrechen, denn ich wurde zum Maer gerufen. Dunkel lag sein eiserner Ring auf dem silbernen Tablett des Boten. Ich entschuldigte mich bei Bredon und eilte in den Garten hinaus.
    Später am Abend schickte Bredon mir seinen Ring und eine Karte mit den Worten: »Nach dem Abendessen. Bei dir.« Ich schrieb »sehr gern« auf die Karte und schickte sie zurück.
    Als er kam, wollte ich ihm den Ring zurückgeben. Er lehnte höflich ab, und der Ring kam zu den anderen Ringen in der Schale neben der Tür. Dort leuchtete er für jedermann sichtbar aus der Hand voll Eisen heraus.

|558| Kapitel 58
Auf Freiersfüßen
    D er Maer hatte mich seit zwei Tagen nicht mehr gerufen.
    Ich war in meinen Räumen eingesperrt und ärgerte und langweilte mich zu Tode. Vor allem wusste ich nicht, warum er mich nicht holen ließ. War er zu beschäftigt? Hatte ich ihn gekränkt? Ich überlegte, ob ich ihm eine Karte und den goldenen Ring schicken sollte, den Bredon mir geschenkt hatte. Aber wenn Alveron nur meine Geduld auf die Probe stellen wollte, war das womöglich ein schwerer Fehler.
    Doch meine Ungeduld wuchs. Ich war hierher gekommen, um einen Schirmherrn zu finden oder wenigstens Hilfe für meine Suche nach den Amyr. Bisher hatte ich mir in den Diensten des Maer aber nur den Hintern platt gesessen. Wenn Bredon nicht gewesen wäre, die Langeweile hätte mir schon längst den Verstand geraubt.
    Schlimmer war, dass meine Laute und Dennas schöner Kasten schon in zwei Tagen in das Eigentum eines anderen übergehen würden. Ich hatte gehofft, mir bis dahin die Gunst des Maer verdient zu haben, so dass ich ihn um das Geld zur Auslösung von Laute und Kasten bitten konnte. Er sollte in meiner Schuld stehen, nicht umgekehrt. Denn wenn man einem Adligen erst etwas schuldet, ist es bekanntlich schwer, diese Schuld wieder zu tilgen.
    Doch wenn Alverons Schweigen etwas bedeutete, dann dass ich offenbar nicht mehr in seiner Gunst stand. Ich zermarterte mir unablässig den Kopf, ob ich ihn wohl bei unserem letzten Gespräch durch eine Bemerkung gekränkt hatte.
    Eben hatte ich eine Karte aus der Schublade genommen und überlegte, wie ich ihn höflich um Geld bitten konnte, da klopfte es |559| an der Tür. In der Annahme, ein Diener würde mein Mittagessen an diesem Tag schon früher bringen, rief ich, er solle es auf den Tisch stellen.
    Doch auf meine Worte hin geschah nichts. Verwirrt hob ich den Kopf, ging zur Tür und sah zu meinem Schrecken den Kammerdiener des Maer, Stapes, davor stehen. Bisher hatte immer ein Laufbursche die Einladungen Alverons überbracht.
    »Der Maer wünscht Euch zu sehen«, sagte Stapes. Er machte einen erschöpften Eindruck. Seine Augen blickten müde, als habe er zu wenig geschlafen.
    »Im Garten?«
    »In seinen Gemächern. Ich bringe Euch hin.«
    Wenn man dem Klatsch

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