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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Arm zitterte vor Anstrengung. »Zeige Caudicus diesen Ring, und er wird wissen, dass ich dich schicke.«
    Ich nahm den Ring rasch an mich. »Weiß er von Euren Hochzeitsplänen?«
    »Nein!« Alveron schlug die Augen wieder auf. »Du darfst zu niemandem davon sprechen! Denk dir einen anderen Grund für deine Fragen aus. Dass du meine Arznei holen sollst.«
    Er sank zurück und schloss die Augen. Auf dem Weg zur Tür hörte ich ihn noch leise murmeln: »Manchmal tun sie es unwissentlich … manchmal unfreiwillig … trotzdem … alle Macht …«
    »Jawohl, Euer Gnaden«, sagte ich, doch noch bevor ich das Zimmer verließ, war er in einen unruhigen Schlummer gefallen.

|564| Kapitel 59
Die List
    D raußen überlegte ich, ob ich einen Boten mit Karte und Ring zu Caudicus vorausschicken sollte. Doch ich entschied mich dagegen. Der Maer schickte mich persönlich, und das rechtfertigte gewiss einen kleinen Verstoß gegen die Etikette.
    Aus Gesprächen anderer Höflinge wusste ich, dass Alverons Arkanist dem Hof bereits seit über einem Dutzend Jahre angehörte. Davon abgesehen wusste ich nur, dass er in einem der südlichen Türme der Burg wohnte. Ihn selbst kannte ich nicht.
    Ich klopfte an eine Tür aus dicken Balken.
    »Augenblick«, hörte ich eine Stimme gedämpft rufen. Ein Riegel wurde zurückgeschoben, und die Tür ging auf. Vor mir stand ein magerer Mann mit Hakennase und schwarzen Locken. Er trug ein langes, schwarzes Gewand, das mich vage an den Talar eines Meisters erinnerte. »Ja?«
    »Ich wollte fragen, ob Ihr wohl etwas Zeit für mich hättet, Herr«, sagte ich. Meine Nervosität war nur zur Hälfte gespielt.
    Er musterte mich und meine feinen Kleider. »Mit Liebestränken kann ich nicht dienen. Die findet Ihr in der Unterstadt.« Die schwere Tür begann sich langsam wieder zu schließen. »Obwohl Ihr mit einigen Tanzschritten und Rosen besser beraten wärt, wenn Ihr mich fragt.«
    »Ich komme wegen etwas anderem«, erwiderte ich hastig. »Genau genommen in zwei Angelegenheiten: einmal im Auftrag des Maer und dann in eigener Sache.« Ich hob die Hand und zeigte ihm den Ring auf meinem Handteller. Alverons Name glänzte golden.
    Die Tür blieb stehen. »Dann kommt besser herein«, sagte Caudicus.
    |565| Das Zimmer sah aus wie eine kleine, in einem einzigen Raum untergebrachte Universität. Der vertraute rote Schein einiger Sympathielampen fiel auf Bücherregale und Tische, auf denen seltsam verdrehte Glasbehälter standen. Weiter hinten, halb im Schatten der runden Turmwand verborgen, meinte ich einen kleinen Ofen zu erkennen.
    »Gütiger Gott!«, rief ich und hielt mir eine Hand vor den Mund. »Ist das ein Drache?« Ich zeigte auf ein riesiges Krokodil, das an einem Deckenbalken hing.
    Ihr müsst wissen, dass manche Arkanisten ihr Territorium eifersüchtiger bewachen als Haie, vor allem wenn sie wie Caudicus eine einträgliche Anstellung bei Hof innehatten. Da ich nicht wusste, wie Caudicus auf einen jungen, noch in Ausbildung befindlichen Arkanisten reagieren würde, der in sein Territorium eindringt, hatte ich beschlossen, sicherheitshalber den nicht allzu hellen und daher keineswegs bedrohlichen Junker zu spielen.
    Caudicus schloss die Tür hinter mir und kicherte. »Nein, das ist ein Alligator. Vollkommen harmlos, wie ich Euch versichern kann.«
    »Ich habe mich ein wenig erschrocken«, sagte ich. »Wozu ist er gut?«
    »Wirklich?« Er blickte zur Decke empor. »Das weiß ich gar nicht genau. Er gehörte dem Arkanisten, der vor mir hier gewohnt hat, und ich wollte ihn nicht fortgeben. Ein eindrucksvolles Exemplar, nicht wahr?«
    Ich blickte ebenfalls nervös zur Decke hinauf. »Gewiss.«
    »In welcher Angelegenheit kommt Ihr also?« Caudicus zeigte auf einen großen Polstersessel und nahm mir gegenüber in einem ähnlichen Sessel Platz. »Ich habe leider schon in wenigen Minuten eine anderweitige Verabredung. Bis dahin gehört meine Zeit Euch …« Er verstummte und sah mich fragend an.
    Er schien zu wissen, wer ich war: der geheimnisvolle junge Mann, mit dem der Maer Gespräche führte. Vermutlich war er am Grund meines Hierseins genauso interessiert wie alle anderen.
    »Kvothe«, sagte ich. »Zum einen komme ich wegen der Arznei des Maer.« Zwischen Caudicus’ Augenbrauen erschien eine ärgerliche Falte, und damit er nichts Falsches dachte, beeilte ich mich hinzuzufügen: |566| »Ich habe eben mit ihm gesprochen.« Ich machte eine kurze Pause, als sei ich darauf über alle Maßen stolz. »Und er

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