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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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des Maer eine Flasche Schnaps kaufen. Ich lehnte ab. Er hielt Nachtwachen für überflüssig und eine Stolperschnur für vollkommen ausreichend. Ich widersprach.
    Jede kleine Auseinandersetzung, die ich gewann, steigerte seinen Groll auf mich. Sein zunächst noch verhaltenes Murren wurde immer lauter. Zwar ließ er es nicht auf eine offene Auseinandersetzung ankommen, dafür sparte er nicht an abfälligen Bemerkungen.
    Aus meinem Verhältnis zu Tempi dagegen entwickelte sich allmählich so etwas wie Freundschaft. Tempis Aturisch machte gute Fortschritte, mein Ademisch verbesserte sich immerhin von »unverständlich« zu »undeutlich«.
    Wenn Tempi seinen Tanz aufführte, ahmte ich ihn weiterhin nach, und er ignorierte mich weiterhin. Nach einigen Tagen glaubte ich in der Bewegungsfolge eine kriegerische Bedeutung zu erkennen. Eine langsame Armbewegung erinnerte mich an einen Faustschlag, das unendlich langsame Heben des Fußes an einen Tritt. Meine Arme und Beine zitterten nicht mehr vor Anstrengung, wenn ich sie im Gleichtakt mit Tempi bewegte, aber meine Schwerfälligkeit ärgerte |783| mich. Es gibt für mich nichts Schlimmeres, als etwas schlecht zu können.
    Eine von Tempis Übung sah zum Beispiel kinderleicht aus. Er drehte sich, ließ die Arme kreisen und ging einen kleinen Schritt. Sobald ich es ihm allerdings nachtun wollte, stolperte ich unweigerlich. Ich hatte bereits ein halbes Dutzend verschiedene Fußstellungen ausprobiert, aber keine half.
    Doch einen Tag nachdem ich die »Geschichte von der losen Schraube« erzählt hatte, wie Dedan sie später nannte, nahm Tempi meine Anwesenheit auf einmal zur Kenntnis. Als ich wieder stolperte, blieb er stehen und sah mich an. Mit einem Fingerschnippen drückte er sein Missfallen aus. »Geh wieder zurück«, sagte er und nahm ebenfalls die Haltung ein, die meinem Stolpern vorausgegangen war.
    Ich gehorchte und versuchte anschließend alles genau so zu machen wie er. Wieder verlor ich das Gleichgewicht und musste rasch einen weiteren Schritt vortreten, um nicht zu stürzen. »Meine Füße sind dumm«, murmelte ich auf Ademisch und krümmte zum Zeichen meiner Verlegenheit die Finger der linken Hand.
    »Nein.« Tempi fasste mich mit den Händen an den Hüften und drehte mich. Dann drückte er meine Schultern zurück und gab mir einen Klaps auf das Knie. Ich sollte es beugen. »So.«
    Ich führte den Schritt nach vorn erneut aus und spürte den Unterschied. Zwar schwankte ich, aber nicht mehr so stark.
    »Nein«, sagte Tempi. »Sieh mir zu.« Er klopfte sich auf die Schulter. »Hier.« Nur einen Schritt von mir entfernt wiederholte er dieselben Bewegungen. Er drehte sich, beschrieb mit den Händen einen seitlichen Kreis und stieß mit der Schulter gegen meine Brust, als wollte er eine Tür aufdrücken.
    Obwohl die Bewegung weder schnell noch heftig war, schob er mich mit der Schulter mühelos zur Seite. Die Bewegung hatte eine unwiderstehliche Kraft, als würde man auf einer belebten Straße von einem Pferd gestoßen.
    Ich machte einen erneuten Versuch und konzentrierte mich auf die Schulter. Diesmal verlor ich das Gleichgewicht nicht.
    Da wir die Einzigen im Lager waren, lächelte ich nicht, sondern |784| bezeigte ihm meine Freude durch eine Handbewegung. »Danke.« Ich machte das Zeichen für
Untertreibung
.
    Tempi schwieg. Sein Gesicht zeigte keine Regung, die Hände hingen bewegungslos an ihm hinunter. Er kehrte zu der Stelle zurück, an der er gestanden hatte, und begann wieder von Anfang an zu tanzen. Sein Gesicht hatte er abgewendet.
    Ich betrachtete die Unterweisung als großes Kompliment, ließ es mir aber nicht anmerken. Hätte ich mehr über die Adem gewusst, ich hätte begriffen, dass sie noch viel mehr bedeutete.

    Marten wartete hinter einer Anhöhe auf Tempi und mich. Da es zum Mittagessen noch zu früh war, hoffte ich schon, er könnte nach langen Tagen des Suchens endlich auf eine Spur der Banditen gestoßen sein.
    »Ich wollte euch das hier zeigen«, sagte Marten und deutete auf eine ausladende, farnähnliche Pflanze ein Dutzend Schritte von uns entfernt. »Eine Rarität. Es ist schon Jahre her, dass ich eine gesehen habe.«
    »Was ist das?«
    »Ein so genanntes An-Blatt.« Marten betrachtete die Pflanze stolz. »Achtet in Zukunft darauf. Nur wenige kennen es. Es könnte uns Hinweise auf die Anwesenheit von Menschen geben.« Er sah abwartend zwischen uns hin und her.
    »Inwiefern?«, fragte ich pflichtschuldig.
    Marten lächelte. »Das Interessante am

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