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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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verfolgen können, statt mich mit Decksleuchten abzuplagen. Ich hätte mir maßgeschneiderte Kleidung leisten können. Frisches Obst. Ich hätte meine Sachen in die Wäscherei geben können, statt mich selbst damit abzumühen.
    Ich atmete zögernd ein. »Ich –«
    »Vierzig Talente«, sagte Devi gierig. »Und Gildenkonditionen. Und ich geh mit dir ins Bett.«
    Für vierzig Talente hätte ich Denna eine eigene kleine Harfe kaufen können. Ich hätte …
    Ich hob den Blick. Devi starrte mich über den Tisch hinweg an. Ihre Lippen waren feucht, ihre hellblauen Augen blickten gespannt. Sie bewegte ganz langsam die Schultern hin und her, wie eine sprungbereite Katze.
    Ich dachte an Auri, sicher und glücklich in ihrem Unterding. Was würde sie tun, wenn eine Fremde in ihr kleines Königreich eindrang?
    |151| »Es tut mir leid«, sagte ich. »Aber das geht nicht. Da reinzukommen ist … schwierig. Daran ist auch noch eine Freundin beteiligt, und ich glaube nicht, dass sie damit einverstanden wäre.« Den anderen Teil ihres Angebots beschloss ich zu ignorieren, da ich nicht die leiseste Ahnung hatte, was ich dazu sagen sollte.
    Es folgte ein langer Moment der Anspannung. »Verdammt«, sagte Devi schließlich. »Das hört sich an, als würdest du die Wahrheit sagen.«
    »Ja, so ist es«, sagte ich. »Tut mir leid.«
    »Verdammt.« Sie sah mich finster an und schob mir nun doch das Fläschchen und die Nadel über den Tisch.
    Ich piekste mir mit der Nadel in den Handrücken und sah zu, wie das Blut hervorquoll, an meiner Hand hinabrann und in das Fläschchen tropfte. Nach drei Tropfen stellte ich die Nadel in das Fläschchen.
    Devi benetzte den Stöpsel mit Klebstoff und drückte ihn wütend drauf. Dann nahm sie einen Griffel mit Diamantnadel zur Hand. »Vertraust du mir?«, fragte sie und ritzte eine Nummer in das Glas. »Oder willst du, dass es versiegelt wird?«
    »Ich vertraue dir«, sagte ich. »Und ich will, dass es versiegelt wird.«
    Sie ließ etwas Siegelwachs schmelzen und auf den Verschluss des Fläschchens rinnen. Ich drückte mein Abzeichen aus dem EOLIAN hinein und hinterließ einen gut sichtbaren Abdruck.
    Dann holte Devi aus einer anderen Schreibtischschublade sechs Talente hervor und ließ sie auf den Tisch klimpern. Die Bewegung hätte einfach nur gespielt trotzig wirken können, hätten ihre Augen nicht so wütend geblickt.
    »Ich komme da rein, so oder so«, sagte sie, und ihre Stimme klang kalt. »Sprich mal mit deiner Freundin. Wenn du mir hilfst, da reinzukommen, soll es dein Schade nicht sein.«

|152| Kapitel 11
Refugium
    I ch kehrte guter Laune zur Universität zurück, trotz der Bürde meiner neuen Schulden. Ich machte ein paar Einkäufe, schnappte mir meine Laute und stieg auf die Dächer hinauf.
    Im Innern glich das Hauptgebäude einem Labyrinth aus absurd verschlungenen Fluren und nirgendwo hinführenden Treppen. Sich über die zusammengestückelten Dächer zu bewegen war jedoch kinderleicht. Ich ging zu dem kleinen Hof, den man im Laufe der Erweiterungen irgendwann von jedem Zugang abgeschlossen hatte und der daher nun eine gewisse Ähnlichkeit mit einer in Bernstein eingeschlossenen Fliege besaß.
    Auri erwartete mich nicht, aber dies war der Ort, an dem ich ihr zum ersten Mal begegnet war, und in klaren Nächten kam sie manchmal hier herauf, um den Sternenhimmel zu betrachten. Ich sah nach, dass in den Seminarräumen, deren Fenster auf den Hof gingen, kein Licht mehr brannte und sich dort auch niemand mehr aufhielt, und dann packte ich meine Laute aus und begann sie zu stimmen.
    Ich hatte schon fast eine Stunde lang gespielt, als ich drunten in dem zugewucherten Hof etwas rascheln hörte. Dann tauchte Auri auf, erklomm in Windeseile den Apfelbaum und stieg zu mir aufs Dach.
    Sie kam herbeigelaufen. »Ich habe dich gehört!«, sagte sie. »Bis in die Hopse hab ich dich gehört!«
    »Mir war so«, sagte ich, »als wollte ich heute für irgendjemanden Musik spielen.«
    »Für mich!« Sie drückte sich beide Hände vor die Brust und lächelte. Dabei hüpfte sie tänzelnd vor Ungeduld von einem Fuß auf |153| den anderen. »Spiel für mich! Ich war so geduldig wie zwei Steine zusammen. Du kommst gerade recht. So geduldig wie drei Steine – das hätte ich nicht geschafft.«
    »Na ja«, sagte ich zögernd. »Ich denke mal, es hängt davon ab, was du mir mitgebracht hast.«
    Sie lachte und stellte sich auf die Fußballen, die Hände immer noch vor dem Herzen. »Was hast
du
mir denn

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