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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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im Arbeitszimmer von Shehyn.
    »Wie geht es deiner Hand?«, fragte sie.
    »Gut«, antwortete ich. »Der Schnitt geht nicht tief. Daeln macht die kleinsten Stiche, die ich je gesehen habe. Er ist wirklich erstaunlich.«
    Shehyn nickte.
Zustimmung.
    Ich hob meine linke Hand, die in eine saubere weiße Binde eingewickelt war. »Das Schwierigste wird sein, die Hand vier Tage lang ruhen zu lassen. Mir ist schon jetzt, als hätte ich mich in die Zunge geschnitten und nicht in die Hand.«
    Zu meinem Erstaunen lächelte Shehyn ein wenig. Ein solches Lächeln war ein großes Kompliment. »Du hast dich heute sehr gut geschlagen. Alle sprechen über dich.«
    »Die wenigen, die dabei waren, haben wahrscheinlich Besseres zu tun«, wehrte ich bescheiden ab.
    Belustigung
und
Skepsis.
»Mag sein, aber die anderen, die dich aus Verstecken beobachtet haben, werden ganz bestimmt weitersagen, was sie gesehen haben. Ich müsste mich schon sehr irren, wenn Celean es nicht schon hundert Kindern erzählt hätte. Morgen werden alle erwarten, dass der Boden unter deinen Schritten erzittert, als seist du Aethe persönlich und zu einem Besuch bei uns zurückgekehrt.«
    Darauf fiel mir keine Antwort ein, deshalb schwieg ich. Ich tue das selten, aber wie gesagt, ich war lernfähig.
    »Ich wollte noch über etwas mit dir sprechen«, fuhr Shehyn fort.
Verhaltene Neugier.
»Tempi erzählte mir nach eurer Ankunft ausführlich von euren gemeinsamen Erlebnissen und eurer Suche nach den Banditen.«
    Ich nickte.
    »Stimmt es, dass du einige von ihnen mit Hilfe von Blutmagie vernichtet hast und die Übrigen dann durch einen Blitz?«
    Vashet hob den Blick und sah zwischen uns hin und her. Ich war es so gewohnt, mit ihr Aturisch zu sprechen, dass es ganz merkwürdig war, jetzt ihr für die Adem typisches ausdrucksloses Gesicht zu sehen. Trotzdem spürte ich, dass sie überrascht war. Sie hatte nichts davon gewusst.
    Ich überlegte, ob ich das, was ich getan hatte, ausführlicher erklären sollte, entschied mich aber dagegen. »Ja.«
    »Dann bist du mächtig.«
    Daran hatte ich bisher noch nicht gedacht. »In gewisser Weise ja. Aber andere sind mächtiger.«
    »Willst du deshalb den Ketan lernen? Um noch mächtiger zu werden?«
    »Nein, ich beschäftige mich aus Neugier damit. Ich will Dinge wissen.«
    »Wissen ist eine Art Macht«, gab Shehyn zu bedenken. Dann wechselte sie offenbar das Thema. »Tempi sagte, der Anführer der Banditen sei ein Rhinta gewesen.«
    »Ein Rhinta?«, fragte ich ehrerbietig.
    »Ein schlimmes Übel. Ein Mensch, der mehr ist als ein Mensch und doch weniger.«
    »Ein Dämon?« Ich verwendete ohne nachzudenken das aturische Wort.
    »Nein, kein Dämon«, antwortete Shehyn in fließendem Aturisch. »Es gibt keine Dämonen. Eure Priester erzählen nur Geschichten über sie, um euch Angst zu machen.« Sie erwiderte meinen Blick kurz und machte eine anmutige Geste.
Aufrichtiges Bedauern
und
Ernst.
»Aber es gibt auf der Welt schlimme Übel, die alt sind und Menschengestalt haben. Und einige davon sind besonders schlimm. Sie ziehen ungehindert durch die Welt und richten schreckliche Dinge an.«
    Hoffnung stieg in mir auf. »Ich habe gehört, dass man sie auch Chandrian nennt«, sagte ich.
    Shehyn nickte. »Das weiß ich. Doch Rhinta ist ein besseres Wort.« Sie sah mich lange an und fuhr dann auf Ademisch fort: »Aus dem, was Tempi mir über dich erzählt hat, schließe ich, dass du schon einmal einem begegnet bist.«
    »Ja.«
    »Wirst du noch einmal einem begegnen?«
    »Ja.« Die Gewissheit in meiner Stimme überraschte mich selber.
    »Absichtlich?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Um ihn zu töten.«
    »Es ist nicht leicht, solche Wesen zu töten.«
    Ich nickte.
    »Wirst du dazu einsetzen, was du von Tempi gelernt hast?«
    »Ich werde alles einsetzen, was mir zur Verfügung steht.« Ich wollte unwillkürlich die Bewegung für
absolut alles
machen, doch der Verband an meiner Hand verhinderte es. Stirnrunzelnd blickte ich auf ihn hinunter.
    »Gut«, sagte Shehyn, »denn dein Ketan wird dazu nicht ausreichen. Er ist für jemanden in deinem Alter nicht sehr gut. Für einen Barbaren mit so wenig Übung wie du ist er zwar gut, aber insgesamt trotzdem schlecht.«
    Ich bemühte mich nach Kräften, nicht ungeduldig zu klingen, und wünschte mir, ich könnte mit meiner Hand unterstreichen, wie wichtig mir die Frage war. »Es liegt mir sehr viel daran, mehr über diese Rhinta zu erfahren, Shehyn.«
    Shehyn schwieg lange. »Ich denke darüber nach«, sagte

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