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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Quartier, wobei ich mich auf dem Weg dorthin recht unhöflich an einigen Höflingen vorbeidrängeln musste. Ich hatte eben erst meinen Reisesack abgestellt und einige Laufburschen nach warmem Wasser ausgeschickt, da stand auch schon Stapes in der Tür.
    »Der junge Herr Kvothe!«, rief er strahlend und schüttelte heftig meine Hand. »Was für eine Freude, dass Ihr wieder hier seid. Du lieber Himmel, habe ich mir Sorgen gemacht.«
    Seine Begeisterung entlockte mir ein erschöpftes Lächeln. »Auch ich freue mich, dass ich wieder da bin, Stapes. Habe ich viel verpasst?«
    »Viel?« Er lachte. »Zum Beispiel die Hochzeit.«
    »Hochzeit?«, fragte ich, kannte die Antwort aber schon, sobald ich es gesagt hatte. »Des Maer?«
    Stapes nickte aufgeregt. »Ein großartiges Fest. Zu schade, dass ausgerechnet Ihr nicht dabei sein konntet.« Er sah mich wissend an, wurde aber nicht ausführlicher, denn er war immer sehr diskret.
    »Die beiden hatten es wohl ziemlich eilig.«
    »Die Verlobung war vor zwei Monaten«, sagte Stapes. In seiner Stimme schwang ein Anflug von Tadel. »Die Mindestfrist wurde eingehalten.« Seine Anspannung legte sich wieder und er zwinkerte. »Aber die beiden konnten es kaum erwarten.«
    Ich lachte leise. Im selben Augenblick traten die Dienstboten mit dampfenden Eimern durch die offene Tür. Das Rauschen des Wassers, mit dem sie die Wanne füllten, klang in meinen Ohren wie die lieblichste Musik.
    Der Kammerdiener wartete, bis sie wieder gegangen waren, dann beugte er sich zu mir und sagte leise: »Ihr werdet Euch freuen zu hören, dass auch unsere andere ungeklärte Angelegenheit inzwischen auf angemessene Weise erledigt worden ist.«
    Ich sah ihn verständnislos an und überlegte, auf was er damit anspielte. Seit meiner Abreise war so vieles passiert.
    Stapes merkte es. »Caudicus«, sagte er mit einer abschätzigen Grimasse. »Dagon kehrte nur zwei Tage nach Eurer Abreise mit ihm zurück. Er hatte sich keine zehn Meilen nördlich der Stadt versteckt.«
    »So nahe?«, rief ich überrascht.
    Stapes nickte düster. »Er hatte sich in einem Bauernhaus verkrochen wie ein Dachs in seinem Bau. Er tötete dabei vier Leibwächter des Maer, und es kostete Dagon ein Auge. Man konnte ihn nur fassen, indem man das ganze Haus anzündete.«
    »Und dann?«, fragte ich. »Er bekam bestimmt keinen Prozess.«
    »Die Angelegenheit wurde erledigt«, wiederholte Stapes. »Auf angemessene Weise.« Das Letzte sagte er in einem sehr bestimmten, endgültigen Ton. Aus seinen sonst so freundlichen Augen sprühte Hass. In diesem Augenblick sah der rundgesichtige, kleine Mann überhaupt nicht mehr wie ein Krämer aus.
    Ich hörte Alveron wieder seelenruhig sagen: »Schneidet ihm die Daumen ab.« So wie ich seinen raschen, heftigen Zorn kannte, bezweifelte ich, dass ich Caudicus je wieder sehen würde.
    »Konnte der Maer ein Motiv entdecken?« Den Rest ließ ich ungesagt, obwohl ich leise sprach. Ich wusste, dass Stapes es nicht billigen würde, wenn ich offen von Vergiftung sprach.
    »Es steht mir nicht an, das zu sagen«, antwortete Stapes vorsichtig. Er klang ein wenig gekränkt, als hätte ich wissen müssen, dass ich ihm eine solche Frage nicht stellen durfte.
    Ich ließ das Thema fallen, da ich wusste, dass ich aus Stapes nichts weiter herausbekommen würde. »Ihr würdet mir einen Gefallen tun, wenn Ihr dem Maer etwas bringen könntet«, sagte ich und ging zu meinem abgenutzten Reisesack. Ich durchwühlte ihn, bis ich fast ganz unten die Kassette des Maer fand.
    Ich hielt sie Stapes hin. »Ich weiß nicht, was darin ist«, sagte ich. »Aber sie trägt sein Wappen auf dem Deckel. Und sie ist schwer. Womöglich enthält sie einen Teil der gestohlenen Steuergelder, ich hoffe es zumindest.« Ich lachte. »Sagt ihm, es sei ein Hochzeitsgeschenk.«
    Stapes nahm die Kassette lächelnd. »Er wird sich gewiss sehr darüber freuen.«
    Drei weitere Diener erschienen, aber nur zwei davon eilten mit dampfenden Eimern an mir vorbei. Der dritte trat zu Stapes und überreichte ihm eine Nachricht. Aus dem anderen Zimmer hörte ich wieder das Wasser rauschen. Dann gingen die drei Diener, nicht ohne mir zuvor verstohlene Blicke zugeworfen zu haben.
    Stapes überflog die Nachricht und hob den Kopf. »Der Maer hofft auf Euren Besuch zur fünften Stunde im Garten«, sagte er.
    »Garten« bedeutete höfliche Unterhaltung. Hätte der Maer etwas Ernstes besprechen wollen, hätte er mich in seine Gemächer bestellt oder mich durch den Geheimgang,

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