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Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
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auf den Boden prall ten. Sadima
versuchte, sich zu befreien, um endlich an die Zügel zu gelangen, doch Franklin
hielt sie fest.
    »Lass mich«, schrie sie ihm ins Ohr. »Lass
mich los, oder er wird uns alle umbringen.«
    Franklin lockerte seinen Griff, und
schließlich gelang es ihr, schwankend aufzustehen. Aber als Somiss die nächste
Kurve nahm, wurde sie wieder zur Seite geworfen. Auf der folgenden geraden
Strecke kroch Sadima zur Rückseite der Kutscherbank und griff hinüber, bekam
aber nur leere Luft zu fassen, obwohl sie Somiss anschrie, dass sie wisse, wie
man mit den Pferden umzugehen habe. Doch er stieß sie weg. Wieder kippte die Kut sche, als ein Rad in einen Graben geriet, und
erneut wur de Sadima zur Seite geworfen und musste sich ein weiteres Mal
auf die Beine kämpfen. Sie schaute nach vorne und fühlte die Panik der Pferde
angesichts des Qualms und der Peitsche, mit der Somiss sie gnadenlos antrieb.
Aber als Sadima die Straße erkannte, auf der sie entlangrasten, setzte sie sich
hin. Jeden Moment würden sie eine breite, gerade Hauptstraße erreichen, auf der
die Pferde bleiben konnten.
    Doch an der letzten
Ecke, an der es auf die Hauptstra ße ging, die quer durch das North End führte, zögerte Somiss zu
lange, bevor er mit seinem ganzen Gewicht am inneren Zügel riss. Sadima spürte,
wie sich die Kutsche wieder zur Seite neigte. Dieses Mal hob sie sich so weit
nach rechts, dass sie vollends aus dem Gleichgewicht geriet. Sadima schrie
Franklin an, doch es war zu spät, etwas anderes zu tun, als sich festzuklammern.

64
     
    ICH FIEL DURCH DIE NÄCHSTE REZITATIONS PRÜFUNG – WEGEN FÜNF WORTEN. NUR FÜNF. GERRARD BESTAND mit dem zweiten Lied. Kein anderer kam
auch nur in die Nähe unserer Ergebnisse. Aber Somiss hatte eine Überraschung
für uns. »Ihr verschwendet meine Zeit«, krächzte er. »Lernt drei Tage lang mit
leeren Bäuchen. Dann könnt ihr es alle noch einmal versuchen.«
    Drei Tage. Ich hörte, wie Will einen
gequälten Laut ausstieß. Niemand sagte ein Wort. Niemand fluchte oder begehrte
auf. Und dann war Somiss fort.
    Gerrard würde es natürlich schaffen, doch
der Rest von uns … Zuerst begann ich die Tage zu zählen, aber dann ließ ich es
sein. Einen Unterschied würde es nicht machen. Wie viel Zeit auch bislang vergangen
sein mochte, jetzt würden es eben noch drei Tage mehr sein.
    Wir alle erhoben uns,
und als wir gingen, stolperte Luke, fing sich aber, ehe er hinfiel. Levin und
Jordan gingen hinter ihm. Zu sehen, wie Will allein
hinausschlurfte, ließ mich eine Müdigkeit empfinden, die ich nicht beschreiben
konnte. Anschließend ging ich zum Speisesaal und ver suchte, eine
einfache Suppe zu erschaffen. Natürlich wusste ich, dass es mir nicht gelingen
würde, aber ich musste es probieren. Als ich
den Stein berührte, passier te, wie erwartet,
nichts. Levin tauchte auf, versuchte es und verschwand wieder, während ich in
der Ecke stand und zusah. Dabei wiegte ich mich in einem Rhythmus vor
und zurück, der meine Angst immerhin ein wenig zu beruhigen schien, wenn auch
nur ein kleines bisschen.
    Immer wieder musste ich an Will denken. In
seinem Zimmer gab es niemanden, der ihn ermutigen konnte, nicht einmal, um hin
und wieder die Stille zu unterbrechen. Er würde drei Tage lang ganz allein
sein, ohne dass ihm wenigstens der Unterricht etwas Abwechslung verschafft
hätte. In seinem Raum gab es nur ihn, die Stille und seine Gedanken. Würden es
überhaupt drei Tage sein? Oder vielleicht drei Stunden? Zehn Tage? Keiner von
uns wusste mehr, als dass die Zauberer diese Aufgaben bereits viele Male zuvor
gestellt hatten. Für sie war es zur Gewohnheit geworden, Jungen beim Sterben
zuzusehen. Das Gefühl des Hasses auf sie war so übermächtig, so allumfassend,
dass es mich erschreckte.
    Als ich in unseren Raum zurückging,
versuchte ich mir einzureden, dass ich es schaffen könnte. Wie lange hatte ich
es bereits zuvor ausgehalten, ohne zu essen? Ich hatte Gewicht verloren, aber
nicht annähernd so viel wie Tally und die anderen. Und wahrscheinlich würde ich
die Prüfung beim nächsten Mal bestehen. Doch was, wenn nicht?
    Ich öffnete die Tür und ging hinein. Das
Zimmer roch nach Seife und Fisch. Langsam fühlte ich mich bei diesem Geruch
fast wie zu Hause. Das Gesicht zur Wand gerichtet, saß Gerrard da, wie immer im
Schneidersitz. Er las in dem Geschichtsbuch. Zuerst setzte auch ich mich auf
mein Bett, legte mich dann aber mit dem Gesicht zur
Wand hin, damit Gerrard mich nicht

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