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Die Gabe der Magie

Die Gabe der Magie

Titel: Die Gabe der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Duey
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hinein,
putzte die Küche und wischte die Böden. Als sie fertig war, fand sie sich
irgendwann auf dem Flur wieder, wo sie die Tür zu Somiss’ Zimmer anstarrte.
    Sie streckte die Hand aus und berührte die
Türklinke, schloss die Finger darum und verharrte reglos, während sie sich fragte,
ob es für ihn eine Möglichkeit gäbe, es herauszufinden, wenn sie die Tür
geöffnet hätte. Sie hob die Hand, zog sie wieder zurück, dann hob sie sie
wieder. Wenn er es tatsächlich wissen würde, würde er sie sicherlich
fortschicken. Sie seufzte und überlegte, ob das nicht ohnehin das Beste wäre.
Aber dann stellte sie sich vor, Franklin nie wiederzusehen, und trat einen
Schritt zurück.
    Das Klopfen an der Vordertür war zaghaft
und leise, und Sadima fuhr mit einem Keuchen zusammen. Ihre Hände bebten, als
sie ihr Kleid glättete und versuchte, ihr Herz zu beruhigen. Dann ging sie ins
Wohnzimmer und tadelte sich selbst. Somiss würde doch nicht klopfen. Und
er konnte nicht durch Wände blicken.
    Sadima öffnete die Tür. Eine beleibte Frau
mit rundem Gesicht blinzelte sie an und räusperte sich.
    »Ich soll mich hier bei Somiss melden«,
sagte sie steif.
    Sadima nickte. »Er ist nicht hier. Können
Sie morgen wiederkommen?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Maude kauft
mir Honig ab, und sie sagt, ich solle die alten Lieder vorstellen, wenn Zeit
dafür ist. Mir bleibt nur eine Stunde, nicht mehr.«
    Sadima öffnete die Tür ein Stückchen
weiter. Dann stellte sie sich selbst vor.
    »Hannah«, sagte die alte Frau und drückte
Sadimas Finger so fest, dass es sie schmerzte. »Ich kenne sechs der alten
Lieder. Welches wollen Sie zuerst hören?«
    Sadima machte einen Schritt zur Seite, und
Hannah trat ein. Als sie den Tisch sah, ging sie darauf zu und zog einen Stuhl
zurück, um sich zu setzen.
    »Wir sind beinahe drei Stunden zu Fuß
unterwegs gewesen, um hierherzugelangen«, sagte sie leutselig. »Die Ponys
tragen die Honigfässer, aber wir selber müssen laufen.«
    Sadima nickte. Müde Beine kannte sie nur
zu gut. »Ich werde niemals sechs Lieder in einer Stunde beherrschen, aber ich
möchte so gerne alle lernen. Ich werde Ihnen eine halbe Kupfermünze für jedes
Lied zahlen, wenn Sie wiederkommen, bis wir fertig sind.«
    Hannah richtete sich auf. »Gut. Ich werde
wiederkommen und Ihnen beibringen, was wir heute nicht schaffen«, sagte sie.
»Mit welchem sollen wir anfangen?«
    »Erzählen Sie mir, für welchen Anlass
diese Lieder gedacht sind«, begann Sadima.
    Hannah hob die Hände und zählte an den
Fingern ab, während sie sprach.
    »Ich habe eines bei Bauchschmerzen, eines,
um das Leben zu verlängern, eines für Geburten, eines, um die Saat zum Aufgehen zu bringen, eines für ein lahmes
Po ny und …« Sie stockte und dachte nach, dann hob sie die Brauen.
    »Und eines ist ein Liebeszauber. Meine
Mutter sagt, auf diese Weise habe sie meinen
Vater für sich gewon nen. Irgendwie hätte sie ihn auch dann bekommen,
wenn der Zauber versagt hätte. Hartnäckige Frau, meine Mutter.«
    Sadima lächelte, denn in Hannahs Stimme
schwang warme Zuneigung mit.
    »Und eines davon verlängert das Leben?«
    Hannah nickte. »Meine
Mutter ist vierundsechzig Jah re
alt, und sie singt sich das kurze Lied jeden Morgen selbst vor. Ihre Mutter ist
zweiundachtzig geworden, jedenfalls behauptet sie das, und das ist selten genug.
Und beide sagen, meine Urgroßmutter wurde sogar über neunzig.«
    Sadima verbarg ihre Ungläubigkeit. Niemand
wurde so alt. Aber Frauen schwindelten
gewöhnlich in die ande re Richtung und
machten sich jünger, als sie eigentlich wa ren. »Und wirkt das Lied gegen
Bauchschmerzen?«
    Hannah lachte lauthals auf. »Ich weiß
nicht. Aber immerhin lenkt einen das Liedchen ab. Meine Schwester und ich
hatten leichte Geburten, und unsere Mutter war die ganze Zeit bei uns und hat
für uns gesungen.« Wieder lächelte Hannah.
»Ich mag die Melodien ganz gerne. Al so Bauchschmerzen als Erstes, ja?
Oder was sonst?«
    »Das Lied für ein langes Leben«, entschied
Sadima, und Hannah sang die Melodie.
    Ihre Stimme war rein und so klar wie der
Gesang einer Lerche. Ohne zu fragen, begann sie wieder von vorne. Nachdem sie
die Melodie fünf- oder sechsmal gesungen hatte, fügte sie die Worte hinzu.
    Es war ein langes
Lied – viel länger als das von Rinka –, und Sadima wünschte, sie könne die Worte so aufschreiben, wie Somiss
es tat. Sie zwang sich, sich zu konzentrieren, und schloss die Augen, während
Hannah das Lied immer wieder

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