Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)
mich auf. "Die Eintragungen sind nach Datum geordnet... Schlagen Sie die letzte Eintragung auf... Dort schreibt er, daß er die Beschwörung eines Uksaki durchzuführen gedenke und dafür die nötigen Knochenpräparate in seinen Besitz gebracht habe..."
"Hat er niedergeschrieben, was geschah, kurz bevor Sir Malcolm..."
"Vielleicht hat er das Ritual in alle Einzelheiten aufgezeichnet. Ich vermute es sogar. Tatsache ist aber, daß
die folgenden Absätze nach einem komplizierten System verschlüsselt wurden, das er selbst erfunden hat..." Ich fand endlich die entsprechende Seite. Die Eintragung brach plötzlich ab. Eine seltsame Reihe von Zeichen, Zahlen und Buchstaben folgte, deren Bedeutung mir ein Rätsel waren.
"Er war der Meinung, das von manchen Beschwörungsritualen eine so große Gefahr ausgehe, daß sie auf keinen Fall in unbefugte Hände gelangen dürften...", erläuterte Mrs. Thornhill mir die Vorgehensweise ihres Mannes.
"Hatte er keinen Schlüssel?"
"Der befand sich in seinem Kopf, Miss Vanhelsing. Und nur dort... Aber ich dachte, daß Sie - mit Unterstützung Ihrer begabten Großtante - eventuell mehr darüber herausfinden könnten."
"Wußte Mr. Garrison von diesen Aufzeichnungen?" erkundigte ich mich.
Mrs. Thornhill zuckte die Achseln. "Die beiden haben sehr eng zusammengearbeitet. Um ehrlich zu sein, ich habe mich für Einzelheiten dieser Arbeit bis zum Tode meines Mannes nicht interessiert. Und so kann ich Ihnen auf Ihre Frage auch keine Antwort geben. Ich weiß nicht, wie weit Mr. Garrison eingeweiht war."
Ich nickte.
"Ich werde tun, was ich kann", versprach ich ihr.
"Sie halten es doch auch für möglich, daß mein Mann ein Opfer seiner Liebe zum Übernatürlichen wurde, nicht wahr?"
"Ja", murmelte ich. Und für Sekundenbruchteile stand wieder jenes Bild vor meinem inneren Auge, das ich beim Anblick der eigenartigen Mamorzeichnung gehabt hatte... Ja, ich war mir sogar sicher.
Das fauchende Antlitz eines Tigers sah ich einen Herzschlag lang vor mir.
"Sie sind die einzige, die meine Gedanken ernstnimmt, Miss Vanhelsing. Daher vertraue ich Ihnen. Diese Scotland Yard-Leute sind so stur und ignorant, daß sie dadurch vielleicht den Ruf meines Mannes ruinieren können, aber wohl kaum die wahren Hintergründe seines Todes erhellen werden!"
"Ich fürchte, da haben Sie recht, Mrs. Thornhill", erwiderte ich. "Aber ich muß Sie warnen..."
"So?"
"Sie sollten nicht zu große Hoffnungen in mich setzen!" Sie lächelte matt.
"Machen Sie sich darüber mal keine Sorgen, Miss Vanhelsing!" erwiderte sie dann.
*
"Das Problem, Geheimwissen zu verschlüsseln, damit es Unbefugten nicht in die Hände gerät, ist uralt", erläuterte Tante Lizzy mir, als ich ihr das Notizbuch von Sir Malcolm Thornhill zeigte. "Der berühmte deutsche Okkultist Hermann von Schlichten versuchte um die Jahrhundertwende das für sich persönlich dadurch zu lösen, daß er sein Standardwerk Absonderliche Kulte in mittelalterlichem Latein verfaßte - eine Sprache, die heute nicht gerade gebräuchlich ist. Ein von Schlichten-Schüler, der sich hinter dem Pseudonym K.M.X. verbarg, verfaßte später ein ganzes Handbuch darüber, wie okkulte Beschwörungsformeln am Wirkungsvollsten zu verschlüsseln seien. Es handelt sich um das Kompendium der Geheimzeichen... Ich muß es irgendwo in meiner Sammlung haben..."
Tante Lizzys Blick glitt angestrengt die langen Reihen der Bücher entlang.
"Aber wieso sollte uns ausgerechnet dieser mysteriöse Mr. K.M.X mit seinem Buch dabei weiterhelfen können, zu erraten, was Sir Malcolm Thornhill sich für ein Verschlüsselungssystem erdachte?" fragte ich etwas verständnislos.
Tante Lizzy sah mich an und dabei leuchtete es in ihren Augen. "Du weißt, daß ich niemals etwas wegwerfe..."
"Allerdings!"
"Niemals! Auch die Briefe nicht, die Sir Malcolm vor Jahren geschrieben hat! Wir haben uns in unserem Briefwechsel unter anderem über das Buch von K.M.X. ausgetauscht... Er hielt sehr viel von den Theorien dieses von Schlichten-Schülers, glaubte aber, daß sie in manchen Punkten verbesserungswürdig seien... Ich nehme an, daß Sir Malcolms eigenes
Verschlüsselungssystem von diesen Gedanken beeinflußt wurde..."
"Glaubst du, es gibt eine realistische Chance, die Bedeutung dieser Zeichen zu enträtseln?" fragte ich. Tante Lizzy zuckte die Achseln.
"Ich werde mein bestes versuchen!" versprach sie. "Ich habe übrigens auch einiges an Literatur über die sogenannten Uksaki gefunden. Ich weiß nicht,
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