Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)
Gold oder Rauschgift aufwiegen! In ganz Asien macht man daraus Aphrodisiaka und alle möglichen Wundermittel, die angeblich heilende Wirkung für mehrere Dutzend Krankheiten haben sollen. Und mit jedem erlegten Tiger in Sibirien werden diese Dinge wertvoller..."
"Mein Mann gehörte niemals einer mafiaähnlichen Organisation an!" erklärte Mrs. Thornhill. "Das ist einfach nicht wahr!"
"Unserer Ansicht nach sprechen die Tatsachen eine andere Sprache!"
"Die Präparate, von denen Sie sprechen, benutzte er ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken!"
"Wenn wir Rauschgift hier gefunden hätten, würden Sie wahrscheinlich dasselbe sagen!" erwiderte Barnes gallig.
"Sein Assistent, Mr. Garrison, ist regelmäßig nach Rußland geflogen. Ins Amur-Giebt, um genau zu sein - also dahin, wo die Tiger erlegt werden. Er war vermutlich die treibende Kraft, die den Händlerring organisierte. "
"Haben Sie Mr. Garrison gefunden?" fragte ich.
"Nein. Aber das ist nur eine Frage der Zeit. Er ist nach Rußland geflogen und scheint sich bei seinen
Geschäftsfreunden verkrochen zu haben. Aber wir haben die russischen Behörden bereits um Amtshilfe gebeten..."
"Und wer, denken Sie, hat Sir Malcolm ermordet?"
"Garrison. Über den Grund können wir natürlich nur spekulieren. Vermutlich wollte Sir Malcolm aus diesen verbrecherischen Geschäften aussteigen oder drohte, zu den Behörden zu gehen!"
"Beweise gibt es dafür aber nicht!" Es war eine Feststellung, was da über mein Lippen kam - keine Frage. Ich erntete dafür von Inspektor Barnes ein müdes, leicht verächtliches Lächeln.
"Der Fall ist nicht so mysteriös, wie Sie es vielleicht um Ihrer Story willen gerne gehabt hätten. Miss Vanhelsing!"
"Ach, nein?"
Er griff in seine Jackettinnentasche und holte einige Schwarzweißfotos heraus. Sie zeigten eine präparierte Tigerpranke.
"Diese Aufnahmen stammen aus Norman Garrisons Wohnung", erklärte er. "Wir vermuten allerdings, daß diese Pranke sich ursprünglich hier in der Villa befand. Aber das wird eine genaue Untersuchung von Faserspuren sicher ergeben. Mr. Garrison hat wahrscheinlich Sir Malcolm mit dieser Pranke erschlagen..."
"Gibt es wenigstes Haut-oder Blutspuren, die Ihre Theorie untermauern?"
"Leider ist die Pranke vor kurzem eingehend gereinigt worden, so daß sich nur Seifenrückstände fanden. Aber es gibt andere Anhaltspunkte, die untersucht werden. Der Abstand der Krallen zum Beispiel."
"Und das Mr. Garrison kaum die Kraft gehabt hätte, die laut des gerichtsmedizinischen Gutachtens nötig gewesen wäre, um..."
"Ach, Miss Vanhelsing! Auch die irren sich mal. Im übrigen war Mr. Garrison ein geübter Kampfsportler..."
"...dem doch wohl andere Mittel zur Verfügung gestanden hätten, hätte er Sir Malcolm wirklich umbringen wollen!" erwiderte ich.
Eine leichte Röte überzog Barnes' Gesicht. "Sie finden in jeder Suppe, ein Haar, was? Was jetzt noch wie
Ungereimtheiten aussieht, wird sich sicher in aussagekräftige Indizien verwandeln, sobald wir Garrison erst einmal haben!" Er grinste breit. "Ich hoffe, daß Sie meinen Namen in gebührender Form erwähnen, wenn Sie Ihre Schmierenstory verfassen. Oder ist der Fall für Sie jetzt plötzlich nicht mehr interessant genug?"
*
Barnes wurde dann von einem seiner Leute wegen irgendeiner schrecklich wichtigen Kleinigkeit weggerufen. Ich vermißte ihn nicht sonderlich.
Mrs. Thornhill nahm mich zur Seite.
"Kommen Sie", sagte sie dann. "Ich muß Ihnen etwas zeigen, Miss Vanhelsing!"
Sie führte mich in einen Nebenraum, dessen Wände mit kostbaren Wandteppichen behängt waren.
"Mit diesem Raum ist die Polizei bereits fertig", sagte sie, drehte sich nach allen Seiten um und schloß dann die Tür.
Dann zog sie ein kleines Büchlein unter der dunklen Kostümjacke hervor, die sie im Moment trug. "Hier", murmelte sie, während sie es mir in die Hand drückte, so als handelte es sich um etwas gleichermaßen Wertvolles und Verbotenes...
"Was ist das?" fragte ich.
"Ein Notizbuch meines Mannes, in dem er seine für Außenstehende gewiß etwas eigenartige Experimente protokolliert hat. Ich habe es erst letzte Nacht gefunden. Er versteckte es stets in einem Geheimfach seines Schreibtischs, dessen Mechanismus er auch mir nie verraten hat. Ich brauchte Stunden, um an das Buch zu gelangen." Sie musterte mich einen Augenblick lang. Dann deutete sie auf das Buch in meiner Hand. Es war ledergebunden und etwas größer als meine Handfläche.
"Schlagen Sie auf!" forderte sie
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