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Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)

Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition)

Titel: Die Gabe der Patricia Vanhelsing - 5 Patricia Vanhelsing-Romane (Sonderband) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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    Jägerin der magischen Winde
     
     
    Der See war grau wie Spinnweben. Mit einem leeren, in sich gekehrten Blick stand Helen am Ufer, während der leichte Wind, der über die Hügel strich, ihr durch das Haar wehte. Sie fröstelte.
    Eine leichte Gänsehaut überzog ihre Unterarme. Ihre Lippen flüsterten einen Namen.
    "Jarmila..."
    Immer wieder zog es sie an diesen trostlosen Ort. Die Vegetation schien sich von den umliegenden Hügeln aus irgend einem Grund zurückgezogen zu haben. Es war kaum Gras auf dem steinigen Boden zu sehen. Die knorrigen Bäume wirkten morsch und tot. Wie Ruinen einstigen Lebens. Der Geruch von Moder und Fäulnis stieg aus dem trüben See empor, an dessen Rändern sich eine grauweiße Salzschicht abgelagert hatte. Ein Ort des Todes!
    Ein Ort, von dem sich das Leben zurückgezogen und einer Aura des Verfalls platzgemacht hatte.
    Ein leichtes Donnergrollen ließ Helen zusammenzucken. Aus den Augenwinkel heraus glaubte sie, eine Gestalt zu sehen. Eine Bewegung...
    Sie wirbelte herum und erstarrte.
    Eine junge Frau mit goldblondem, schulterlangem Haar stand auf dem nahen Hügel. Und obwohl der Wind jetzt kräftiger wurde, bewegte sich ihr Haar nicht einen einzigen Millimeter. Die junge Frau kam näher. Helen blickte ihr entgegen, während ihr die Furcht wie eine kalte glitschige Hand den Rücken hinaufkroch.
    "Jarmila...", flüsterte sie.
    Jarmila war schön. So schön wie damals, an jenem Tag, als das Unglück geschehen war.
    Es ist schon so lange her und doch kommt es mir vor, als wäre es erst gestern gewesen.
    Auf Jarmilas Gesicht stand ein teuflisches Lächeln, das einem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte. Ihre Augen leuchteten vor Haß. Ihre Bewegungen waren katzenhaft und geschmeidig und hatten beinahe etwas Tierhaftes an sich. Ihr Lächeln wurde breiter. Zwei Reihen makellos weißer Zähne entblößte sie. Ein Zischen ging über die vollen, aber etwas blassen Lippen. Ihre Züge waren feingeschnitten und von fast überirdischer Schönheit. Aber in diesem Moment schienen sie auf groteske Weise durch den Haß entstellt zu sein. Helen atmete tief durch.
    Wie angewurzelt stand sie da, unfähig auch nur einen einzigen Schritt zu machen.
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
    Das Donnergrollen wurde stärker.
    Helen blickte kurz hinauf in den grauen Himmel. Der Wind riß jetzt heftig an Helens Kleidern und Haaren. Ein wütender Sturm schien wie aus dem Nichts heraus ausgebrochen zu sein. Die wenigen, verkümmert wirkenden Sträucher und Bäume wurden heftig hin und hergebogen. Lediglich Jarmila schien von diesem Sturm völlig unberührt zu sein. Ihr Kleid hing schlaff an ihr herab. Das einzige, was den Stoff ein wenig bewegte, waren die anmutigen, katzenhaften Schritte, mit denen sie sich Helen näherte.
    "Was willst du, Jarmila?" rief Helen. Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht, das der Wind ihr in die Augen geweht hatte.
    Sie schauderte, als sie in die Augen ihres Gegenübers sah. Jarmilas Augen veränderten sich.
    Zunächst waren sie leuchtend blau gewesen, aber nun begann sich Schwärze auszubreiten. Innerhalb eines einzigen Augenblicks waren ihre Augen nichts als dunkle Flecken, die aus purer Finsternis zu bestehen schienen.
    Wieder grollte indessen der Donner, während es in Jarmilas Augen grell aufleuchtete. Blitze zuckten dort. Ein knallender Donner ließ Helen zusammenzucken und bis ins Mark erschrecken.
    Sie machte einen Schritt zurück.
    Das Grauen schüttelte sie.
    Sie öffnete halb den Mund, wollte schreien, aber kein Laut kam über Helens Lippen.
    Der Wind wurde dermaßen stark, daß Helen sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Eine plötzliche Böe riß sie nach hinten. Sie taumelte zu Boden.
    Helen wirbelte am Boden herum und blickte Jarmila entgegen.
    "Nein!" flüsterte sie.
    Jarmila lachte leise.
    Und in der nächsten Sekunde blitzte es grell vom Himmel herab. Ein Strahl so weiß wie Platin zischte nur Zentimeter von Helen entfernt in den Boden hinein, ein weiterer dicht daneben. Der Donner war ohrenbetäubend und glich nicht mehr einem langen, dumpfen Grollen, sondern einem Kanonenschlag, der unmittelbar auf den Blitz folgte. Ein halbes Dutzend solcher Einschläge folgte kurz hintereinander. Sie alle brannten sich dicht neben der am Boden kauernden Helen in den Boden, versengten die letzen Grashalme und zerschmolzen das Erdreich zu etwas Formlosen.
    Ein schwarzer Ring wurde um Helen herum sichtbar. Reglos kauerte sie am

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