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Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Gabe der Zeichnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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denen die Frau gewiss nicht widerstehen kann, und zweitens … «
    Er verfiel in Schweigen.
    Ezra machte ungeduldige Zeichen.
    »… zweitens wird man die Hure ohnehin hängen. Schon deshalb, weil ein baumelndes Gaunerpaar eine größere Volksbelustigung darstellt als ein einsam in der Luft reitender Mann.«
    Vielleicht treiben die Jäger ja noch einen Wolf auf, dachte Ezra. Ihre Augen fragten, ob es für die Mutter des wimmernden Säuglings überhaupt keine Rettung gab.
    »Nur, wenn der König höchstselbst sie begnadigt. Das müsste heute noch geschehen. Doch der, mein Kind, hat beim Fest anderes zu tun, als sich um das Schicksal einer rechtelosen Hure zu kümmern. Und nein, Ezra, als jüdischer Fernhändler werde ich nicht in seine Nähe kommen und auf ihn einwirken können.«
    Ezra tippte an ihre Brust. Und formte mit den Lippen die Worte: Aber ich!
    »Der stumme Architectulus … «, sagte Isaak zweifelnd.
    Ezra schüttelte den Kopf und hob mit einer Hand langsam ein paar Zotteln aus der Stirn.
    Isaak kombinierte schnell. Seine Augen wurden groß.
    »Nur um das noch einmal zu erleben«, sagte er leise, »würde ich mich in sämtliche Kerker der Welt begeben.«
    »Ich komme mit«, meldete sich Dunja. Sie erhob sich und griff nach dem Säugling.
    Der Fernhändler wich erschrocken zurück. Bei aller Kombinationsgabe musste ihm etwas entgangen sein.
    »Ich werde den Mann erkennen, der uns überfallen hat«, stellte die Sklavin die Ordnung wieder her. »Und ich muss das Kind zur Mutter bringen. Wir brauchen deren Milch.«
    Ezra nickte, hastete aus dem Zimmer und eilte zur Nähstube. Gerswind sollte ihr das grüne Kleid aushändigen.
    »Eil dich!«, sagte der Wächter, nachdem sich Isaak vor dem Verschlag neben der Schmiede mit dem Schutzbrief des fränkischen Königs ausgewiesen hatte. »Der Schmied bringt gleich das heiße Eisen. Spätestens dann wird das Vögelchen singen.«
    »Vorher muss es noch sein Junges säugen«, erwiderte Isaak, nickte zu Dunja hin und bedeutete ihr, draußen zu warten, bis er sie hineinrufe.
    Heda und Fredo waren nur ein paar Schritte voneinander entfernt an Pfosten gekettet. Heda erkannte Isaak sofort.
    »Hol den Zauberer!«, heulte sie. »Er soll mir helfen!«
    »Er hat mich gesandt«, erwiderte Isaak ruhig. »Und er wird dir helfen, wenn du mir etwas ins Ohr flüsterst.«
    Recht befriedigt trat Isaak wenig später vor die Tür.
    »Der Mann hat mir soeben das Versteck des Schatzes verraten«, sagte er zu dem Wächter. »Die Frau ist unschuldig, lasst sie frei.«
    »Das steht nicht in meiner Macht«, erwiderte der Mann, wie erwartet. »Aber wenigstens wird ihr Gesicht nicht entstellt sein, wenn morgen die Luft über ihr zusammenschlägt.« Er deutete auf Dunja. Neben ihr stand ein rothaariger Mann, der in der rechten Hand eine Eisenstange mit glühendem Ende hielt und mit der linken sanft das Gesicht des Säuglings in Dunjas Armen streichelte.
    »Alboin!«, rief Isaak verblüfft, während der Wächter dem Mann zurief, sein Dienst werde nicht mehr benötigt.
    Vorsichtig legte Alboin den Eisenstab auf die Erde.
    »Darf ich ihn halten?«, fragte er Dunja. Nur seine Geste verstehend, reichte sie ihm das Bündel. »Er sieht haargenau so aus wie mein Sohn. Er hat den gleichen roten Flaum auf dem Kopf.«
    Alboin trat mit dem Säugling im Arm auf Isaak zu.
    »Schau her, mein Freund«, murmelte er ihm auf Sächsisch zu, »ein solch zartes unschuldiges Wesen haben die Franken in die Flammen geworfen … «
    »Gefällt dir deine Arbeit hier?«, fragte Isaak.
    »Gitter und Türen hast du gesagt«, antwortete Alboin und drückte einen Kuss auf die Stirn des Säuglings. »Aber noch stellen wir nur Nägel und Splinte her, schmieden und richten Werkzeuge. Und bringen Eisenstäbe zum Glühen, mit denen die fränkischen Schergen Menschen blenden und verbrennen.« Er nickte zu dem Verschlag hin und verzog das Gesicht. »Hier werden sogar Frauen gehenkt! Warum steinigt man die Diebin nicht?«
    »Vielleicht bleibt sie ja am Leben«, sagte Isaak. »Sie ist keine Diebin; sie ist unschuldig.« Er setzte hinzu: »Und die Mutter dieses Kindes.«
    Verwirrt blickte Alboin Dunja an.
    »Diese Frau hat das Kind nur hergebracht, damit ihm seine Mutter zu trinken gibt«, klärte er auf.
    »Darf ich ihn ihr reichen?«, fragte Alboin atemlos.
    Isaak winkte den Wächter herbei. »Lass den Schmied zu der Frau«, sagte er ihm. »Er wird ihr Kind bis morgen bei sich behalten und versorgen.« Alboin nickte beglückt. Er sah

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