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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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entdeckt zu werden.«
    Rallicks Augen wurden dunkler. »Entdeckt zu werden?«
    Murillio schien mit seinen Gedanken sehr weit weg zu sein, doch dann riss er sich zusammen und lächelte. »Ach, das ist nur so ein Verdacht, sonst nichts. Er ist schon ein schlüpfriger Kerl, unser Kruppe.«
    Rallick kicherte bei Murillios Worten. Er betrachtete den Teich vor ihnen. »Ja«, stimmte er nach einiger Zeit zu, »er ist wirklich ein schlüpfriger Kerl.« Er stand auf. »Krute wird schließen wollen. Auf dem Ring ist es mittlerweile ruhig.«
    »Stimmt.«
    Die beiden Männer verließen die Terrasse; Methandämpfe wirbelten um ihre Beine. Als sie wieder den gepflasterten Aufgang erreichten, drehte sich Murillio um und warf einen Blick zum Eingang. Er fragte sich, ob er wohl die Gespenster sehen könnte, aber alles, was er unter dem durchhängenden Bogen sah, war eine Mauer aus Dunkelheit. Auf eine merkwürdige Weise fand er das wesentlich beunruhigender als jede Horde verlorener Seelen, die er sich vorstellen konnte.
     
    Durch die breiten Fenster flutete die helle Morgensonne in Baruks Arbeitszimmer, und ein warmer Wind, der die Gerüche und Geräusche der Straße mitbrachte, strich von draußen herein. Der Alchemist saß, noch immer in sein Nachtgewand gehüllt, auf einem hohen Hocker am Kartentisch. Er hielt einen Pinsel in der Hand, den er dann und wann in das reich verzierte, silberne Tintenfass tauchte.
    Mit stark verdünnter roter Tinte übermalte Baruk auf der Landkarte die Gebiete, die das malazanische Imperium mittlerweile besetzt hielt. Die ganze nördliche Hälfte der Karte war rot. Ein schmaler, nicht bemalter Streifen knapp südlich des Schwarzhundwaldes markierte die Position von Caladan Bruths Streitkräften, auf beiden Seiten von zwei kleineren Flecken flankiert, die für die Karmesin-Garde standen. Um diese freien Stellen herum fand sich überall rote Farbe, die auch Fahl überflutet hatte und sich noch weiter erstreckte, um erst an der Nordseite des Tahlyn-Gebirges zu enden.
    Draußen auf den Straßen war es inzwischen ziemlich laut geworden, wie Baruk bemerkte, als er sich über die Karte beugte, um die südliche Grenze der roten Flut einzuzeichnen. Dort draußen wurde anscheinend etwas gebaut, schloss er, denn er hörte Winden quietschen und eine Stimme Passanten anbrüllen. Die Geräusche erstarben. Plötzlich ertönte ein lautes Knack! Baruk sprang auf, sein rechter Unterarm zuckte nach vorn und warf das Tintenfass um. Rote Tinte ergoss sich über die Karte.
    Fluchend setzte Baruk sich wieder hin. Seine Augen weiteten sich, als er sah, dass die rote Farbe jetzt auch Darujhistan bedeckte und im Süden bis zur Catlin-Ebene reichte. Er stieg vom Hocker und griff nach einem Tuch, um sich die Hände abzuwischen; das Geschehen, das man leicht als Omen nehmen konnte, erschütterte ihn heftig. Er ging quer durch das Zimmer zum Fenster, beugte sich hinaus und sah hinunter.
    Direkt unterhalb seines Arbeitszimmers waren ein paar Arbeiter eifrig damit beschäftigt, die Straße aufzureißen. Zwei stämmige Männer schwangen Hacken, während drei andere sich in einer Reihe aufgestellt hatten und die zertrümmerten Pflastersteine von einem zum anderen weiterreichten, bis zu einem immer mehr in die Höhe wachsenden Haufen auf dem Bürgersteig. Ganz in der Nähe stand der Vorarbeiter; er lehnte mit dem Rücken an einem Wagen und las aufmerksam eine Pergamentrolle.
    Baruk runzelte die Stirn. »Wer ist eigentlich für den Unterhalt der Straßen verantwortlich?«, fragte er sich laut.
    Ein leises Klopfen lenkte ihn ab. »Ja, bitte?«
    Roald, sein Diener, trat einen Schritt ins Zimmer. »Einer Eurer Agenten ist angekommen, Herr.«
    Baruk warf einen raschen Blick auf den Kartentisch. »Sag ihm, er soll sich noch einen Augenblick gedulden, Roald.«
    »Ja, Herr.« Der Diener machte einen Schritt rückwärts und schloss die Tür wieder.
    Der Alchemist ging zum Tisch und rollte die verdorbene Karte zusammen. Aus dem Korridor drang eine laute Stimme, gefolgt von Gemurmel. Baruk legte die Karte auf ein Regal und drehte sich genau in dem Augenblick um, als der Agent eintrat. Roald folgte ihm mit finsterem Gesicht dicht auf den Fersen.
    Baruk entließ seinen Diener mit einer Handbewegung und starrte dabei auf den auffällig gekleideten Mann hinunter. »Guten Tag, Kruppe.«
    Roald ging hinaus und schloss leise die Tür hinter sich.
    »Mehr als nur ein guter Tag, Baruk, teurer Freund von Kruppe. Ein wirklich wundervoller Tag. Habt Ihr

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