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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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offiziellen Terminen aus dem Weg gegangen, hatte lieber mit seinen Kameraden gegessen als mit den Offizieren, obwohl Letzteres nun eines seiner Privilegien als rangälteste Klaue gewesen wäre. Doch er war der Ansicht, dass es umso besser für ihn war, je weniger Aufmerksamkeit er erregte.
    Er betrat das Gasthaus und blieb stehen. Vor ihm lag ein üppig bewachsener offener Innenhof - fast schon ein Garten -, durch den sich Wege wanden. Das Gasthaus hatte die Belagerung offensichtlich unversehrt überstanden. Ein breiter Weg in der Mitte führte direkt zu einer Theke,, hinter der ein dicklicher alter Mann stand und Trauben aß. Gäste gingen auf den Seitenwegen inmitten der Pflanzen spazieren und unterhielten sich leise.
    In der Botschaft war nachdrücklich gefordert worden, dass er wie ein Einheimischer gekleidet kommen sollte. Daher erregte Toc wenig Aufmerksamkeit, als er zur Theke schritt.
    Der alte Mann unterbrach seinen Imbiss und nickte dem neuen Gast freundlich zu. »Zu Euren Diensten, mein Herr«, sagte er und wischte sich die Hände ab.
    »Auf meinen Namen müsste eigentlich ein Tisch reserviert sein«, sagte Toc. »Ich bin Render Kan.«
    Der alte Mann studierte eine Wachstafel, die vor ihm auf der Theke lag, und sah dann mit einem Lächeln auf. »Natürlich. Folgt mir bitte.«
    Eine Minute später saß Toc an einem Tisch auf einem Balkon, von dem aus man den ganzen Innenhof - oder Garten - überschauen konnte. Seine einzige Gesellschaft bestand in einer Karaffe mit gekühltem saltoanischen Wein, die ihm sofort gebracht worden war, und jetzt nippte er an einem Pokal und ließ den Blick seines einzigen Auges über die Menschen im Garten unter ihm schweifen.
    Ein Bediensteter kam und verbeugte sich vor ihm. »Werter Herr«, sagte der Mann, »ich soll Euch die folgende Botschaft überbringen:
    Ein Herr wird sich bald zu Euch gesellen, der keine Ahnung hatte, ohne es zu bemerken. Jetzt hat er das.«
    Toc runzelte die Stirn. »Das ist die Botschaft?«
    »Ja.«
    »Sind das seine eigenen Worte?«
    »Und die Euren, Herr.« Der Bedienstete verbeugte sich erneut und ging.
    Tocs Stirnrunzeln vertiefte sich, dann setzte er sich aufrecht hin; jeder Muskel in seinem Körper spannte sich. Er drehte gerade rechtzeitig den Kopf zum Eingang des Balkons, um Hauptmann Paran hereinkommen zu sehen. Der Hauptmann war wie ein Mitglied der hiesigen Oberschicht gekleidet und unbewaffnet; eigentlich sah er recht gut aus. Toc stand grinsend auf.
    »Ich hoffe, Ihr seid nicht übermäßig schockiert«, sagte Paran, als er den Tisch erreichte. Sie setzten sich hin, und der Hauptmann schenkte sich Wein ein. »Hat die Nachricht Euch ein bisschen vorbereitet?«
    »Kaum«, erwiderte Toc. »Ich weiß nicht recht, wie ich mit Euch umgehen soll, Hauptmann. Seid ihr auf Grund der Anweisungen der Mandata hier?«
    »Sie glaubt, ich wäre tot«, sagte Paran; bei diesen Worten bildete sich eine tiefe Furche auf seiner Stirn. »Und für eine Weile war ich das auch. Aber sagt mir, Toc der Jüngere, spreche ich jetzt mit einer Klaue oder mit einem Soldaten der Zweiten Armee?«
    Toc kniff sein eines Auge zusammen. »Schwierige Frage.«
    »Wirklich?«, wollte Paran wissen. Sein Blick blieb unverwandt auf Toc gerichtet.
    Toc zögerte, doch schließlich grinste er erneut. »Beim Atem des Vermummten, nein, es ist verdammt noch mal keine schwierige Frage! In Ordnung, Hauptmann, dann also willkommen bei der jetzt nicht mehr existierenden Zweiten.«
    Paran lachte. Die Erleichterung war ihm deutlich anzumerken.
    »Was hat das alles zu bedeuten, Hauptmann, von wegen dass Ihr tot seid, und dann doch wieder nicht?«
    Parans Fröhlichkeit verschwand. Er nahm einen großen Schluck Wein und ließ ihn die Kehle hinunterrinnen; seine Augen waren auf einen Punkt in der Ferne gerichtet. »Jemand hat versucht, mich zu ermorden«, erklärte er und verzog das Gesicht. »Ich wäre wohl auch gestorben, wenn Fäustel und Flickenseel nicht gewesen wären.« »Was? Elsters Heiler und die Zauberin?«
    Paran nickte. »Bis vor kurzem habe ich mich in Flickenseels Quartier erholt. Elster war der Ansicht, dass es besser wäre, wenn niemand erfährt, dass ich noch am Leben bin. Toc«, er beugte sich vor, »was wisst Ihr von den Plänen der Mandata?«
    Toc betrachtete den Garten unter ihnen. Flickenseel hatte Bescheid gewusst — und sie hatte es geschafft, sich beim Abendessen nichts anmerken, keinen Verdacht aufkommen zu lassen. Bemerkenswert. »Jetzt«, sagte er leise, »stellt Ihr

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