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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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überall vorhanden, und sie tötete ihre Magie ab.
    Das Gewirr war eng geworden, voller Hindernisse. Von Zeit zu Zeit schien es zu erbeben, die dunklen Wände an beiden Seiten wanden sich, als stünden sie unter hohem Druck. Und innerhalb des Tunnels, den sie nur unter großen Mühen Gestalt annehmen lassen konnte, stank es nach irgendetwas, das sie nicht identifizieren konnte. Da war ein Hauch von saurem Schwefel und ein Gefühl von Moder und Feuchtigkeit, das sie an geöffnete Gräber denken ließ. Bei jedem ihrer Atemzüge schien es die Macht aus ihr herauszusaugen.
    Ihr wurde klar, dass sie nicht weitergehen konnte. Sie würde die wirkliche Welt betreten und sich ausruhen müssen. Einmal mehr verfluchte sie ihre Sorglosigkeit. Sie hatte ihre Drachenkarten vergessen. Mit ihrer Hilfe hätte sie feststellen können, was sie erwartete. Nicht zum ersten Mal stellte sie sich die Frage, ob womöglich eine Macht von außen ihre Handlungen bestimmt, sie von den Drachenkarten fern gehalten hatte. Die erste Ablenkung war von Hauptmann Paran gekommen, und wenn sie auch sehr angenehm gewesen war, so durfte sie doch nicht vergessen, dass Paran unter Oponns Einfluss stand. Danach hatte sie einen unerklärlichen Drang verspürt, sich so schnell wie möglich auf den Weg zu machen, und sie war so eilig aufgebrochen, dass sie alles zurückgelassen hatte.
    Ihres Gewirrs beraubt, würde sie sich allein auf der Rhivi-Ebene wiederfinden, ohne Lebensmittel, sogar ohne Bettrolle. Der unsinnige Drang zur Eile, den sie verspürt hatte, widersprach allen ihren Instinkten. Sie war sich inzwischen beinahe sicher, dass ihr diese Dinge eingepflanzt worden waren, dass sie irgendwie ihre Abwehrzauber geöffnet und sich solchen Manipulationen ausgeliefert hatte. Und das brachte ihre Gedanken zu Hauptmann Paran zurück, dem Diener von Oponns Willen.
    Schließlich konnte sie nicht mehr weitergehen. Sie begann ihre schwindende Macht zurückzuziehen, ließ das Gewirr Schicht um Schicht um sich herum zusammenbrechen. Der Boden unter ihren Füßen wurde fest, bedeckt von dürrem gelben Gras, und die Welt um sie herum war plötzlich ins Zwielicht einer lavendelblauen Abenddämmerung getaucht. Wind, der nach Erde roch, strich über ihr Gesicht. Ringsum stabilisierte sich an allen Seiten der Horizont - rechter Hand und weit entfernt badete das Tahlyn-Gebirge in den letzten Sonnenstrahlen, und die Gipfel glitzerten golden -, und direkt vor ihr erhob sich der schattenhafte Umriss einer gewaltigen Gestalt, die sich umdrehte, um sie anzusehen, und überrascht grunzte.
    Flickenseel trat vor Schreck ein paar Schritte zurück; dann begann die Gestalt zu sprechen, und ihre Stimme ließ die Zauberin erleichtert einen tiefen Atemzug ausstoßen, doch die Erleichterung verwandelte sich fast schlagartig in Entsetzen.
    »Flickenseel«, sagte Bellurdan traurig, »Tayschrenn hat nicht erwartet, dass du es schaffen würdest, so weit zu kommen. Daher hatte ich eigentlich angenommen, ich müsste dich aus einiger Entfernung aufstöbern.« Der Riese hob die Arme zu einem übertriebenen, kindlichen Schulterzucken. Zu seinen Füßen lag der vertraute Jutesack, doch der Körper darin war deutlich geschrumpft, seit Flickenseel ihn das letzte Mal gesehen hatte.
    »Wie ist es dem Hohemagier gelungen, mein Gewirr zu negieren?«, fragte sie. Das Entsetzen in ihrem Innern hatte einer umfassenden Müdigkeit, fast schon Resignation Platz gemacht.
    »Das kann er nicht«, antwortete Bellurdan. »Er hat einfach angenommen, dass du nach Darujhistan reisen würdest, und da dein Thyr-Gewirr über Wasser nicht funktioniert, hat er geschlossen, dass du diesen Weg nehmen würdest.«
    »Aber was ist denn dann mit meinem Gewirr geschehen?«
    Bellurdan grunzte, als wäre ihm die Sache zuwider. »Der T'lan Imass, der die Mandata begleitet, hat um sie herum einen toten Raum erschaffen. Unsere Magie wird von den Älteren Kräften des Kriegers aufgesaugt. Die Wirkung verstärkt sich, je mehr Kraft eingesetzt wird. Wenn du dein Gewirr ganz geöffnet hättest, wärst du vollständig verschlungen worden, Flickenseel.« Der Thelomen trat ein paar Schritte vor. »Der Hohemagier hat mir den Auftrag gegeben, dich gefangen zu nehmen und wieder zu ihm zurückzubringen.«
    »Und wenn ich mich weigere?«
    »Dann muss ich dich töten.« Trauer schwang bei dieser Antwort in Bellurdans Stimme mit.
    »Verstehe.« Flickenseel dachte eine Zeit lang nach. Es war, als würde ihre Welt über ihr zusammenstürzen, als wäre

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