Die Gärten des Mondes
ich mir ganz sicher. Auf dem Besitz gibt es einen riesigen Garten; es ist fast schon ein Wald. Und er reicht bis zur hinteren Mauer. Es sollte also leicht sein, hineinzukommen.«
»Wirst du denn nicht bemerkt werden, wenn du dich unter die Gäste mischst?«
»Ich werde mich wie ein Dieb kleiden. Alle tragen Kostüme. Außerdem sind hunderte von Leuten da. Es mag vielleicht ein oder zwei Stunden dauern, aber ich werde sie finden.«
»Und was dann?«
»Ich werde mir etwas ausdenken«, sagte Crokus.
Apsalar streckte die Beine auf dem gefliesten Boden aus und verschränkte die Arme. »Und ich soll mich wohl die ganze Zeit über im Gebüsch verstecken, was?«
Er zuckte die Schultern. »Vielleicht wird Onkel Mammot da sein«, meinte er. »Dann kommt alles in Ordnung.«
»Warum?«
»Weil Coll das gesagt hat«, giftete Crokus aufgebracht zurück. Sollte er ihr etwa sagen, dass sie für wer weiß wie lange Zeit besessen gewesen war? »Wir werden uns schon eine Möglichkeit überlegen, wie du wieder nach Hause kommst«, erklärte er. »Das möchtest du doch, oder?«
Sie nickte langsam, als wäre sie sich ihrer Sache nicht mehr ganz so sicher. »Ich vermisse meinen Vater«, sagte sie.
In Crokus' Ohren hörte Apsalar sich an wie jemand, der versuchte, sich selbst zu überzeugen. Er hatte sie angeschaut, als sie angekommen waren, und hatte gedacht »Warum nicht?« Jetzt musste er sich eingestehen, dass er sich in ihrer Gesellschaft wohl fühlte. Abgesehen natürlich von all den Fragen. Er stellte sich vor, wie es wohl wäre, in ihrer Situation zu sein - wenn er plötzlich tausende von Meilen von zu Hause entfernt aufwachen würde. Es musste schrecklich sein. Hätte er sich so gut gehalten, wie sie es anscheinend tat?
»Ich bin in Ordnung«, sagte sie, während sie ihn anschaute. »Es ist, als ob irgendetwas in mir drin die Dinge zusammenhält. Ich kann es nicht besser erklären, aber es ist wie ein glatter, schwarzer Stein. Fest und warm, und immer, wenn ich Angst kriege, zieht er mich mit nach innen. Und dann ist alles wieder gut.« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Es tut mir Leid. Ich wollte dich nicht zurückstoßen.«
»Mach dir nichts draus«, sagte er.
Im Schatten des Treppenschachts musterte Serrat die beiden Gestalten auf der Plattform. Genug war genug. Sie hatte ihr Kurald-Galain-Gewirr geöffnet und mehrere einander überlagernde Schutzzauber um sich gelegt. Schluss mit diesen unsichtbaren Feinden! Wenn sie etwas von ihr wollten, dann mussten sie sich jetzt schon zeigen. Und dann würde sie sie töten. Und was den Träger der Münze und das Mädchen anbelangte - wohin sollten sie hier oben, auf diesem Turm, noch entfliehen?
Sie zog ihre Dolche und machte sich bereit zum Angriff. Ein Dutzend Schutzzauber schützten ihren Rücken, alle entlang der Wendeltreppe. Es war unmöglich, sich ihr von dort zu nähern.
Zwei scharfe Klingen berührten ihre Haut, die eine unter ihrem Kinn, die andere unter ihrem linken Schulterblatt. Die Tiste Andii erstarrte. Und dann hörte sie ganz dicht an ihrem Ohr eine Stimme -eine Stimme, die sie erkannte.
»Überbring Rake folgende Warnung, Serrat. Er wird nur eine Einzige bekommen, und dasselbe gilt für dich. Dem Träger der Münze soll kein Leid geschehen. Die Spielereien sind vorbei. Wenn du es noch einmal versuchst, wirst du sterben.«
»Du Bastard!«, explodierte sie. »Der Zorn meines Herrn ...«
»... Wird ihm nichts nützen. Wir wissen doch beide, von wem diese Botschaft kommt, oder? Und, wie Rake sehr gut weiß, ist er nicht mehr so fern, wie er es einmal war.« Die Klinge unter ihrem Kinn bewegte sich ein Stück zurück, um ihr die Möglichkeit zu geben, zu nicken. Doch dann war sie sofort wieder da. »Gut. Also überbringe die Botschaft und hoffe, dass wir uns nicht noch einmal begegnen.«
»Ich werde das hier nicht vergessen«, versprach Serrat. Sie zitterte vor Wut.
Ein glucksendes Lachen antwortete ihr. »Die besten Wünsche des Fürsten, Serrat. Auch an unseren gemeinsamen Freund.«
Die Klingen lösten sich von ihrer Haut. Serrat holte tief Luft und schob ihre Dolche zurück in die Scheiden. Sie knurrte einen Kurald-Galain-Zauber und verschwand.
Crokus richtete sich halb auf, als er ein schwaches, ploppendes Geräusch vom Treppenschacht her hörte. Angespannt griff er nach seinen Messern.
»Was ist los?«, fragte Apsalar.
»Psst. Warte.« Er spürte sein Herz hart gegen seine Rippen hämmern. »Ich zucke schon zusammen, wenn ich einen
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