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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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eine verschleierte Frau aus Callous gekleidet, während das Mädchen ungehörigerweise das kaum als solches zu bezeichnende Gewand einer Barghast-Kriegerin gewählt hatte. Sowohl seine Frau wie auch seine Tochter redeten auf Estraysian ein. Er trat vor. »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite«, sagte er grollend und nahm so mit den rituellen Worten das Amt an.
    Turban Orr spürte, wie eine Woge des Triumphs in ihm aufstieg. In diesem Duell seinen mächtigsten Gegner im Rat auf seiner Seite zu haben, war eine Botschaft, die die Hälfte der Ratsmitglieder in Panik ausbrechen lassen würde. Noch ganz hingerissen von seinem klugen Schachzug, blickte er seinen namenlosen Opponenten an. »Und wer ist Euer Sekundant?« In dem großen Raum wurde es still.
    »Ich habe nicht viel Zeit«, sagte Lady Simtal mit leiser Stimme. »Schließlich bin ich die Gastgeberin dieses Festes...«
    »Aber es ist auch Eure Pflicht«, murmelte der Mann vor ihr, »Eure Gäste glücklich zu machen.« Er streckte den Arm aus und strich ihr das Haar aus der Stirn. »Wobei ich mir sicher bin, dass Ihr das könnt, und zwar sehr gut.«
    Sie lächelte und ging zur Tür. Sie legte den Riegel vor, drehte sich um und schaute den Mann erneut an. »Vielleicht eine halbe Stunde ...«, meinte sie.
    Der Mann ging zum Bett und warf seine Lederhandschuhe darauf. »Ich bin zuversichtlich«, sagte er, »dass diese dreißig Minuten sehr beglückend sein werden, jede mehr als die vorhergehende.«
    Lady Simtal trat zu ihm. »Ich vermute«, flüsterte sie, während sie ihre Arme um seinen Hals schlang und sein Gesicht zu ihren Lippen herabzog, »dass Ihr nun keine andere Wahl mehr habt, als der Witwe Lim die traurigen Neuigkeiten mitzuteilen.« Sie hauchte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen, zeichnete dann mit der Zunge seine Kinnlinie nach.
    »Hm? Was für traurige Neuigkeiten?«
    »Oh, dass Ihr eine würdigere Geliebte gefunden habt, natürlich.« Ihre Zunge glitt in sein Ohr. Abrupt wich sie ein Stück zurück und starrte ihm forschend in die Augen. »Habt Ihr das gehört?« fragte sie.
    Er legte seine Arme um sie und zog sie wieder näher an sich heran. »Was soll ich gehört haben?«
    »Das ist es ja gerade«, sagte sie. »Es ist plötzlich so still da unten. Ich sollte vielleicht -«
    »Sie sind bestimmt alle im Garten«, entgegnete der Mann im Brustton der Überzeugung. »Die Minuten verrinnen, Lady«
    Sie zögerte und machte dann den Fehler, zuzulassen, dass er sich an sie presste. Lady Simtals Augen weiteten sich fast schon bestürzt. Ihr Atem ging auf einmal schneller. »Wieso sind wir dann noch immer angekleidet?«, keuchte sie.
    »Das ist eine gute Frage«, erwiderte Murillio und zog sie mit sich aufs Bett.
    In der Stille, die auf Turban Orrs Frage folgte, machte Baruk sich bereit vorzutreten. Er wusste sehr wohl, was dadurch offenbar werden würde, doch er fühlte sich dennoch dazu verpflichtet. Rallick Nom war hier, um ein großes Unrecht wieder gutzumachen. Mehr noch, er war ein Freund, stand dem Alchemisten näher als Kruppe oder Murillio - und er war, trotz seines Berufes, ein rechtschaffener Mann. Turban Orr war Lady Simtals letztes Bindeglied zu wirklicher Macht. Wenn Rallick ihn tötete, würde sie fallen.
    Colls Rückkehr in den Rat war etwas, was sich Baruk und die übrigen Magier des T'orrud-Zirkels sehnlichst wünschten. Und Turban Orrs Tod wäre eine Erleichterung. Von diesem Duell hing mehr ab, als Rallick sich vorstellen konnte. Der Alchemist zupfte seine Robe zurecht und holte tief Luft.
    Eine große Hand legte sich auf seinen Unterarm, und ehe Baruk reagieren konnte, trat Lord Anomander Rake einen Schritt vor. »Ich biete meine Dienste als Sekundant an«, sagte er laut. Er blickte Rallick in die Augen.
    Der Assassine ließ sich nichts anmerken und vermied es, zu Baruk hinzusehen. Er beantwortete Rakes Angebot mit einem Nicken.
    »Vielleicht«, spöttelte Turban Orr, »kennen sich die beiden Fremden ja.«
    »Wir sind uns noch nie begegnet«, erwiderte Rake. »Allerdings muss ich feststellen, dass ich instinktiv die Abneigung dieses Mannes gegen Euer endloses Geschwätz teile, Ratsherr. Aus diesem Grunde würde ich eine Ratsdebatte über die Frage, wer sein Sekundant sein wird, gerne vermeiden. Können wir also fortfahren?«
    Turban Orr führte die Menge auf die Terrasse hinaus; Estraysian D'Arle war dicht hinter ihm. Als Baruk sich umdrehte, um ihnen zu folgen, spürte er eine vertraute Berührung magischer Energie an seiner Seite. Er

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