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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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reagieren?
    Er machte sich kaum Gedanken darüber, warum sich die Gäste auf so merkwürdige Art aufgestellt hatten; dafür war er viel zu sehr damit beschäftigt, nach einem Gesicht zu suchen, das sich ungefähr in Brusthöhe der meisten Anwesenden befinden musste. Wie sich herausstellte, war das unnötig. Challice D'Arles Kostüm war alles andere als eine Verkleidung.
    Crokus fand sich zwischen zwei stämmigen Wachmännern wieder. Schräg gegenüber, vielleicht zwanzig Fuß von ihm entfernt und ohne dass sich jemand zwischen ihnen befand und ihm die Sicht versperrte, stand Challice mit einer älteren Frau, die Crokus für ihre Mutter hielt. Ihre Aufmerksamkeit war voll und ganz auf einen großen, ernst aussehenden Mann gerichtet, der an einem Ende der freien Fläche stand und mit einem anderen Mann sprach, der sich gerade einen Duellhandschuh überzog. Langsam dämmerte dem Dieb, dass hier gleich ein Duell stattfinden würde.
    Mehr oder minder zwischen den beiden Wachen eingequetscht, musste sich Crokus fast den Hals verrenken, um den anderen Duellanten zu entdecken. Zuerst dachte er, es wäre der Riese mit der Drachenmaske und dem Zweihand-Schwert. Doch dann sah er ihn. Rallick Nom. Sein Blick zuckte zurück zum ersten Duellanten. Er kam ihm irgendwie bekannt vor. Er stieß den Wachposten zu seiner Linken an. »Ist das da Ratsherr Turban Orr?«
    »Ja, das ist er«, erwiderte der Mann. Seine Stimme klang merkwürdig angespannt.
    Crokus blickte auf und sah, dass das Gesicht des Mannes schweißüberströmt war. Seltsam. »Und wo ist Lady Simtal?«, fragte er beiläufig.
    »Nirgendwo zu sehen«, antwortete die Wache mit offensichtlicher Erleichterung. »Sonst würde sie dieser Angelegenheit schnell ein Ende bereiten.«
    Crokus nickte. »Na ja«, sagte er, »Rallick wird gewinnen.« Der Wachposten schaute auf ihn herab, sein Blick war hart und durchdringend. »Du kennst den Mann?« »Nun -«
    Jemand schlug ihm auf den Rücken. Crokus drehte sich um und sah sich einem Puttengesicht gegenüber, das ihn unbekümmert anstrahlte. »Hallo, Crokus, mein Freund! Was für ein einfallsreiches Kostüm du trägst!«
    »Kruppe?«
    »Gut geraten!«, erwiderte Kruppe. Das bemalte hölzerne Gesicht wandte sich der Wache zu. »Oh, werter Herr, hier ist eine Botschaft für Euch.« Kruppe drückte dem Mann eine Schriftrolle in die Hand. »Es handelt sich um Grüße eines langjährigen Bewunderers.«
    Crokus grinste. Wenn es um junge adlige Damen ging, hatten diese Wachen das Glück auf ihrer Seite.
    Kreisbrecher nahm die Rolle und schob das seidene Band herunter.
    Er hatte mehr als einmal Turbans Orrs Blicke gespürt. Zuerst im großen Salon, wo es so ausgesehen hatte, als wollte er direkt auf ihn zukommen, und jetzt wieder, während die anderen sich darüber stritten, wer in dem Duell den Schiedsrichter spielen sollte.
    Kreisbrecher betete, dass Rallick Turban Orr töten würde. Er fürchtete sich. Er fürchtete sich so sehr, dass seine Hände zitterten, als er die Botschaft des Aals las.
    Für Kreisbrecher ist es an der Zeit, sich aus dem aktiven Dienst zurückzuziehen. Der Kreis ist wieder hergestellt, mein treuer Freund. Auch wenn du den Aal niemals gesehen hast, so warst du doch der Handlanger, dem er am meisten vertraute, und du hast es dir redlich verdient, dich zur Ruhe zu setzen. Glaube nicht, dass der Aal dich jetzt einfach fallen lässt. Das ist nicht die Art des Aals. Das Siegel am Ende dieses Pergaments wird dir eine Reise nach Dhavran verschaffen, wo loyale Bedienstete des Aals auf deine Ankunft vorbereitet sind. Sie haben ein Herrenhaus und einen offiziellen Titel für dich erstanden. Du wirst schon bald eine andere Welt mit eigenen Regeln betreten.
    Vertraue deinen neuen Bediensteten, mein Freund, in dieser wie in allen anderen Angelegenheiten.
    Begib dich noch in dieser Nacht zum Kai der Händler aus Dhavran im Seeufer-Viertel. Suche nach einem Flussschiff namens Enskalader. Zeig das Siegel irgendeinem Mitglied der Besatzung, sie sind alle Diener des Aals. Es ist an der Zeit, Kreisbrecher. Der Kreis ist geschlossen. Leb wohl.
    Baruk hob wütend die Arme. »Genug!«, brüllte er. »Ich werde in diesem Duell die Rolle des Schiedsrichters und jegliche Verantwortung übernehmen. Die Entscheidung, wer der Sieger ist, liegt bei mir. Wird das von beiden Parteien akzeptiert?«
    Turban Orr nickte. Das war ja noch besser, als Estraysian als Sekundanten zu haben. Wenn Baruk ihn zum Sieger des Duells erklärte, wäre das ein ganz

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