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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Muster wechselte ständig, die Veränderungen folgten immer schneller aufeinander. Locke zuckte, seine Augen traten aus den Höhlen, dann sank sein Kopf zurück. Seine Lungen entließen einen langen, gleichmäßigen Atemzug. Als dieser mit einem nassen Gurgeln erstarb, tat er keinen weiteren mehr.
    Der Schnelle Ben hockte sich hin und warf Elster einen Blick zu. Der Sergeant sah zu ihnen herüber, aber sein Gesichtsausdruck war nicht zu deuten.
    Flickenseel wischte sich mit einem schmutzigen Ärmel den Schweiß von der Stirn. »Es hat nicht geklappt. Was auch immer du versucht hast, es hat nicht geklappt.«
    Der Schnelle Ben stand auf. Kalam hob den eingewickelten Gegenstand auf und trat dicht an Flickenseel heran. Die Augen des Assassinen waren dunkel, ihr Blick durchdringend, als er sie ansah.
    »Nehmt es, Zauberin«, sagte Ben. »Nehmt es mit zu Eurem Zelt und packt es dort aus. Und vor allem: Lasst es Tayschrenn nicht sehen!«
    Flickenseel sah ihn finster an. »Was? Einfach so?« Ihr Blick fiel auf das seltsame Ding. »Ich weiß ja nicht einmal, was ich da mitnehmen soll. Was auch immer es sein mag, mir gefällt das alles nicht.«
    Direkt hinter ihr erklang plötzlich die Stimme des Mädchens, scharf und anklagend. »Ich weiß nicht, was du getan hast, Magier, aber ich habe gespürt, dass du mich davon fern gehalten hast. Das war nicht besonders freundlich.«
    Flickenseel sah zuerst das Mädchen an, dann wanderte ihr Blick zurück zum Schnellen Ben. Was bedeutet das alles? Die Miene des schwarzhäutigen Mannes war kalt, aber sie sah ein Flackern in seinen Augen. Es sah aus wie Furcht.
    Elster drehte sich zu dem Mädchen um, als er ihre Worte hörte. »Du wolltest etwas sagen, Rekrutin?« Sein Ton war streng.
    Die dunklen Augen des Mädchens richteten sich auf den Sergeanten. Sie zuckte die Schultern und trollte sich.
    Kalam hielt Flickenseel das geheimnisvolle Objekt entgegen. »Antworten«, sagte er leise; er hatte den melodischen, weichen Akzent der Menschen aus dem Norden des Landes der Sieben Städte. »Wir alle brauchen Antworten, Zauberin. Der Hohemagier hat Eure Kameraden getötet. Seht uns an - das ist alles, was von den Brückenverbrennern übrig geblieben ist. Antworten sind nicht leicht zu ... erlangen. Werdet Ihr den Preis bezahlen?«
    Nach einem letzten schnellen Blick auf Lockes zerfetzten, leblosen Körper - und in seine Augen, die gebrochen zu den Sternen hinaufstarrten - nahm sie das Ding entgegen. Es fühlte sich leicht an. Was immer sich in der Hülle befinden mochte, es war klein und dünn. Teile davon bewegten sich, und sie spürte Beulen und Stiele von etwas Hartem. Sie starrte in das bärenhafte Gesicht des Assassinen. »Ich will, dass Tayschrenn bekommt, was er verdient«, sagte sie langsam.
    »Dann sind wir uns einig«, meinte Kalam lächelnd. »Und dies ist der Anfang.«
    Flickenseel spürte, wie sich ihr der Magen umdrehte, als sie ihn so lächeln sah. Was ist bloß in dich gefahren, Seel? Sie seufzte. »So sei es.« Als sie sich umdrehte, um den Hang hinunterzugehen und sich zurück zum Hauptlager zu begeben, kreuzte sich ihr Blick mit dem des Mädchens. Ein Schauer durchlief sie. »He, du, Rekrutin«, rief sie. »Wie heißt du?«
    Das Mädchen lächelte wie über einen geheimen Witz. »Leida.«
    Flickenseel grunzte. Wie treffend ... Sie klemmte sich ihr Päckchen unter den Arm und stapfte den Hügel hinunter.
     
    Sergeant Elster trat gegen einen Helm und sah zu, wie er hüpfend den Hügel hinunterrollte. Er drehte sich um und starrte den Schnellen Ben an. »Hat es geklappt?«
    Der Blick des Magiers huschte kurz zu Leida hinüber, dann nickte er.
    »Du wirst unerwünschte Aufmerksamkeit auf unseren Trupp lenken«, sagte das junge Mädchen zu Elster. »Hohemagier Tayschrenn wird es bemerken.«
    Der Sergeant wölbte eine Augenbraue. »Unerwünschte Aufmerksamkeit? Was zur Hölle soll das bedeuten?«
    Leida gab keine Antwort und Elster schluckte ein paar scharfe Worte hinunter. Wie hatte Fiedler sie genannt? Eine unheimliche Hexe. Er hatte es ihr ins Gesicht gesagt, und sie hatte ihn allein dadurch aus der Fassung gebracht, dass sie ihn mit diesen toten, steinernen Augen angestarrt hatte. Elster teilte die unfeine Einschätzung des Sappeurs, so ungern er es auch zugab. Noch viel beunruhigender war jedoch, dass dieses fünfzehnjährige Mädchen den Schnellen Ben fast zu Tode erschreckt hatte und dass der Magier nicht darüber sprechen wollte. Was hatte ihm das Imperium da bloß

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