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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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zurück. Sie war schon hinter der Stadt; ihr Flug wirkte unsicher, sie krängte nach einer Seite. Mondbrut entfernte sich in Richtung Süden, auf das ferne Tahlyn-Gebirge zu.
    Flickenseel blickte sich um. Sie erinnerte sich vage daran, dass eine Kompanie Soldaten auf dem heftig attackierten Hügel Zuflucht gesucht hatte. Dann war sie schwer getroffen worden, und sie hatte ihre restliche Kraft zusammenraffen müssen, um sich dagegen zu wehren. Von der Kompanie waren nur noch die Waffen und Rüstungen übrig geblieben. Wie immer, ein Geschäft auf Gegenseitigkeit, Zauberin. Sie unterdrückte ein Schluchzen, richtete ihre Aufmerksamkeit auf den ersten Hügel.
    Tayschrenn lag am Boden, doch er lebte. Ein halbes Dutzend Soldaten hastete den Hügel hinauf und umringte den Hohemagier. Kurz darauf trugen sie ihn weg.
    Bellurdan, dessen Kleidung fast völlig verbrannt und dessen Körper von Brandblasen übersät war, befand sich noch immer auf dem mittleren Hügel. Er suchte zusammen, was von Nachtfrost übrig geblieben war, und stimmte ein klagendes Geheul an. Der Anblick war entsetzlich und pathetisch zugleich - und er traf Flickenseel wie ein Hammerschlag. Schnell blickte sie weg. »Seid verflucht, Tayschrenn.«
    Fahl war gefallen - um den Preis von Einarms Armee und vier Magiern. Jetzt erst rückten die Legionen der Schwarzen Moranth vor. Flickenseel spannte die Kiefermuskeln an, bis ihre vollen roten Lippen nur noch einen dünnen blutleeren Strich bildeten. Eine vage Erinnerung nagte an ihr, und sie spürte mit wachsender Gewissheit, dass dies noch nicht zu Ende war.
    Die Zauberin wartete.
     
    Die Gewirre der Magie befinden sich im Jenseitigen. Suche das Tor und drücke es einen Spalt weit auf. Das, was herausströmt, kannst du formen. Dies waren die Worte gewesen, die ein junges Mädchen einst auf den Pfad der Magie geführt hatten. Öffne dich dem Gewirr, das zu dir kommt, das dich findet. Entziehe ihm Macht - so viel, wie dein Körper und deine Seele bändigen können -, aber erinnere dich
    daran, dass das Tor sich schließt, wenn der Körper versagt. Flickenseels Glieder schmerzten. Sie fühlte sich, als hätte jemand zwei Stunden lang mit der Keule auf sie eingeschlagen. Und sie hatte alles andere erwartet als diesen bitteren Geschmack auf der Zunge, der ihr verriet, dass etwas Unangenehmes, Hässliches zu dieser Hügelkuppe gekommen war. Gewöhnlich kamen solche Warnungen erst dann zu jenen, die Magie praktizierten, wenn das Tor geöffnet und das Gewirr zugänglich war und seine Macht verströmte. Sie hatte Geschichten von anderen Zauberern gehört, und sie hatte mit Schimmelflecken übersäte Schriftrollen gelesen, die von Augenblicken wie diesem berichtet hatten; es hieß, dass jedes Mal, wenn die Macht ächzend und tödlich zu spüren gewesen war, ein Gott die Welt der Sterblichen betreten hatte.
    Wenn Flickenseel sich hätte festlegen müssen, wessen unsterbliche Präsenz sie an diesem Ort vermutete, dann wäre es der Vermummte, der Gott des Todes gewesen. Aber ihr Instinkt sagte Nein. Sie glaubte nicht, dass ein Gott angekommen war, sondern ... irgendetwas anderes. Was die Zauberin besonders frustrierte, war die Tatsache, dass sie nicht entscheiden konnte, welche von den Personen, die um sie herumstanden, so gefährlich war. Aus irgendeinem Grund wanderten ihre Blicke immer wieder zu dem jungen Mädchen. Aber die Kleine schien die meiste Zeit gar nicht richtig da zu sein.
    Schließlich erregten die Stimmen hinter ihr ihre Aufmerksamkeit. Sergeant Elster beugte sich über den Schnellen Ben und den anderen Soldaten, die beide immer noch an Lockes Seite knieten. Der Schnelle Ben umklammerte einen in Häute gewickelten, länglichen Gegenstand und schaute zu seinem Sergeanten auf, als würde er auf dessen Zustimmung warten.
    Zwischen den beiden Männern herrschte eine spürbare Spannung. Mit gerunzelter Stirn ging Flickenseel zu ihnen hinüber. »Was macht Ihr da?«, fragte sie den Schnellen Ben, den Blick auf das Ding gerichtet, das der Magier in seinen schlanken, beinahe femininen Händen hielt. Er schien sie gar nicht gehört zu haben und schaute immer noch den Sergeanten an.
    Elster warf ihr einen schnellen Blick zu. »Mach weiter, Ben«, knurrte er. Dann stapfte er davon, ging zum Rand der Hügelkuppe hinüber und starrte nach Westen, auf die Moranth-Berge.
    Die fein geschnittenen, asketischen Gesichtszüge des Schnellen Ben strafften sich. Er nickte seinem Gefährten zu. »Mach dich bereit, Kalam.«
    Der

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