Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
Chancen zu sterben - und zwar schnell zu sterben - wachsen. Wäre die Mandata nicht gewesen, wäre er völlig unvorbereitet, ein Kommando zu übernehmen.
    Paran schnitt eine Grimasse, als er die Tür der Kneipe aufstieß und hinaus ins Freie trat. Kein Wunder, dass die Armeen des alten Imperators die feudalistischen Königreiche so leicht vernichtet hatten, als er sich darangemacht hatte, sein Imperium zu schaffen. Paran war plötzlich stolz auf die Flecken auf seiner Uniform; er sah nicht mehr so aus, als wäre er hier völlig fehl am Platz.
    Er trat in die Gasse, die zum Seiteneingang der Soldaten-Unterkünfte führte. Die Gasse lag im Schatten zwischen hoch aufragenden Gebäuden und unter verblassten Baldachinen, die über abgesackten Baikonen hingen. Fahl war eine sterbende Stadt. Er wusste genug über ihre Geschichte, um die ausgeblichenen Zeichen eines lang vergessenen Ruhms erkennen zu können. Gut, die Stadt hatte genügend Macht besessen, um ein Bündnis mit Mondbrut schmieden zu können, doch Paran hatte den Verdacht, dass dieses Bündnis mehr mit dem Sinn des Lords von Mondbrut für Zweckdienlichkeit zu tun gehabt hatte als mit irgendeiner Art von gegenseitiger Anerkennung der jeweiligen Macht. Die örtliche Oberschicht hielt viel von Putz und Pomp, aber ihre Requisiten wirkten müde und erschöpft. Er fragte sich, wie ähnlich er und seine Schicht diesen schlaffen Bürgern eigentlich schon waren ...
    Ein Geräusch hinter ihm - ein leises Schlurfen - ließ ihn sich umdrehen. Eine in Schatten gehüllte Gestalt hatte ihn schon beinahe erreicht. Paran schrie auf, griff nach seinem Schwert. Ein eisiger Wind wehte über ihn hinweg, als die Gestalt sich auf ihn stürzte. Der Hauptmann machte einen Schritt rückwärts, sah in jeder Hand des Angreifers eine Klinge aufblitzen. Er drehte sich zur Seite, das Schwert halb aus der Scheide. Die Linke des Angreifers schoss hoch. Paran warf den Kopf nach hinten und schob die Schulter nach vorn, wollte einen Stoß abwehren, der niemals kam. Stattdessen bohrte sich der lange Dolch wie Feuer in seine Brust. Eine zweite Klinge drang in seine Seite, während er plötzlich Blut in seinem Mund schmeckte. Keuchend und stöhnend taumelte Paran zurück, torkelte gegen eine Wand, an der er schließlich langsam herunterrutschte, während er vergeblich versuchte, an den feuchten Steinen Halt zu finden, und seine Fingernägel Furchen in den Schimmel gruben.
    Dunkelheit legte sich über seine Gedanken, und ein tief empfundenes Bedauern stieg in ihm auf. Ganz schwach drang ein klirrendes Geräusch an seine Ohren, als ob etwas Kleines, Metallisches über eine harte Oberfläche hüpfte. Das Geräusch - es klang, als ob sich etwas drehen würde - blieb, und die Dunkelheit drang nicht weiter vor.
    »Das war schlampig«, erklang die dünne Stimme eines Mannes. »Ich bin überrascht.« Der Akzent war vertraut; er brachte Erinnerungen aus seiner Kindheit zurück - sein Vater, wie er mit Händlern aus Dal Hon verhandelte.
    Die Antwort kam von irgendwo direkt über Paran. »Du hast mich im Auge behalten?« Noch ein Akzent, den er erkannte; kanesisch, und die Stimme schien von einem Mädchen zu kommen oder vielleicht auch von einem Kind, doch er wusste, es war die Stimme der Person, die ihn töten wollte.
    »Zufall«, meinte der andere. Er begann zu kichern. »Jemand - ich sollte vielleicht lieber sagen, etwas hat unser Gewirr betreten. Ohne Einladung. Meine Hunde sind auf der Jagd.«
    »Ich glaube nicht an Zufälle.«
    Wieder ein Kichern. »Ich auch nicht. Vor zwei Jahren haben wir unser eigenes Spiel begonnen. Wir wollten eine alte Rechnung begleichen. Jetzt sieht es ganz so aus, als wären wir hier mitten in ein ganz anderes Spiel gestolpert.«
    »Wessen Spiel?«
    »Auf diese Frage werde ich bald eine Antwort finden.«
    »Lass dich nicht ablenken, Ammanas. Unser Ziel ist immer noch Laseen und der Untergang jenes Imperiums, das sie regiert, aber niemals verdient hat.«
    »Ich habe wie immer allergrößtes Vertrauen in dich, Cotillion.«
    »Ich muss zurück«, sagte das Mädchen und entfernte sich.
    »Natürlich. Dies ist also der Mann, den Lorn geschickt hat, um dich ausfindig zu machen?«
    »Ich nehme es an. Dieser Mord sollte sie auf jeden Fall in die ganze Sache hineinziehen.«
    »Und das ist wünschenswert?«
    Das Gespräch verklang, als die beiden davongingen, und das einzige Geräusch in Parans Kopf war jenes klirrende Summen, als ob eine Münze sich drehte, immer und immer weiter

Weitere Kostenlose Bücher