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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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sehen, deren Spiralmuster hier und da von weißen Narben unterbrochen wurden.
    »Ist dies die Neunte?«, fragte Paran laut.
    Der Mann gegenüber dem Barghast sah auf; sein wettergegerbtes Gesicht hatte die gleiche Farbe wie seine Lederkappe. Nach einem kurzen Blick widmete er sich wieder seinen Karten. »Ihr seid Hauptmann Paran?«
    »Der bin ich. Und wer bist du, Soldat?«
    »Igel.« Er nickte zu dem schweren Mann hinüber, der rechts von ihm saß. »Das ist Fäustel, der Heiler des Trupps. Der Barghast heißt Trotter, was nicht bedeutet, dass er gerne läuft.« Er neigte den Kopf nach links. »Die Übrigen sind nicht wichtig. Sie gehören zur Zweiten Armee und sind noch dazu lausige Spieler. Setzt Euch, Hauptmann. Elster und die Übrigen sind gerade unterwegs. Müssten aber bald zurück sein.«
    Paran schob einen freien Stuhl zwischen die beiden.
    »He, Trotter, rufst du jetzt das Spiel auf, oder was?«, grollte Igel.
    Paran stieß einen langen Atemzug aus und wandte sich an Fäustel. »Sag mir, Heiler, wie hoch ist die durchschnittliche Lebenserwartung eines Offiziers bei den Brückenverbrennern?«
    Über Igels Lippen kam ein Grunzen. »Vor oder nach der Geschichte mit Mondbrut?«
    Fäustels dichte Augenbrauen wanderten ein kleines Stück nach oben, als er Paran antwortete. »Vielleicht zwei Feldzüge. Hängt von vielen Dingen ab. Mut allein reicht nicht, aber es hilft. Am besten vergesst Ihr alles, was Ihr gelernt habt, und springt wie ein kleines Kind auf den Schoß Eures Sergeanten. Wenn Ihr ihm zuhört, könntet Ihr es sogar schaffen.«
    Igel knallte die Faust auf den Tisch. »Wach auf, Trotter! Was spielen wir denn jetzt?«
    Der Barghast starrte ihn finster an. »Ich denke nach«, sagte er.
    Paran lehnte sich zurück und machte seinen Schwertgürtel los.
    Trotter entschied sich für ein Spiel; Igel, Fäustel und die drei Soldaten von der Zweiten begannen zu stöhnen, denn es war das Spiel, für das er sich immer entschied.
    »Hauptmann, es scheint, Ihr habt gewisse ... Dinge über die Brückenverbrenner gehört?« Die Frage kam von Fäustel.
    Paran nickte. »Die meisten Offiziere haben Angst vor den Brückenverbrennern. Es geht das Gerücht, dass die Sterblichkeitsrate deswegen so hoch ist, weil die Hälfte der Hauptmänner mit einem Dolch im Rücken endet.«
    Er verstummte für einen Augenblick und wollte gerade fortfahren, als er die plötzliche Stille bemerkte. Das Spiel war unterbrochen, und alle Augen hatten sich auf ihn gerichtet. Paran spürte, wie ihn der Schweiß ausbrach. »Und nach dem, was ich bis jetzt gesehen habe«, machte er in der einmal eingeschlagenen Richtung weiter, »neige ich dazu, diesen Gerüchten Glauben zu schenken. Aber ich will euch eins sagen, euch allen: Wenn ich mit einem Messer im Rücken sterben sollte, dann wäre es besser, wenn ich es auch verdient hätte. Ansonsten wäre ich ernsthaft enttäuscht.« Er zog den Schwertgürtel wieder fest und stand auf. »Sagt dem Sergeanten, dass ich in den Unterkünften bin. Ich würde gerne noch vor dem offiziellen Appell mit ihm sprechen.«
    Igel nickte bedächtig. »Mach ich, Hauptmann.« Er zögerte. »Ahm, Hauptmann ... Wollt Ihr mitspielen?«
    Paran schüttelte den Kopf. »Nein, danke.« Ein Grinsen stahl sich in einen Mundwinkel. »Wäre schlechter Stil, als Offizier meinen Leuten das Geld abzunehmen.«
    »Hm, eine Herausforderung, der Ihr irgendwann einmal Taten folgen lassen solltet«, sagte Igel, doch seine Augen leuchteten.
    »Ich werde darüber nachdenken«, erwiderte Paran, als er den Tisch verließ. Während er sich durch die Menge drängte, spürte er, wie ein Gefühl in ihm aufstieg, auf das er nicht vorbereitet war: das Gefühl von Bedeutungslosigkeit. Ihm war eine Menge Arroganz anerzogen worden, angefangen von den Tagen als Junge von adliger Geburt bis hin zu der Zeit an der Akademie. Diese Arroganz hockte nun in einer Ecke seines Verstandes - geschockt, schweigend, regelrecht betäubt.
    Eins hatte er schon gewusst, ehe er die Mandata getroffen hatte: Sein Weg in das Offiziers-Ausbildungskorps der Marineakademie und seine Zeit dort waren dank einem Wink hier und einem Nicken da leicht gewesen. Aber die Kriege des Imperiums wurden hier gefochten, tausende von Längen weit weg vom Herzen des Imperiums, und hier, das war Paran bereits klar geworden, scherte man sich einen Dreck um den Einfluss bei Hof oder um Abmachungen, die beiden Seiten zum Vorteil gereichten. Die Abkürzungen, die er bisher genommen hatte, ließen seine

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