Die galante Entführung
Ausflug zu bändigen.«
Der einzige Einwand gegen diese unerwartete Erweiterung der Gesellschaft kam von Oliver, der hitzig sagte, noch habe er keine Ankündigung erhalten, abzutreten, und er sei sehr gut imstande, auf sich selbst aufzupassen. Hätte er die geringste Ahnung gehabt, fügte er hinzu, daß sein Wunsch, aus Bath hinauszutraben, einen solchen Aufruhr verursachen würde, dann wäre er nie geäußert worden.
»Sei still, Grünschnabel!« sagte Miles entsetzt. »Du bringst Miss Wendover auf den Gedanken, du willst nicht, daß sie mitreitet!«
Dieser Einwurf verwirrte Oliver natürlich, und er beeilte sich, Abby zu beruhigen. Sie lachte ihn aus und versicherte ihm, sie habe nicht die leiseste Absicht, eine Ammenrolle zu spielen. Sie selbst wurde durch Fannys sofortige Billigung des geänderten Plans sehr ermutigt.
»Großartig!« rief Fanny aus. »Du kommst doch mit, nicht wahr, meine allerbeste Tante?«
8
Da Oliver kein Zeichen der Erschöpfung zeigte und Stacy sehr umsichtig keinen Versuch machte, Fannys Aufmerksamkeit für sich allein in Anspruch zu nehmen, begab sich nichts, das Abbys Genuß an dieser milden Form der Erheiterung hätte verderben können. Meist ritt Miles Calverleigh neben ihr und machte sich so angenehm, daß sie ihre Ängste über seinen Erzählungen von Indien und den dortigen Bräuchen vergaß. Sie mußte ihn erst durch Schmeicheln zum Reden bringen, da er zunächst behauptete, Leute, die über ihre Erlebnisse im Ausland schwätzten, seien todlangweilig. Aber Abbys Fragen waren intelligent und ihr Interesse an seinen Antworten so echt, daß er seine Zurückhaltung bald fallen ließ, ihr ein lebendiges Bild malte und sogar einige seiner persönlichen Erlebnisse erzählte. Sie reichten vom Abenteuerlichen bis zum Komischen, aber er kam damit bald zu Ende, indem er sagte: »Jetzt aber genug über mich! Erzählen Sie mir etwas von sich!«
»Ach, da ist nichts zu erzählen. Ich habe nichts getan und war nirgendwo. Sie ahnen nicht, wie ich Sie beneide – wie oft ich mir gewünscht habe, ein Mann zu sein!«
»Wirklich? Mit diesem Wunsch dürften Sie aber ziemlich allein stehen.«
»Danke! Aber das stimmt nicht: Auch mein Vater wünschte es! Er wollte noch einen Sohn haben.«
»Was – mit Rowland und James als grimmigen Beispielen? Oder hoffte er, ein dritter Sohn würde nicht so schwerfällig werden?«
»Bestimmt nicht! Und obwohl ich Rowland nicht mochte, muß ich in aller Gerechtigkeit sagen, daß zumindest er nicht schwerfällig war. Er war von der Jagdleidenschaft besessen und ein sehr kühner Reiter.«
»Das meinte ich nicht. Intellektuell schwerfällig.«
»Das ja, aber das war auch mein Vater. Natürlich rechnete er Rowland das nicht als Fehler an. Er hatte sogar die größte Abneigung gegen kluge Leute.«
Er lachte anerkennend, was sie veranlaßte, schuldbewußt zu sagen: »Das hätte ich nicht sagen sollen. Meine böse Zunge! Und ich versuche so sehr, sie im Zaum zu halten!«
»Tun Sie das lieber nicht! Es gefällt mir, daß Sie alles sagen, was Ihnen durch den Kopf geht.«
Sie lächelte, schüttelte jedoch den Kopf. »Nein, es ist meine Gewohnheitssünde. Und ich hätte sie längst überwinden sollen.«
»Soweit ich mich an Ihren Vater erinnere, würde ich annehmen, daß er sich alle Mühe gab, Ihnen dabei zu helfen. Mochte er Sie so wenig wie Sie ihn?«
»Ja, er… Oh, wie wagen Sie nur? Sie sind ganz abscheulich! Sie wissen sehr gut, daß es höchst unanständig von mir wäre, wenn ich sagte, daß ich meinen Vater nicht mochte! Das verletzt ja jegliches Gefühl!«
»Nun, nicht meines«, erwiderte er unerschütterlich. »Sie mochten ihn nicht, oder?«
»Nein, aber das gehört zu den Dingen, die nie ausgesprochen werden dürfen. Und wenn er mich nicht mochte, so muß ich gestehen, daß das ausschließlich meine Schuld war. Ich fürchte, ich war eine harte Prüfung für ihn.«
»Natürlich – viel zu klug.«
»Ich bin nicht klug – oder nur im Vergleich zu meiner übrigen Familie«, sagte sie nachdenklich. »Ich liebe sie heiß, aber Selina und Mary sind komplette Gänse, und wenn auch meine Schwester Jane sehr viel gesunden Menschenverstand hat, so denkt sie doch nie an etwas anderes als an ihre Kinder und die Fehler der Dienstboten. Mein Vater hielt mich für einen Bücherwurm, das Schlimmste, was er von jemandem sagen konnte. Er schrieb dem mein ganzes pflichtvergessenes Verhalten zu.«
»Ich hätte gesagt, daß Sie ein allzu ausgeprägtes Pflichtgefühl
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