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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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und konntest daher nicht mitkommen!«
    »Diesmal bin ich entschlossen, keine eitrige Halsentzündung zu bekommen!«
    »Nein, wirklich, das hoffe ich auch! Aber Mr. Calverleigh muß auch jemanden anderen einladen. Ich staune, daß er es nicht getan hat. Es spricht für einen Mangel an Benehmen bei ihm, denn es ist ganz und gar nicht das richtige, und Indien kann das nicht entschuldigen, weil es dort keine Theater gibt – zumindest glaube ich nicht – glaubst du?«
    »Nein, Liebe. Daher konnte Mr. Calverleigh natürlich nicht wissen, daß er etwas völlig Ungewöhnliches tut, der Arme! Und ihm sagen, daß er auch andere außer mir einladen sollte; ich hoffe, daß du so etwas nicht von mir erwartest! Das wäre tatsächlich ungehörig! Und wirklich, Selina, was für einen möglichen Einwand kann es schon dagegen geben, daß ich in der Begleitung eines Herrn mittleren Alters ins Theater gehe? Noch dazu hier, wo ich gut bekannt bin und zweifellos viele unserer Freunde im Theater treffen werde!«
    »Es läßt dich so – so eigenartig wirken, Liebste! In London würdest du das nie tun. Natürlich ist Bath etwas anderes, aber schlimmer. Denke nur, wie unangenehm es wäre, wenn die Leute sagten, daß du Mr. Calverleigh ermutigst, hinter dir herzulaufen!«
    Dieser Gedanke war Abby auch schon gekommen, und sie war seinetwegen drauf und dran gewesen, sich von der Verabredung zu entschuldigen. Hätte Selina nicht mehr gesagt, dann hätte sie es wahrscheinlich sogar getan. Aber Selinas böser Geist veranlaßte sie, fatale Worte auszusprechen: »Ich bin überzeugt, James würde der Meinung sein, du solltest absagen, Abby!«
    »Aber nein, wirklich?« erwiderte Abby und zeigte sofort die Zähne. »Nun, das erledigt die Sache. Ich werde nichts dergleichen tun. O Selina, bitte, reg dich nicht so auf! Wenn du Angst davor hast, was die Klatschbasen meinen könnten, dann brauchst du ihnen nur zu sagen, da du dich am Abend noch nicht hinauswagst, hat sich Mr. Calverleigh liebenswürdigerweise angeboten, als dein Stellvertreter einzuspringen. Und sobald es bekannt wird, daß er hier mit uns gespeist hat, bevor er mich ins Theater begleitete – «
    »Nichts, aber schon gar nichts würde mich dazu bringen können, etwas so Ungehöriges zu tun, als einen unverheirateten Herrn einzuladen, mit uns hier zu speisen«, erklärte Selina mit ungewöhnlichem Nachdruck.
    »Sicher, Liebe, aber du bist gar nicht gezwungen, es zu tun«, sagte Abby spitzbübisch. »Ich habe es schon an deiner Stelle getan!«
    »Abby!« keuchte Selina und wurde blaß vor Bestürzung. »Einen Mann gebeten, mit uns allein zu speisen? Das kann nicht dein Ernst sein! So etwas haben wir noch nie getan! Außer natürlich James, was etwas ganz anderes ist!«
    »Etwas ganz anderes!« stimmte ihr Abby zu. »Mr. Calverleigh mag ein Original sein, aber todlangweilig ist er nicht.«
    »Noch nie im Leben war ich so entsetzt!« stöhnte Selina. »So unverschämt von dir, als wüßtest du es nicht besser, und genau das, was der liebe Papa beklagte! Was würde er dazu sagen, wenn er noch lebte! Ich bin inständig dankbar, daß das nicht der Fall ist. Ich erschauere bei dem bloßen Gedanken!«
    Es bedurfte Zeit, Geduld und viel Takt, um Selina zu versöhnen, aber schließlich stimmte sie zu, Mr. Miles Calverleigh zu bewirten, überzeugt durch den gräßlichen Verdacht, daß ihre leichtsinnige Schwester, falls sie sich weigerte, es zu tun, durchaus imstande wäre, die Stadt in Aufruhr zu versetzen, indem sie mit ihm im York House speiste. Selina widmete hierauf den Großteil des Nachmittags der Abfassung einer förmlichen Einladung in ihrer gestochen schönen Handschrift, Herablassung sehr nett mit gnädiger Höflichkeit verbindend. Mr. Miles Calverleigh antwortete auf diese Botschaft mit lobenswerter Promptheit in einer kurzen, aber gut formulierten Zeile, die Selina den Eindruck vermittelte, daß er ihre Schwester zu dem Besuch des Theaters in einem Geist onkelhafter Menschenfreundlichkeit eingeladen hatte. Daher war sie imstande, ihm in der Trinkhalle mit einiger Nachgiebigkeit zu begegnen, und obwohl er sich, als er sie verließ, der Gruppe um Abby anschloß, hatte sie keine Vorahnung von Gefahr. Es war durchaus nicht auffallend, daß er eine Vorliebe für Abby zeigte: das war bei sehr vielen Herren der Fall. Hätte man jedoch Selina angedeutet, daß er Abby genauso stark anzog wie sie ihn, dann hätte sie es nicht so sehr für auffallend, als vielmehr für albern gehalten. Abby hatte

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