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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Gefühl ließ sie rosig erröten und ihre Hand wieder in die seine gleiten. »Ich weiß. Bei mir ist das auch so, aber du hast es dir nicht überlegt, mein Liebster. Wie könnte ich nur vor der Gesellschaft Tante Selinas davonlaufen! Das wäre das Infamste, weil sie sich schon so darauf freut, der arme Liebling, und es würde ihr alles Vergnügen daran zerstören – guter Gott! Sie könnte sie ja dann überhaupt nicht geben! Denke nur, was für einen Aufruhr das gäbe!«
    Erbitterung packte ihn, und einen Augenblick lang erhaschte sie einen Ausdruck davon in seinem Gesicht. Er war so schnell wieder verschwunden, daß sie nicht sicher war, ob er überhaupt vorhanden gewesen war. Stacy entdeckte Zweifel in ihren groß gewordenen Augen und sagte kläglich: »Daß ich willens sein sollte, Tante Selina der Verdammnis anheimzugeben! Ist das nicht entsetzlich! Und sie ist doch so gütig und -wie ich glaube – wirklich meine Freundin! Wie lange muß ich noch warten, bis ich dich mein eigen nennen kann – um dich zu umsorgen und zu schützen?«
    Hätte Miss Abigail Wendover das Privileg gehabt, diese edlen Worte zu hören, dann hätte sie Mr. Calverleigh unmißverständlich mitgeteilt, daß Fanny nur vor ihm geschützt werden mußte. Die Wirkung auf Fanny war jedoch die, daß sie noch lebhafter errötete und flüsterte: »Nicht mehr lange! Ich verspreche es!«
    Er war selten weniger in sie verliebt gewesen, denn er überlegte, daß sie aufreizend launenhaft sei, antwortete jedoch sofort mit einer seiner galanten Phrasen. Er fürchtete, daß sie sich, gab man ihr Zeit zu Überlegung, von seinem Vorschlag, durchzubrennen, zurückziehen würde. Es war ihm nicht entgangen, daß sie vor einer sofortigen Flucht zurückgeschreckt war. Er machte sich also an die Aufgabe, sie wieder in ihre frühere Stimmung eifriger Zustimmung zurückzuversetzen, und wandte alle Künste an, die ihm zur Verfügung standen. Er zweifelte keineswegs an seiner Macht über sie, rechnete jedoch nicht mit der Halsstarrigkeit, die ihre Tanten so gut an ihr kannten. Sie reagierte entzückend auf seine Liebesbeteuerungen: sie hörte mit sanften Augen hingerissen dem idyllischen Bild zu, das er von ihrem gemeinsamen Leben zeichnete, aber sie wollte nicht zustimmen, noch vor der Gesellschaft ihrer Tante mit ihm durchzubrennen. Er wagte nicht, darauf zu bestehen, denn in ihrem Gesicht stand ein störrischer Ausdruck, und er hatte Angst, daß sie, wenn er sie zu sehr bedrängte, ganz zurücktreten könnte. Er versicherte ihr, er habe keinen anderen Wunsch, als ihr zu gefallen, und hoffte insgeheim zu Gott, daß sie nicht zu oft in wirre Launen verfallen würde.

11
    Das heimliche Stelldichein in der Abtei blieb unentdeckt; aber obwohl Fanny über die völlige Arglosigkeit ihrer Tanten erleichtert war, fühlte sie sich gerade dadurch schuldig und beschämt. Sie war auch nicht mehr so glücklich in ihrer Liebe. Nicht etwa, daß sie nicht sehnlichst gewünscht hätte, den Rest ihres Lebens in Stacys schützenden Armen zu verbringen, aber sie mußte wider Willen doch denken, wieviel erfreulicher es wäre, wenn sie ihn mit dem Segen ihrer Familie heiraten könnte. Durchbrennen trug den Hauch des großen Abenteuers an sich; sie hatte es ganz aufrichtig gemeint, als sie gesagt hatte, daß sie weder vor einem so kühnen Schritt zurückschreckte, noch daß ihr ein Deut an der unvermeidlichen Kritik der Welt lag. Erst als sie sich an die Abendgesellschaft ihrer Tante erinnerte, fiel ihr ein, daß ihr Durchbrennen beide Tanten in eine sehr unangenehme Lage bringen würde. Solange sie in einem Traum von Liebe und Heldentum befangen war, hatte sie gerade nur die allgemeinsten Seiten des Falles bedacht, und selbst die nur, soweit sie sie persönlich betrafen. Die Meinung der Welt war ihr gleichgültig; ihr und Stacy würde es in ihrer Seligkeit nichts ausmachen, wenn die Welt sie ausstieß, denn zum vollkommenen Glück brauchten sie nur einander. Ihre Tanten würden zuerst sehr entsetzt, ja böse sein, aber wenn sie sahen, wie recht sie gehabt hatte, Stacy zu heiraten, würden sie schon klein beigeben und schließlich ebenso liebevoll in ihn vernarrt sein wie in sie. Erst als Stacy sie drängte, sofort mit ihm zu fliehen, kamen ihr einige der geringeren Einwände zu Bewußtsein, die gegen ein Durchbrennen sprachen. So etwas wie Abendgesellschaften war natürlich ganz unwichtig: Stacy sagte es, und das stimmte auch. Aber für zwei unverheiratete Damen, die seit Jahren zu den

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