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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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würde – wenn nicht sofort, so doch bestimmt dann, wenn sie von den Wirkungen des Ehestandes erfaßt werden würde. Es wurde ihm jedoch rüde klargemacht, daß keine Zeit zu verlieren war, um sich aus seinen Verlegenheiten herauszuwinden. Er hatte gehofft, Fanny am Tag nach der verdammten Abendgesellschaft ihrer Tante zu entführen, sie jedoch hatte sich Influenza zugezogen, und jetzt konnte es Wochen dauern, bis sie sich wohl genug fühlte, ein Durchbrennen auch nur in Betracht zu ziehen. Auch konnte er nicht sicher sein, daß er sie, sobald sie einmal gesund war, zu dem springenden Punkt überreden konnte. Es hatte vielen Schmeicheins bedurft, um ihr unerwartetes Zurückschrecken vor einer Hochzeit in Gretna Green zu überwinden – falls es ihm überhaupt gelungen war, was noch nicht feststand. Er hatte das zwar angenommen, aber bei der Abendgesellschaft hatte sie ihn fast zurückgestoßen. Es schien nur zu wahrscheinlich, daß er noch mehr kostbare Zeit würde verschwenden müssen, um sie wieder in seinen Bann zu bringen.
    Falls jedoch Mrs. Clapham wirklich im uneingeschränkten Besitz eines schönen Vermögens war und sie durch die Aufmerksamkeiten eines stattlichen Mannes von Geburt und modischer Feinheit hingerissen werden konnte – noch dazu eines Mannes, dem ein in jedem »Führer durch Berkshire« erwähnter, wenn nicht sogar eingehend beschriebener Herrensitz gehörte –, dann würde es Badbury, seinem Sachwalter, nicht unmöglich sein, Stacys Gläubiger zu überreden, ihm noch weitere Wochen Gnadenfrist vor der Einleitung des Konkursverfahrens zu gewähren. Im Fall der Mrs. Clapham würde ein kostspieliges Durchbrennen nicht in Frage kommen – und das war ein Vorteil. Denn die Eigentümer des alteingeführten Hauses, mit dem Stacys Familie seit undenklichen Zeiten ihre Bankgeschäfte abgewickelt hatte, wiesen betrübt, aber unerbittlich darauf hin, daß sie, falls Stacy seine Schulden bei ihnen nicht sehr wesentlich verringern konnte, gezwungen wären, keinerlei weitere Schecks anzuerkennen. Mrs. Clapham war nicht minderjährig, und die Bekanntgabe seiner Verlobung mit ihr, gekoppelt mit der Verständigung Badburys über ihre Vermögensverhältnisse, würde genügen, um seine Gläubiger hinzuhalten.
    Stacy war sicher, daß die Eroberung der Mrs. Clapham nicht schwer sein würde. Er hatte sofort die Einladung in ihren Augen und den Blick, der Bewunderung verriet, erkannt; und was sie in ihrer arglosen Art bereits enthüllt hatte, informierte ihn, daß das von ihrer Witwenschaft erzwungene schickliche Verhalten sie herzlich langweilte. Sie mochte ja die Tochter und Hinterbliebene achtbarer Handelsleute sein, aber die Erfahrung machte es Mr. Stacy Calverleigh leicht, an ihr die Zeichen der Zugänglichkeit zu entdecken.
    Es war möglich, daß sie bloß auf Suche nach Ablenkung nach Bath gekommen war und daß sie, als sie ihm jenen schmachtenden Blick unter ihren geschwungenen Wimpern zugeworfen hatte, nichts Ernsteres als einen Flirt im Sinn hatte. Er hielt dies jedoch für unwahrscheinlich.
    Sie mochte die Instinkte eines leichten Mädchens haben, aber seinem Urteil nach stammte sie von Eltern der Mittelklasse ab und war viel zu durchdrungen von den langweiligen halbvornehmen Vorstellungen, die bei den deprimierend und bedauerlich an Zahl zunehmenden Angehörigen dieser Klasse vorherrschten, um das Hofmachen eines jeden Herrn zu ermutigen, der nicht imstande oder nicht bereit war, ihr die Sicherheit der Ehe anzubieten.
    Er hätte es natürlich vorgezogen, an ein Frauenzimmer seines eigenen Ranges gefesselt zu werden, aber die Anforderungen seiner Lage machten es ihm unmöglich, allzu wählerisch zu sein. Sie schien jedenfalls ein einfaches Geschöpf, das zu dem äußeren Schein einer Frau von Stand erzogen werden konnte. Ihre Einfalt hatte sie nach Bath geführt, was ein Glück, gleichzeitig aber auch etwas heikel war. Wenn er die zahlreichen Bekanntschaften, die er in Bath geschlossen hatte, an sich vorbeiziehen ließ, entdeckte er keinen Rivalen unter ihnen. Seit Wochen jedoch hatten nun die Einwohner interessiert seine Werbung um Fanny beobachtet, und wie wenig er auch die Kritik von Damen wie Mrs. Ancrum oder Lady Weaversham beachten mochte, so würde er doch in der Tinte sitzen, wenn diese entschlossene Jagd nach Fanny Mrs. Clapham zu Ohren käme. Falls er es der Mühe wert fand, seine Aufmerksamkeiten auf sie zu übertragen, dann würde er gezwungen sein, einen Weg aus einer offenkundig peinlichen

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