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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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bescheidenes Auskommen investierte, wie das Mrs. Clapham vielleicht auch tat: sich stilvoll herauszuputzen und einen mondänen Kurort zu besuchen, in der Hoffnung, einen passenden Freier anzulocken und einzufangen. Nicht daß Bath als Kurort noch letzter Schrei gewesen wäre, aber sehr wahrscheinlich wußte sie nicht, daß seine Besucher heutzutage nur selten schicke Junggesellen, sondern zum größten Teil ältliche Herrschaften waren, die wegen des milden Klimas hier überwinterten; oder Kranke, die zu einer Trink- oder Bäderkur herkamen. Andererseits schien die Anstellung eines Reisemarschalls und eines Lakaien, nicht zu erwähnen ihr Beharren darauf, ihr Bett mit eigenem Bettzeug auszustatten, luxuriös zu sein; und die Anwesenheit eines Drachen wie dieser Gesellschafterin unterstützte den Verdacht nicht, daß sie ein ehrgeiziges Frauenzimmer auf Männerfang wäre. Auch ihre Kleidung nicht, die zwar teuer, aber unauffällig war. Er erinnerte sich, daß sie große Perlentropfen in den Ohren trug und um den Hals eine Perlenkette, die, falls es echte Perlen waren, den verstorbenen Mr. Clapham einen hübschen Batzen gekostet haben mußten. In jenen Tagen aber war man nie sicher: die überzeugendsten Perlen konnten aus Glas und Fischschuppen hergestellt werden. Er hatte selbst einmal eine dieser nachgemachten Ketten gekauft, um dem Frauenzimmer Freude zu machen, das damals gerade von ihm ausgehalten wurde, und der Glanz jener falschen Perlen hätte jeden, außer einen Juwelier, irregeführt.
    Er entschied bei seinen kalten Überlegungen über Mrs. Clapham, daß er alles daransetzen mußte, sich bei ihrer Gesellschafterin beliebt zu machen, und bezweifelte seine Fähigkeit dazu nicht: ältliche Frauenzimmer – siehe Miss Wendover! – konnte man nicht leicht anschwindeln. Es würde nicht schaden, Mrs. Winkworth um den Finger zu wickeln; und wenn er sich überzeugen konnte, daß Mrs. Clapham wirklich so reich war, wie es den Anschein hatte, dann würde es sogar äußerst wichtig sein, es zu tun.
    Eine zweite Möglichkeit fiel ihm ein: Allzuhäufig war der von einer Witwe ererbte Reichtum derart fest gebunden, daß sie genausogut hätte arm sein können. Vor nicht langer Zeit war er haarscharf daran vorbeigerutscht, völlig angeschmiert zu werden. Um Haaresbreite hätte er sich um die Hand einer Witwe in ausgezeichneten Verhältnissen beworben, nur hatte er entdeckt, daß der größere Teil ihrer schönen finanziellen Unabhängigkeit ihr verlorengegangen wäre, wenn sie zum zweitenmal geheiratet hätte. Da war er noch sehr knapp davongekommen, und er hatte vor, sich gut vorzusehen, daß er kein zweitesmal eine solche Gefahr herausforderte.
    Bei diesen Erwägungen wurde Fanny nicht vergessen. Wäre Fanny großjährig gewesen, dann hätte er keinen Augenblick lang Mrs. Claphams Anspruch auf seine Aufmerksamkeit erwogen, denn obwohl er (wenn es ihm möglich gewesen wäre, nur seine Neigung sprechen zu lassen) keine so feurige und eigenwillige junge Frau wie Fanny gewählt hätte, so war sie doch ein reizendes Geschöpfchen, und eine Heirat mit ihr würde viel dazu beitragen, ihn in den Augen der Gesellschaft zu rehabilitieren. Die Wendovers zählten nicht zu den Angehörigen der höchsten Kreise, hätten es jedoch vermocht, wenn es ihr Wunsch gewesen wäre. Die Familie, die zwar nicht auf eine so lange Ahnenreihe zurückblickte wie die Calverleighs, war von unbezweifeltem Adel und seit langem in der Grafschaft Bedfordshire ansässig. Sie besaß äußerst einflußreiche Verwandte hohen Ranges. Wenn Mr. James Wendover, dem nichts am Stadtleben lag, durch seine Gattin gleich vornehmer Abstammung gezwungen wurde, für das Debüt seiner ältesten Tochter ein Haus in London zu mieten, dann würde es keiner Mühe seinerseits bedürfen, Miss Albinia in die ersten Kreise einzuführen. Jedermann kannte die Wendovers, und eine überraschend große Anzahl vornehmer Personen bekannte sich zu irgendeinem Grad der Verwandtschaft mit dieser Familie. Leichtfertige Leute mochten sich ja über die Vorurteile Mr. James Wendovers lustig machen, aber man konnte sich darauf verlassen, daß eine Heirat mit seiner Nichte, der Erbin von Amberfield, den Bräutigam rehabilitieren würde.
    Aber Fanny war nicht großjährig. Stacy war genügend über ihren Onkel informiert, um ziemlich sicher zu sein, daß dieser aus Angst vor einem Skandal ihre heimliche Heirat verzeihen und Fanny zumindest in den Besitz des Einkommens aus ihren Besitzungen setzen

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