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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Loyalität auf eine harte Probe. Jetzt ermittelte er nicht nur gegen Julian Kendish, den sein Boss persönlich eingestellt hatte, sondern sogar gegen dessen allgegenwärtigen Schatten. Im angloamerikanischen Sprachraum war der Spitzname »Jack« für John weit verbreitet. Aber manchmal wurde er auch an Stelle des Rufnamens James benutzt.
    James und Jack Jordan konnten nicht ein und dieselbe Person sein. Zu der Zeit, als das Foto von der Anglergesellschaft geschossen worden war, musste der eurasische Riese aus der Vorstandsetage noch auf Bäume geklettert sein. Nicht als Australopithecine, sondern als Naseweis, wie auch er, Darwin, Anfang der 1980er einer gewesen war.
    Eine andere Tradition, die nicht nur in England gepflegt wurde, war das Weitergeben des Rufnamens vom Vater an den Sohn. Die gestohlenen oder gefährdeten Bilder, mit deren Erschaffern sich Darwin in letzter Zeit so intensiv beschäftigt hatte, waren das beste Beispiel dafür: Lukas Cranach »der Ältere«, Hendrick van Baien »der Ältere« – längst sprach man von »Senior« oder »Junior«, wenn Vater und Sohn unterschieden werden sollten.
    Hatte James Jordan sich um das Anhängsel »jun.« drücken wollen und sich deshalb Jack genannt?
    Endlich erreichte Darwin das ArtCare Building in der City. An der Schranke zum Parkhaus meldete sich der Sicherheitsdienst.
    »Wir haben für Sie eine Mitteilung vom Chef, Mr Shaw.«
    »Von Dr. Cadwell?«
    »Ja. Er hat, kurz nachdem Sie das Haus verließen, angerufen und ausrichten lassen, dass er Sie dringend sprechen muss, wann immer Sie zurückkehren.«
    »Arbeitet er denn noch?«
    »War die Frage ernst gemeint?«
    »Vergessen Sie’ s. Ich schaue gleich im Siebten vorbei.«
    Mit quietschenden Reifen fuhr Darwin im Parkhaus auf die den Poolcars vorbehaltenen Stellplätze und eilte im Laufschritt zum Lift. Mit seiner Zugangskarte konnte er zwar direkt in die Büroetagen fahren, aber nach der Kernzeit wurden die Fahrstühle von der Security überwacht. Er ignorierte trotzdem den Hinweis des Wachmannes und drückte zuerst den Knopf für den fünften Stock.
    Kurz darauf saß er an seinem Schreibtisch und suchte aus dem persönlichen Adressverzeichnis eine Telefonnummer heraus. Hoffentlich erwische ich ihn, dachte er und wählte.
    »RMP Byrne?«, meldete sich eine männliche Stimme.
    »Gott sei Dank, du hast Spätschicht«, sagte Darwin erleichtert.
    »Wenn Sie himmlischen Rat brauchen, dann müssen Sie eine andere Nummer wählen«, erwiderte Stuart Byrne. Die zwei waren das, was man im Militärjargon als »alte Kameraden« bezeichnete. Sie hatten drei gemeinsame Jahre bei den Redcap Rats of Hohne gedient und waren dann gleichzeitig zur Militärpolizei übergewechselt, wo sie ein paar aufregende Jahre als »Starsky & Hutch der RMP« erlebten. Nach dem Rauswurf des alten Kommandeurs der Einheit hatte Stuart den Posten bekommen.
    »Immer noch der alte Frotzel er, was?« Darwin freute sich, die Stimme seines mit Feuer und Wasser getauften Freundes zu hören.
    »Dass du dich noch traust, bei der heiligen Royal Military Police anzurufen. Trinken wir wieder mal ein Bierchen zusammen?«
    »Sind doch erst letzten Monat durch die Pubs gezogen.«
    »Ich hab aber schon wieder Durst.«
    »Okay, betrachte dich als eingeladen. Ich brauche deine Hilfe, Stuart.«
    »Hört es sich nur so an, oder kl ingt deine Stimme tatsächlich so ernst?«
    »Erinnerst du dich an James Jordan?«
    »Der Arzt, den du beim Fixen erwischt hast?«
    »Genau den meine ich. Könntest du für mich seinen militärischen Werdegang recherchieren? «
    »Verstehe ich dich richtig? Ein Zivilist fragt mich nach geheimen Informationen der Royal Army?«
    »Mach dir nicht gleich in die Hose, Stuart. Du hast bestimmt von den Museumseinbrüchen gehört.«
    »Sag bloß, die hast du jetzt an der Backe?«
    »So ist es. Ich brauche deine Hilfe, Stuart. Früher haben wir auch mit zivilen Ermittlern zusammengearbeitet.«
    »Ja, mit der Polizei. Nicht mit Privatdetektiven.«
    »Ich bin kein Privat-, sondern ein Versicherungsdetektiv, wie du dich erinnern magst. In der Referenzliste von ArtCare stehen so bedeutende Kunstwerke wie Da Vincis Mona Lisa oder Michelangelos David. Wir zwei haben früher schließlich auch das Kulturerbe der Menschheit beschützt. Denk an den Irak. Hier steht weit Größeres auf dem Spiel.«
    »Ich kann dir keine komplette Akte aushändigen, Darwin. Das weißt du so gut wie ich.«
    »Dann beantworte mir wenigstens ein paar Fragen.«
    »Was willst du

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