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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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wissen?«
    »Jordan war Stabsarzt, ein hohes Tier. Wo hat er sich seine Lorbeeren verdient? «
    »Warte mal.«
    Darwin hörte das Klappern einer Computertastatur. Wer einmal bei der RMP aktenkundig wurde, den vergaßen die elektronischen Gehirne nicht so schnell. Nach erstaunlich kurzer Zeit meldete sich Stuart wieder.
    »Also du weißt noch, dass wir ihn in Lisburn erwischt haben?«
    »Genau. Als Chef des Army Medical Service von Nordirland.«
    »Er hat einen Großteil seiner Laufbahn dort im Hauptquartier bei Belfast verbracht. Wechselte 1986 dahin. Wurde Chefarzt im Militärkrankenhaus.«
    »Was hat er davor gemacht? «
    »Seltsam…«
    »Sprich mit mir, Stuart!« Darwin konnte es vor Ungeduld kaum noch aushalten.
    »Für die Jahre von 1978 bis ‘85 steht da : Spezielle Verwendung . Du weißt, was das bedeutet.«
    »Ein Geheimeinsatz? Was hat ein Arzt in einem Geheimeinsatz zu tun?« Unwillkürlich sprach er leiser.
    »Was weiß ich! Dafür kann es tausend Gründe geben. Vielleicht hat ihn der MI6 ausgeliehen, um mit einem anderen Mediziner in Kontakt zu treten.« Obschon der Nachrichtendienst aus historischen Gründen Military Intelligence (Section) 6 hieß, widmete er sich im Namen Ihrer Majestät längst auch kommerziellen Heimlichkeiten.
    »Na schön. Wie sieht’s vor 1978 aus?«
    »Da war unser Captain MO in Hongkong.« Das Kürzel stand für medical officer, also für einen Stabsarzt.
    Ein Prickeln durchlief Darwins Körper, als hätte er sich gerade an ein Stromkabel angeschlossen. »Hongkong? Steht in der Datenbank auch was von Kindern? Vielleicht einem Sohn?«
    »Bist du neuerdings unter die Hellseher gegangen? Jordan hat in Hongkong die naturalisierte Chinesin Han Wang geehelicht. Aus ihrer Verbindung ging John Jordan hervor.«
    »Nicht Jack?«
    »Hier steht John. Aber er könnte inzwischen auch unter einem Spitznamen bekannter sein als unter dem urkundlich eingetragenen.«
    »Das passt!«, murmelte Darwin.
     
     
    Die Fahrstuhltüren glitten auseinander, und er trat in das makellos spiegelnde Reich des Herrn von ArtCare. Enttäuscht nahm Darwin den verwaisten Platz von Reena Baker zur Kenntnis. Der General hatte die Sekretärin tatsächlich nach Hause geschickt. Unfassbar!
    Hinter der geätzten Glaswand mit den klaren Streifen, die für Durchblick sorgen sollten, bemerkte Darwin eine Bewegung.
    »Guten Abend, Jack.« Er widerstand dem Verlangen, Jordan ein paar Fragen zum Vorleben seines Vaters zu stellen. Irgendwie beschlich ihn das Gefühl, es sei besser, die mögliche Verbindung zwischen Alex Daniels’ Adoptiwater und Cadwells Leibwächter vorerst für sich zu behalten.
    »Wie wär’s mit ein paar Lockerungsübungen, bevor Sie vor den Chef treten, Provost Marshal Shaw?«, fragte der Bodyguard, ohne hinter seinem Sichtschutz hervorzutreten.
    »Nein, danke, ich habe mir heute schon den Rücken verrenkt.«
    »Schade. Dann gehen Sie mal rein. Der Chef kann’s kaum erwarten, Sie zu sehen.«
    »Wie ist seine Laune?«
    »Würde sagen, ein gutes Stück unter dem Gefrierpunkt.«
    »Danke, Jack. Sie machen mir wirklich Mut.« Darwin wandte sich der schallisolierten Doppeltür zu, drehte sich aus einer plötzlichen Eingebung heraus dann aber noch einmal um. »Kannten Sie eigentlich Julian Kendish? Privat, meine ich.« Überrumpelung ist manchmal die beste Taktik, dachte er sich.
    »Wieso?«, fragte Jordan misstrauisch, um dann böse hinzuzufügen: »Was geht Sie das an?«
    »War nur mal ‘ne Frage.« Irgendwo musste es da eine Verbindung geben. Jack hatte es zumindest nicht abgestritten. Aber was besagte das schon? Darwin war genauso schlau wie vorher. Er drehte sich wieder um und vollzog den überflüssigen Ritus des Anklopfens. Dann trat er ein.
    »Kommen Sie!«, rief Cadwell, ehe sein Mitarbeiter ganz im Raum war. Wie gewöhnlich telefonierte er. Mit Gesten dirigierte er den Ankömmling zum Konferenztisch.
    Das Gespräch dauerte noch einige Minuten. Darwin schritt, die Hände im Rücken ineinander gelegt, einige der Figuretten ab, mit denen sein Chef sich umgab: kleine Männer und Frauen im Stile antiker Akte. Perfekte Körper. Es hieß, Cadwell persönlich habe die eine oder andere Plastik geschaffen. Sein Talent und sein Sachverstand waren jedenfalls unumstritten. Er hatte an der Londoner Slade School of Fine Art Kunst studiert. Endlich legte Cadwell auf und bedeutete Darwin mit einer Handbewegung, Platz zu nehmen. Er wirkte gestresst, aber nicht wie jemand, der jeden Moment zu einer reißenden

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