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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Darwin.
    Marinelli drückte ein Taschentuch an ihre Lippen, als müsse sie sich jeden Augenblick übergeben. Mit bebender Stimme antwortete sie: »Ich habe nur vom Eingang aus einen Blick in die Galleria dei Prigioni geworfen und kurz mit Comandante Mello gesprochen. Er sagte, der Terrorist habe sich in die Luft gesprengt, als Signor Shaw ihn vom David zurückdrängen wollte.«
    »Aber… was ist mit Darwin, ich wollte sagen, mit Mr Shaw? Ist er verletzt? «
    Marinelli schüttelte traurig den Kopf. »Ich habe nur Trümmer gesehen. Überall war Blut und…« Sie würgte. Hastig presste sie sich wieder das Taschentuch auf den Mund.
    Alex starrte die völlig verstörte Frau entsetzt an. Sie wollte nicht wahrhaben, was die Direktorin nur allzu deutlich durchblicken ließ. Bevor der Carabiniere an ihrer Seite reagieren konnte, lief sie zum Eingang der Akade mie. Hinter sich hörte sie Mari nellis Rufen.
    »Gehen Sie nicht da rein, Ms Daniels! Der Anblick ist nichts für schwache Nerven.«
    Alex ignorierte sie. Sie wollte Gewissheit haben. Darwin konnte nicht tot sein, er durfte nicht tot sein… Warum nur empfand sie so starke Gefühle für diesen Mann?
    Im Eingangsbereich traf sie auf Alessandro Mello. Sie hatte den korpulenten Einsatzleiter kurz gesehen, nachdem sie aus ihrer Ohnmacht wiedererwacht war. Seine Uniform mit den roten Streifen an den Hosenbeinen wirkte nach wie vor makellos, seine Mütze saß perfekt, aber sein Gesicht war aschfahl. Als er sie bemerkte, versuchte er sie aufzuhalten.
    »Aber ich muss da rein«, beharrte sie einmal mehr.
    Nun schüttelte auch er den Kopf, wie es zuvor Franca Mari nelli getan hatte. »In Ihrem eigenen Interesse, Ms Daniels: Ersparen Sie sich das. Mr Shaw ist…«
    Mehr hörte Alex nicht, denn sie hatte nun auch den ranghöchsten Polizisten vor Ort stehen lassen. Geradewegs lief sie in die Galleria dei Prigioni hinein.
    Der Korridor bot ein Bild der Verwüstung. Offenbar hatte es gebrannt, denn sie sah weiter vorne bei den Rundbogen undeutlich rußgeschwärzte Säulen. Außerdem vermeinte sie mehrere Blutlachen auszumachen. Auch an den Wänden klebten Spritzer, als hätte jemand rote Farbbeutel daran zerplatzen lassen. In der Nähe dieser Flecken lagen weiße Plastikplanen auf dem Boden, die offensichtlich etwas abdeckten, dessen Anblick man unvorsichtigen Besuchern dieses Chaos ersparen wollte. Vieles erahnte Alex mehr, als dass sie es deutlich erkannte, denn ein Schleier aus Staub und Rauch erschwerte die Sicht.
    Rasch lief sie weiter die Galerie entlang, vorbei an den »Gefangenen«, Polizisten und Sanitätern. Unter ihren Füßen knirschten die Reste abgebrochenen Putzes und kleinere Trümmerteile. Aus dem Gewölk des Unglücks schälte sich ein kolossaler Schemen hervor.
    Es war der David.
    Also hatte Darwin das »Gehirn« aufhalten können. War es Theo, dessen Reste hier überall zerstreut lagen? Alex entsann sich der Figur mit den verbundenen Augen, die sie in seiner Werkstatt entdeckt hatte. Sie wusste, die Statuette stellte ein anderes Mitglied der »Familie« dar, aber ihr fiel der Name nicht ein. Schon gar nicht hier, wo ihre Sinne und Gefühle mit den furchtbarsten Eindrücken gepeinigt wurden.
    Zu ihrer Linken bemerkte sie eine weitere Plane. Sie verbarg nur stümperhaft, was sich darunter befand – eine Hand ragte hervor, rohes, halb verkohltes Fleisch. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. War das Dar…?
    »Alex!«
    Der verhaltene Ruf kam von rechts. Sie fuhr herum, und im Nu holte ihr Herz den versäumten Schlag vielfach nach. Zwischen einer. Säule und einem Marmorblock saß Darwin, den Rücken an die Wand gelehnt. Sein rechter Arm war bandagiert und hing in einem Tuch. Bei ihm kauerte ein weiß gekleideter Mann, vermutlich der Notarzt.
    Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Er lebte! Tränen unsagbarer Freude sch o ssen ihr in die Augen. Schnell lief sie zu ihm und ließ sich an seiner freien Seite auf die Knie sinken. Ehe sie sich dessen gewahr wurde, hatte sie ihn auch schon umarmt.
    »Au! – Au! Nicht so fest«, beschwerte er sich. Jetzt erst begriff Alex, was sie gerade getan hatte, und ging rasch wieder auf Abstand. Dabei bemerkte sie, dass auch Darwin geweint hatte. Auf den Rettungshelfer mussten sie wie ein Liebespaar wirken, das sich verloren geglaubt und doch wiedergefunden hatte.
    Der Arzt, ein dunkelhaariger Mittvierziger mit großer Hakennase, zwinkerte ihr zu und erklärte: »Ehe Sie fragen: Unser Held muss einen Glücksengel haben. Außer der

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