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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Motive zu unterstellen, man schimpft dich einen zurückgebliebenen Narren und stellt deine Zurechnungsfähigkeit in Frage.«
    »Fehlt eigentlich nur noch, dass man mich als Gefahr für die Gesellschaft verfemt.«
    »Vielleicht kommst du ja drum herum, wenn du der Öffentlichkeit klar machen kannst, dass ich dich verführt habe.«
    Darwin hob zu einer Antwort an, zögerte aber, als er in ihre violetten Augen sah. Es waren die gleichen, die er letzte Nacht im Schein der Polizeilampen gesehen hatte. War er zu etwas gezwungen worden, das er nicht wollte? Er schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht wie die anderen. Wenn jemand eine gegenteilige Meinung vertritt, dann höre ich sie mir an. Ich finde vieles von dem, was du sagst, vernünftig.«
    »Danke.«
    »Natürlich habe ich meinen eigenen Kopf.«
    »Schon klar. Winston Churchill meinte mal: › Wenn zwei Menschen immer dasselbe denken, ist einer von ihnen überflüssig .‹ Ich möchte nicht, dass du für mich überflüssig bist, Darwin.«
    Ein Kribbeln lief über seinen Nacken und den Rücken hinab. Ihr intensiver Blick verwirrte ihn. Er suchte verzweifelt nach Worten, um etwas auszudrücken, das er selbst nicht verstand. »Als du mich gestern umarmt hast… Ich wollte sagen… Das war okay.«
    Ihre funkelnden Augen verunsicherten ihn einige weitere Sekunden, bis überraschend ein kleines Lächeln ihre Lippen umspielte. »Übrigens habe ich über Mellos Verdächtigungen nachgedacht. Irgendwie kann ich ihn auch verstehen.«
    »Was soll denn das jetzt?«
    »Willst du abstreiten, dass Theo die Einbrüche nur mit dem Wissen von ArtCare durchführen konnte?«
    »Nein«, knirschte er. »Willst du länger abstreiten, dass Theo das › Gehirn ‹ ist? Seit gestern Nacht verplapperst du dich nämlich pausenlos.«
    »Das wusstest du doch sowieso schon. Spätestens, seit ich dir sagte, er wolle dich töten. Jetzt hat er’ s versucht. Damit ist unsere Vereinbarung hinfällig.«
    »Du hast mit Theo eine Vereinbarung…?«
    Es klopfte an der Tür des Krankenzimmers. Sie öffnete sich. Ein dunkelhaariger Mann mit kantigem Gesicht und Schnurrbart trat ein. Er trug einen schlammgrünen Trenchcoat und darunter einen schokoladenbraunen Anzug. Darwin schätzte den Besucher auf Anfang fünfzig. Als der Fremde näher kam, erschien hinter ihm eine zweite Gestalt. Es war Comandante Allessandro Mello.
    Die beiden nahmen Aufstellung am Bett, gegenüber von Alex. Der hochrangige Offizier der Cara binieri Tutela Patrimonio Cultu rale stellte seinen Begleiter als Commissario Carlo Pieri vor.
    »Ich möchte mich gerne ein wenig mit Ihnen unterhalten«, übernahm selbiger dann auch gleich das Gespräch. Sein Englisch war besser verständlich als das des Comandante. Darwin wechselte einen Blick mit Alex.
    Pieri erriet wohl, was in den Köpfen der beiden vor sich ging, denn er fügte rasch hinzu: »Betrachten Sie es bitte nicht als Verhör, sondern als eine zwanglose Unterhaltung. Ich habe nichts dagegen, wenn Ms Daniels hier bleibt.«
    »Zu gütig von Ihnen. Könnten Sie bitte etwas lauter sprechen? Die Rettung Ihres Kulturerbes hat mein Trommelfell lädiert«, erwiderte Darwin kühl. Allein die Anwesenheit des Zivilbeamten war für ihn schon Zwang genug.
    Der Commissario überhörte den abweisenden Ton. Seine Miene blieb neutral. Vernehmlich fragte er: »Haben Sie mit irgendjemandem über die neuen Sicherheitsmaßnahmen in der Galeria dell’Accademia gesprochen, Mr Shaw?«
    Darwin spürte, wie sich sein Magen verkrampfte. »Welchen Vergehens wollen Sie mich eigentlich verdächtigen?«, knurrte er.
    »Ich möchte lediglich ein paar Unklarheiten aus der Welt räumen. Bitte beantworten Sie meine Frage, Mr Shaw.«
    »Dr. Martin Cadwell. Mit ihm habe ich telefoniert. Übrigens auch gestern Nacht nach dem Anschlag.«
    Mello sprach leise etwas in Pieros Ohr, das wohl die Funktion des Vorstandsvorsitzenden präzisierte. Der Kommissar nickte und wandte sich wieder Darwin zu.
    »Wir finden einiges von dem, was gestern Abend in der Galleria dell’Accademia geschehen ist – wie soll ic h mich ausdrücken –, merkwürdig. Ehrlich gesagt, verstehen wir nicht ganz Ihre Rolle in der Inszenierung.«
    »Bitte was?«
    »Sie sagten Comandante Mello, es habe einen erbitterten Kampf gegeben. Seine Männer dagegen berichteten von einem – ich zitiere – › beinahe einvernehmlichen Abschied ‹. Warum hat die Täterin nicht die Deckung der Säulen benutzt, um näher an den David heranzukommen und dann erst die Bombe

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