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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Hauptverdächtigen in der Einbruchsserie, entführt worden bin. Er hat mir in seinem Haus ausführlich seine Vorstellungen und Gedanken ausgebreitet.«
    Jetzt staunte sogar Darwin. »Davon hast du mir gar nichts…«
    Sie sah ihn traurig an. »Er hatte gedroht, dich umzubringen.« Sich wieder an Piero wendend, fügte sie hinzu: »Mr Kendish erklärte mir, am Schluss werde niemand mehr leugnen können, wie verletzlich die von Menschen geschaffene so genannte Vollkommenheit in Wirklichkeit sei. Und das Ziel hat er, wie Mr Shaw eben bereits deutlich ausführte, erreicht.«
    Mellos Miene war anzusehen, dass sein Generalverdacht gegen die englischen Gäste sich nun auf die blonde Publizistin fokussierte. Er öffnete den Mund, doch ehe er eine neue Verdächtigung aussprechen konnte, klopfte es abermals an der Tür.
    »Herein«, rief Darwin.
    Ein schmächtiger Mann im grauen Nadelstreifenanzug trat ein. Sein todernstes Gesicht war unten breiter als oben, die quer über den Kopf drapierten, aschblonden Haare nur noch rudimentär vorhanden und die Tränensäcke markant. Er trug ein blaues Hemd mit weißem Kragen, dazu eine rote Clubkrawatte und ein distinguiertes Gesicht. Als Darwin den Stockschirm in der Rechten des Besuchers bemerkte, zweifelte er kaum noch, einen Landsmann vor Augen zu haben.
    »Guten Morgen«, sagte der distinguierte Herr mit nasalem Organ. »Mein Name ist Charles Gordon Hardstone. Ich bin Kulturattache im hiesigen britischen Konsulat und suche Mr Darwin Shaw.«
    »Gratuliere. Sie haben ihn gefunden«, sagte selbiger aus dem Bett.
    Hardstone trat näher. Trotz seiner unterentwickelten Statur schaffte er es, den eher grobschlächtig gebauten Commissario zur Seite zu drängen; den kleinen Korporal räumte er dabei gleich mit aus der Bahn.
    »Die britische Regierung schickt mich, um Ihnen für Ihren heldenhaften Einsatz zur Rettung eines unschätzbaren Weltkulturerbes zu danken«, erklärte der Diplomat. Dabei zwinkerte er mit dem den Polizisten abgewandten Auge, was Darwin einigermaßen irritierte. Anschließend wandte er sich Alex zu.
    »Außerdem bin ich angewiesen worden, Ihnen, Ms Daniels, eine Frage zu stellen.«
    Darwin war mindestens ebenso überrascht wie, dem Gesicht nach zu urteilen, seine Partnerin.
    Der Attache räusperte sich vernehmlich. »Wissen Sie, wo die gestohlenen Kunstwerke sind, Ms Daniels?«
    Die Angesprochene wirkte verunsichert. Darwin erwiderte ihren Hilfe suchenden Blick mit einem aufmunternden Lächeln. Er hatte sich selbst schon diese Frage gestellt.
    Alex benetzte ihre Lippen mit der Zunge. »Kevin Theodore Kendish hat mich in sein Haus verschleppt. Ob er die Gemälde dort aufbewahrt, weiß ich nicht; ich kann es nur vermuten.«
    »Es würde Ihrer Verteidigung sehr nützen, wenn Sie die Polizei zu dem Haus führten«, bemerkte Hardstone.
    »Das ist unmöglich«, sprang Darwin für seine Partnerin in die Bresche. »Der Kerl ist mit ihr über eine Stunde lang durch die Gegend gefahren, und die ganze Zeit über waren ihre Augen verbunden…« Er verstummte, als er plötzlich Alex’ Hand auf seiner Schulter spürte.
    Sie sah den Kulturattache aus unbewegter Miene an. »Ich führe Sie zu dem Haus.«
    Darwins Kinnladen sank herab. Verständnislos blickte er in die um sein Bett versammelten Gesichter. Alex wirkte auf eine erschreckende Weise friedlich. Pieros Stirn wies tiefe Verwerfungen auf. Mello grinste triumphierend.
    Und Hardstone erklärte schmunzelnd: »Lord Witcombe prophezeite, dass Sie etwas in der Art sagen würden.«

 
    Kapitel 25
     
     
     
    »Es wäre vollkommen vereinbar mit allem, was wir wissen, dass es ein Wesen gab, das für die Gesetze der Physik verantwortlich war.«
    Stephen Hawking
     
     
     
    ÜBER DER ENGLISCHEN KÜSTE,
    Montag, 22. Oktober, 20.20 Uhr
     
    Die Frachtschiffe auf dem Ärmelkanal waren funkelnde Sterne in einem Meer der Finsternis. Obwohl Alex in Hinsicht auf ihre nähere Zukunft voll unguter Ahnungen war, freute sie sich auf die Heimkehr nach London. Irgendwann würde sie auch wieder Florenz besuchen und den restaurierten David bewundern. Wenn alles vorüber war.
    Charles Gordon Hardstone, der angebliche britische Attache, hatte in den vergangenen Stunden wahr e Wunder vollbracht. Inzwischen zweifelte Alex kaum mehr daran, dass der gute Mann vom Geheimdienst sein oder über sonstige Mittel verfügen musste, die mit Kulturaustausch wenig zu tun hatten. Jedenfalls konnte er den italienischen Behörden überzeugende Argumente liefern, Darwin

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