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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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»Lächeln Sie, mein Freund, wie es sich für einen Helden gehört. Sie sagten doch, das Gebäude sei sicher.«
    »Ja, Mylord, allerdings…«
    »Jetzt lassen Sie uns ein bisschen Schadensbegrenzung betreiben«, ging ihm der Justizminister abermals dazwischen.
    McCauley hatte keine Ahnung vo n dem nächtlichen Treffen im Sel borne House und sah dementsprechend ratlos aus.
    Wie ein doppelköpfiger Komet durchquerten Witcombe und Cadwell den Flur des Landhauses. Dichtauf folgten Jack Jordan und ein weiterer Leibwächter, dann Darwin und Alex; den eigentlichen Schweif bildeten die Medienvertreter. Überwiegend herrschte gute Laune im Gefolge. Endlich konnten der Welt ihre schon verloren geglaubten Kunstschätze zurückgegeben werden.
    Bereits als Alex die von ihr geöffnete Tür durchquerte, merkte sie, dass etwas nicht stimmte. Die Männer vor ihr wirkten wie zu Salzsäulen erstarrt. Sie zwängte sich an ihnen vorbei – und erlitt einen Schock.
    Der Raum war zehn oder zwölf Yards lang und vielleicht acht breit. In ihm herrschte ein Zwielicht, wie man es von manchen Ausstellungen kannte – die Beleuchtung kam im Wesentlichen von den angestrahlten Exponaten. Den fünf Gemälden.
    Und den kleinen Monstern.
    Tatsächlich glich der Saal einem jener fragwürdigen Kuriositätenkabinette, wie man sie in früheren Zeiten auf Jahrmärkten finden konnte. Beiderseits eines Mittelgangs waren etwa zwanzig gläserne, effektvoll von unten beleuchtete Säulen aufgestellt. Darin schwammen, in klarer Flüssigkeit, Ungeborene. Sämtliche Föten waren missgebildet. Ja, es hatte den Eindruck, dass sie gerade wegen ihrer Abnormität in diese Sammlung aufgenommen worden waren.
    Alex sah Kinder mit zwei Köpfen, mit vier Armen, mit offener Wirbelsäule, mit Zyklopengesicht und anderen Anomalien, die zum Teil so grauenvoll waren, dass kein Horrorschriftsteller sie sich hätte ausdenken können. Jetzt verstand sie, warum einer der hartgesottenen Anti-Terror-Kämpfer sich hatte übergeben müssen.
    Längst waren die Kameraleute und die anderen Medienvertreter in den Raum gedrängt. Die »Freakshow«, wie sie ein anderer aus McCauleys Truppe genannt hatte, wurde direkt ins Frühstücksfernsehen übertragen. Alex konnte sich lebhaft ausmalen, wie den Zuschauern die Cornflakes im Halse stecken blieben. Die fünf gestohlenen Bilder zwischen den konservierten Proben menschlicher Experimentierfreudigkeit fielen vermutlich den wenigsten auf.
    Während der Lordkanzler in seiner Benommenheit wohl erst ahnte, was er da sah, hatte Martin Cadwell bereits seine Fassung zurückgewonnen.
    »Das ist geschmacklos. Schalten Sie sofort die Kameras aus«, verlangte er von den Fernsehjournalisten.
    Die dachten nicht daran.
    Erst die Autorität des Justizministers brachte sie zum Einlenken. Die schweren Kameras sanken am langen Arm herab.
    Während Alex sich noch wunderte, warum an dem Gerät des CNN-Mannes immer noch ein kleines rotes Lämpchen leuchtete, hallte plötzlich eine wohl vertraute Stimme durch den Raum.
    »Herzlich willkommen in Kendish’s Gallery of Curios, Gentlemen.«
    Zwischen den schimmernden Säulen trat eine schlanke Gestalt hervor.
    Es war Theo. Er trug eine Weste, die jenen der Spezialeinsatzkräfte verblüffend ähnlich war. Bis auf ein kleines Detail: einen Knebel über dem Herzen, den er fest umklammert hielt.
    Sofort richteten sich die Läufe von mindestens einem Dutzend Maschinenpistolen auf ihn. Alex bemerkte, wie links von ihr Jack Jordan unter sein Sakko griff, aber er förderte keine Pistole zu Tage, sondern ein Messer. Silbrige Kratzer auf der mattschwarzen Klinge reflektierten das Licht.
    Eine Hand legte sich auf Alex’ Schulter. Es war Darwins. »Sieh nicht dorthin!«, flüsterte er, aber sie hatte keine Ahnung, ob er das Kampfmesser des Leibwächters meinte.
    »Na, na, na!«, rief inzwischen Theo. »Wozu diese martialischen Gesten? Sie nützen Ihnen sowieso nichts. Ich trage eine Sprengstoffweste. Eine einzige Kugel da hinein, und wir sind alle Geschichte. Und selbst wenn Sie mir woanders hinschießen, wird meine erschlaffende Hand den Zündmechanismus auslösen. Also am besten, wir verhalten uns alle wie zivilisierte Leute.«
    Alex konnte die Unruhe der Anti-Terror-Kämpfer förmlich fühlen. Auch der Bodyguard des Lordkanzlers bewegte unruhig den Daumen an seiner Waffe. Die Situation drohte zu eskalieren.
    »Tun Sie, was er sagt!«, befahl Lord Witcombe barsch. Er stand am weitesten links im Raum.
    Rechts von Alex machte Colin

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