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Die Galerie der Nachtigallen

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Titel: Die Galerie der Nachtigallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Diener sich in den Geschäften
ihres Herrn auskennen?«
    »Brampton hat es
anscheinend versucht«, zischte Cranston und ging wieder zu
dem Bottich, um sich Wasser zu holen. »Es sieht so
aus«, bestätigte Buckingham honigsüß.
Athelstan starrte die Dienerschaft an. »Von denen erfahren
wir nichts weiter, Sir John«, sagte er leise.
    »Von mir auch
nicht.«
    Athelstan fuhr herum.
Ein rundlicher Mann mit schütterem Haar stand in der Tür.
Er sah einer Taube sehr ähnlich und trug einen dunklen
Wollmantel, der ein schweres, mit dunkelrotem Samt geschlitztes
Taftwams halb verdeckte. Athelstan sah eine grüne,
gefütterte Hose und auch die Silberschnallen auf den
zierlichen ledernen Reitstiefeln. Der kleine Kerl strahlte
aufgeblasenes Selbstbewußtsein aus. Er hielt das glatte, mit
Öl eingeriebene Gesicht leicht erhoben. Seine Nase ragte in
die Luft wie ein Schnabel. In einer Hand hielt der Mann einen
Spazierstock mit silbernem Knauf, in der anderen eine
Parfümkugel mit würzigen Nelken, die er sich hin und
wieder vor das Gesicht hielt.
    »Wer seid Ihr,
Sir?« fragte Athelstan.
    »Peter de
Troyes, Arzt.« Er sah Cranston an, und Abscheu lag in seinem
Blick. »Und Ihr müßt Sir John Cranston sein, der
Coroner der Stadt. Braucht Ihr meine Hilfe?«
    Der arrogante Arzt
lehnte sich gegen die Tischkante. Athelstan beobachtete Cranston
aufmerksam und mit angehaltenem Atem. Aus Erfahrung wußte er,
daß Sir John alle Ärzte haßte und die ganze Bande
am liebsten als einen Haufen Scharlatane aufgeknüpft
hätte. Cranston lächelte zuckersüß und befahl
Buckingham, die Diener fortzuschicken; dann ging er
schwerfällig zu dem Arzt und baute sich vor ihm
auf.
    »Jawohl, Doctor
de Troyes, ich bin der Coroner. Ich schätze Rotspon und einen
ordentlichen Becher vom spanischen Weißen, und wenn es nach
mir ginge, würde ich die Methoden und Tinkturen der Ärzte
dieser Stadt gründlich untersuchen.« Sein Lächeln
schwand, als de Troyes seinen rundlichen kleinen Brustkorb
herausstreckte. »Alsdann, Master de Troyes, Arzt - Ihr habt
den toten Sir Thomas untersucht?«
    »Jawohl.«
    »Und auch den
Becher, aus dem er getrunken hatte?«
    »Ganz recht, Sir
John.«
    »Und Ihr haltet
es für eine Mixtur aus Belladonna und Arsen?«
    »Ja, ja, genau.
Die Haut der Leiche war leicht bläulich, und der Mund roch
ranzig.« Er zuckte die Achseln. »Tod durch Vergiftung,
das war ganz offensichtlich.«
    Athelstan kam
herüber. Der Arzt sah ihn nicht einmal an zur
Begrüßung.
    »Trat der Tod
schnell ein?« fragte der Ordensbruder.
    »O ja, und
ziemlich lautlos. Ganz wie ein Anfall, und zwar zehn oder
fünfzehn Minuten nach Einnahme des Trankes.«
    »Meister
Medikus«, sagte Athelstan, »bitte erweist mir die
Höflichkeit, mich anzusehen, wenn ich Euch eine Frage
stelle.«
    De Troyes drehte sich
um, und seine Augen glitzerten boshaft. »Jawohl, Bruder. Was
gibt es denn?«
    »Gewiß
müßte Sir Thomas das Gift im Wein bemerkt haben? Ihr
habt es gerochen. Warum er nicht?«
    Der Mann schürzte
die Lippen. »Ganz einfach«, antwortete er
wichtigtuerisch. »Erstens hatte Sir Thomas schon tief ins
Glas geschaut.« Er warf Cranston einen verschlagenen Blick
zu. »Gift ist mit Wein gut zu kaschieren, und wenn in Magen
und Kehle schon genug davon ist, wird das Opfer niemals etwas
merken. Zweitens hat der Weinbecher die ganze Nacht hier
gestanden.« Er befeuchtete sich die Lippen. »Da konnte
der Geruch beißender werden.« »Und die Phiole,
die in Bramptons Truhe gefunden wurde, enthielt das gleiche
Gift?«
    »Ja. Eine
tödliche Mixtur.«
    »Wo kann man
dergleichen kaufen?«
    Der Arzt wandte den
Blick ab. »Wenn man genug Geld hat, Sir John, und die
richtigen Leute kennt, dann kann man in dieser Stadt alles und
jeden kaufen.« De Troyes erhob sich von der Tischkante.
»Habt Ihr sonst noch Fragen?« Cranston rülpste,
Athelstan schüttelte den Kopf, und der Arzt rauschte zur
Tür hinaus, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Sir Richard und die
anderen warteten im Söller. Athelstan sammelte Schreibtablett,
Papier und Federn ein und verstaute alles sorgfältig in seinem
Lederbeutel. Er hatte sehr wenig niedergeschrieben, aber
später würde er einen gründlichen Bericht aufsetzen.
Hastig ging er zu Sir John, der mit gespreizten Beinen leise
schwankend vor Lady Isabella stand und sie lüstern anglotzte.
Sie starrte frostig zurück.
    »Ich
glaube«, stellte Sir Richard ruhig fest, »daß Sir
John sich erst einmal ausschlafen muß. Vielleicht morgen,
Bruder?«

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