Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
erretten versuchst?«
Gott unterbrach seine Wanderung und verzog die Lippen aus einem Schmerz oder Zorn heraus, den Adom nicht erfassen konnte. Milcom erwiderte knapp: »Ihr Universum ist direkt mit dem Epagaels verbunden. Über unser Schicksal wissen sie nur sehr wenig.«
»Ich verstehe.«
»Hast du auch verstanden, was ich über Calas gesagt habe?«
»Ja. Ich… ich soll mich besonders um ihn kümmern.«
»Genau. Laß mich dir kurz erklären, warum das wichtig ist, dann muß ich wieder gehen.« Wieder schritt er auf und ab, diesmal jedoch schneller als zuvor. »Dank seines Namens kann Calas deinen Aufstieg zur neuen Macht der gamantischen Zivilisation beeinflussen.«
»Wird das der Verbreitung unserer Heilsbotschaft dienen, Herr?«
»Ja. Und wir haben nicht mehr viel Zeit. Deshalb ist es äußerst wichtig, daß du meine Anweisungen genau befolgst.«
»Das werde ich, Herr. Bitte sag mir, was ich tun soll.«
»Rachel ist der Schlüssel. Wenn sie kommt…«
»Rachel ist unterwegs?« fragte er atemlos und spürte, wie sein Herz schneller schlug. Er sehnte sich, sie bei sich zu haben, sie zu lehren, ihr Milcoms Botschaft der Erlösung zu verkünden und … und einfach mit ihr zu reden. Er wußte, daß seine zarten Gefühle für sie einem kindischen Teil seines Herzens entsprangen, doch er konnte nichts dagegen tun.
»Wenn sie kommt, dann sorge dafür, daß sie Ari Funk begegnet. Tue alles in deiner Macht stehende, daß sie einander mögen.« Milcom stieß einen schweren Seufzer aus. »Was vermutlich keine leichte Aufgabe sein wird.«
»Ich tue alles, was ich kann.«
»Noch eines, Adom. Funk und Callas sind nicht so naiv, wie sie scheinen. Merk dir das.«
»Was meinst du damit.«
Milcom durchbohrte ihn mit seinen glitzernden bernsteinfarbenen Augen. »Daß du sie genau im Auge behalten sollst. Sie können eine große Hilfe sein, doch sie können auch alles zum Einsturz bringen. Es kommt ganz darauf an, für welche Seite sie sich letzten Endes entscheiden.« Er machte eine nachdrückliche Handbewegung. »Setz deinen Wachhund Ornias darauf an, ihnen auf der Fährte zu bleiben.«
Adom nickte gehorsam. »Wenn du das für nötig hältst. Gibt es einen Grund dafür, Herr? Sind sie gefährlich?«
»Sagen wir mal, sie sind wichtig genug, um besondere Aufmerksamkeit zu verdienen. Aber sie werden dir nichts tun, Adom. Mach dir also darüber keine Sorgen.«
»Ich mache mir keine Sorgen. Ich weiß, daß du mich beschützt, Herr«, murmelte Adom liebevoll und richtete seinen bewundernden Blick auf Milcom. »Ich fürchte nichts, solange du für mich sorgst.«
Der kristallene Gott neigte den Kopf. Er verharrte so lange schweigend, daß Adom Angst bekam. Hatte er wieder etwas Falsches gesagt? Er biß die Zähne zusammen und warf sich insgeheim vor, dumm und unzulänglich zu sein. »Herr«, murmelte er leise, »ich weiß, daß ich nicht besonders klug bin. Strafe mich, wenn ich dich beleidigt habe.«
»Du beleidigst mich nie, Adom«, stieß Milcom hervor, und als er aufschaute, hätte Adom schwören können, in seinen Augen Tränen glitzern zu sehen. Gott kam rasch zu ihm herüber und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. Die Wärme sandte einen Schauer über Adoms Rückgrat. »Es liegt nicht an dir. Ich fühle mich … verraten. Menschen, die einst heimlich zusammen mit mir die Zerstörung gewählt haben, sind jetzt …«
»Wer, Herr?«
Milcom blickte stirnrunzelnd auf ihn hinab. »Kümmere dich nicht darum. Du würdest es doch nicht verstehen.« Er ließ die Hand sinken und schritt rasch zur gegenüberliegenden Wand. Dort hob er die Hände, und der schwarze Wirbel erhob sich und schien die steinerne Wand zu verschlucken, der er entsprang. »Ich werde versuchen, dich rechtzeitig zu warnen, bevor Rachel eintrifft.«
Er ballte die emporgereckten Hände zu Fäusten und entschwand in dem Zyklon aus Dunkelheit, der sich hinter ihm schloß.
Adom schaute blinzelnd auf die Wand, über die das Kerzenlicht tanzte, und erwiderte leise: »Danke, Herr.«
KAPITEL
17
Talo senkte den Kopf über das Shabbat-Mahl und betrachtete das harte Brot und den dünnen Haferschleim, während er seiner Nichte Myra lauschte, die die heiligen Gebete murmelte.
»Gesegnet seist du, o Ewiger, Herrscher des Universums, auf dessen Geheiß sich die Nacht herabsenkt, der in seiner Weisheit die Pforten des Himmels öffnet, der uns die Jahreszeiten schenkt und die Sterne am Firmament nach Seinem Willen wachen läßt. Er
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