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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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ließen sein Gesicht älter erscheinen, als es war. Als sie zum Lager zurückkehrten, bemerkte sie, wie Nahor und Kowitz mürrisch ihre Sachen zusammenpackten. Männer eilten geschäftig umher und brachen die Zelte ab.
    »Machen Sie sich um die Leute keine Gedanken«, murmelte Yoma leise. »Ich werde später mit ihnen reden. Erzählen Sie mir von dem Phantom, mit dem Sie gesprochen haben.«
    »Ich bin ihm schon früher begegnet.«
    »Ihm?«
    Während Sarah zum sternenübersäten Himmel aufsah, trug sie einen innerlichen Kampf mit sich selbst aus. Wie viel konnte sie enthüllen? Das hier waren einfache Leute aus den abgelegenen Gebieten Kayans. Sie wußten nur wenig von der gamantischen Philosophie. Für sie war Sarahs Vater eher ein Magier als ein Mensch gewesen, und seine Reisen durch das Mea kamen ihnen eher mythisch denn real vor. Doch andererseits … was würde geschehen, wenn sie ihnen nichts erzählte?
    »Wer, Sarah?«
    »Er ist ein Dieb.«
    »Ein Dieb? Was hat er gestohlen?«
    »Den Weg zur Erlösung.«
     
    Mikael Calas stand draußen vor den Zelten, die sie im Tal aufgeschlagen hatten, und schaute den steilen Pfad hinauf, den seine Mutter genommen hatte. Er konnte nur mühsam das Schluchzen unterdrücken, das ihm in der Kehle saß. Seine Tante war gestorben. Dann sein Großvater. Würde er morgen früh aufwachen und erleben müssen, daß jemand ihm sagte, auch seine Mutter sei tot?
    Er trottete durch das hohe Gras der Wiese, um den Pfad von einem anderen Blickwinkel aus zu beobachten. Vielleicht konnte er ja von dort aus seine Mutter noch sehen, wie sie den Berg erklomm. Doch sie war schon außer Sicht. Ein scharfer Schmerz bohrte sich in seinen Magen. In letzter Zeit fühlte er sich immer so müde und verängstigt.
    Die Magistraten waren schuld daran. Die Wut, die plötzlich in ihm aufflammte, überdeckte seine Furcht. Eines Tages, eines Tages würde er einen Krieg gegen sie anführen, so wie es sein Großvater während der gamantischen Revolte getan hatte. Er würde sie alle töten, und dann konnte sein Volk endlich Ruhe finden. Sie würden nie wieder ausgebeutet werden und hungern müssen. Sie könnten endlich in’ Frieden leben.
    »Mikael?«
    Er drehte sich um und sah seinen Onkel Mark neben ihrem Zelt stehen. Er war ein großer, dunkelhaariger Mann mit einem schwarzen Vollbart. »Das Abendbrot ist fertig. Komm her und iß.«
    »Ich komme sofort, Onkel.«
    »In Ordnung, aber bummel nicht herum. Wir möchten nicht, daß das Fleisch kalt wird.«
    »Ja, gut.«
    Er schaute sehnsüchtig zu den Bergen hinüber. Sein Herz pochte schmerzhaft. »Eines Tages«, versprach er sich selbst und verdrängte seinen Kummer, indem er an die Schlachten dachte, die er einmal schlagen würde. Schon jetzt konnte er sich das beruhigende Gewicht eines Gewehrs in seinen Händen vorstellen. Er würde die Magistraten lehren, ihn zu fürchten – genau so, wie sie seinen Großvater gefürchtet hatten.

 
KAPITEL

23
     
     
    Zadok stolperte den schmalen, von uralten Eichen gesäumten Weg entlang, der zum Tor des siebenten Himmels führte. Die ausladenden Äste überschatteten den Pfad wie ein Baldachin, während abendliche Kühle die Luft erfüllte. Zwischen den Zweigen war der vom Sonnenuntergang dunkelrot gefärbte Himmel zu sehen.
    »Was hat dieser arrogante Engel gemeint?« fragte sich Zadok. Die anderen Torwächter hatten ihn nicht aufgehalten, sondern beinahe belustigt passieren lassen, doch noch immer verfolgten ihn Sedriels Worte. »Welchen Wirbelsturm hat Aktariel ausgelöst? Und wer sind seine perfekten Opfer? Er hat doch nicht etwa Yosef oder Sarah hereingelegt?« Nein, das konnte er sich nicht vorstellen. Jeder aus seiner Familie war viel zu gut mit der gamantischen Geschichte vertraut, um sich als Werkzeug von Gottes hartnäckigstem Widersacher mißbrauchen zu lassen. Aktariels bösartige Absichten waren ihnen praktisch von Geburt an eingehämmert worden.
    Zadok machte eine abwägende Handbewegung. »Vielleicht hat Sedriel ja auch nicht die Wahrheit gesagt. Vielleicht wollte er mich nur irritieren, damit ich nicht mehr in der Lage wäre, seine Fragen zu beantworten.« Doch die Hoffnung, die in ihm aufgekeimt war, verschwand ebenso schnell wieder. Wenn diese Spekulationen der Wahrheit entsprächen, wäre er nicht so von Besorgnis erfüllt, und er würde sich das Ende seiner Queste nicht so sehnlich herbeiwünschen. Er hatte seine Reisen durch die sieben Himmel immer sehr gemocht. Und noch mehr hatte er es geliebt, die

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