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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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Ordnung?«
    »Ja.«
    Er berührte vorsichtig ihren Arm, hob sie aufs Bett und hüllte sie in die Decke. Dann tastete er in der Dunkelheit herum, fand eine Kerze und entzündete sie. Sybils verweintes Gesicht war angeschwollen und gerötet.
    »Du bist ja eiskalt. Wie lange läufst du schon hier herum?«
    »Ich bin direkt hergekommen, aber es war weiter, als ich dachte.«
    »Ja«, sagte er und zog sie an sich. »Besonders wenn man Angst hat, kommen einem zwanzig Minuten in der Dunkelheit wie eine Ewigkeit vor. Wie hast du denn den Weg bei all den Abzweigungen und Irrgängen gefunden?«
    »Ich mußte eben.«
    Er lächelte und fuhr sich durch das schweißnasse Haar. »Die Verzweiflung weckt ungeahnte Fähigkeiten. Das habe ich selbst schon ein- oder zweimal erfahren. Aber jetzt verrate mir mal, was los ist, Liebes.«
    Sie schluchzte herzzerreißend und vergrub ihr Gesicht an seiner nackten Brust. »Ich hatte einen schlimmen Traum.«
    »Nun, jetzt ist er ja vorbei«, sagte er tröstend und strich ihr das Haar glatt. »Wir sind schon ein Paar, du und ich. Ich hatte nämlich auch einen.«
    Sybil wischte sich die laufende Nase. »Brauchst du jemand, der dich streichelt?« Ohne seine Antwort abzuwarten, streckte sie ihre kleinen Arme aus und streichelte ihn. »Was hast du geträumt?«
    »Oh, es war ein Alptraum, den ich schon früher hatte. Über jemand, den ich sehr geliebt habe.«
    Sybil schluckte ihre Tränen hinunter und schaute ihn aus großen, dunklen Augen mitfühlend an. »So war es bei mir auch. Ich habe von meiner Mommy und meinem Daddy geträumt.«
    Er empfand Mitleid für sie. Auch wenn sie ein tapferes kleines Mädchen war, so war sie doch nichtsdestotrotz ein in einer fremden Welt ausgesetztes Kind, in der es praktisch niemanden kannte. »Mach dir keine Sorgen um deine Mutter«, beruhigte er sie, »ihr geht es gut.«
    »Du meinst, weil sie viel zu boshaft ist, um zu sterben?«
    Er lächelte und klopfte ihr auf den Rücken. »Das glaube ich doch nicht wirklich. Ich habe das nur gesagt, weil du Angst hattest und ich das nicht wollte.«
    Sie stützte sich auf die Ellbogen und blinzelte ihn nachdenklich an. »Ehrlich?«
    »Ja.«
    »Ich dachte, du könntest mich nicht leiden.«
    »Wie kommst du denn auf diese Idee?«
    »Du hast nie mit mir gespielt.«
    »Wolltest du das denn?«
    »Na klar. So zeigt man doch kleinen Kindern, daß man sie mag. Wußtest du das nicht?« Sie runzelte fragend die Stirn.
    Er kratzte sich nachdenklich den Bart. »Nein, daß wußte ich wohl nicht.«
    »Bist du denn nie mit Kindern zusammengewesen?«
    »Nicht sehr oft. Außer, als ich noch sehr klein war und zur Schule ging, aber das war auch nicht für lange. Die Magistraten haben die Schule geschlossen, als ich acht war, und dafür eine Rechtsschule in Tikkun gebaut. Mein Vater wollte mich nicht dorthin gehen lassen. Er hat mich daheim unterrichtet.«
    »Haben deine Freunde dich denn nicht besucht?« Ein leichter Anflug von Angst glitzerte in ihren braunen Augen.
    Er schüttelte den Kopf. »Die meisten Kinder in meinem Stadtteil gingen zur Rechtsschule, und es dauerte nicht lange, da wollten sie mich nicht mehr besuchen kommen. Und mein Vater erlaubte mir nicht, zu ihnen zu gehen.«
    »Aber du weißt doch, warum, oder? In diesen Schulen reißen sie den Verstand der Kinder auseinander. Sie stechen ihnen mit Nadeln in die Köpfe und schreiben ihnen vor, was sie denken sollen. Und wenn sie die falschen Sachen denken, schicken die Nadeln ihnen brennenden Schmerz ins Gehirn.« Sie nickte ernsthaft.
    Jeremiel unterdrückte ein Lächeln. »Ich habe noch nie eine bessere Beschreibung der Bewußtseinssonden gehört, aber ich wundere mich, daß du darüber Bescheid weißt.«
    »Mommy und Daddy haben mir eine Menge Sachen beigebracht, von denen die meisten Kinder nichts wissen.«
    »Ja, das merke ich«, erwiderte er und stellte fest, daß ihre Augen nicht mehr vor Furcht aufgerissen und die Tränen auf ihren Wangen getrocknet waren.
    »Jeremiel, vermißt du deine Freunde?«
    »Ja, sehr«, antwortete er wahrheitsgemäß. Das Bild von Rudys Gesicht an jenem letzten Tag auf Silmar stand noch frisch in seinem Gedächtnis. Die wahren Freunde, die er in seinem Leben gehabt hatte, konnte er an einer Hand aufzählen – den eingeschlossen, der sich schließlich ganz und gar nicht als Freund erwiesen hatte. »Vermißt du deine Freunde?«
    Sie krächzte: »Ich vermisse David und Stella.«
    »Waren sie gute Freunde?«
    »Sie sind jeden Abend nach der Schule zu

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