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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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mir gekommen, um zu spielen. Wir haben hinten im Garten immer Sachen gebaut.«
    »Mach dir keine Sorgen. Du wirst sie wiedersehen. Sobald deine Mutter, Rathanial und ich die Dinge hier geklärt haben, wirst du …«
    »Wenn sie noch leben.«
    Er ließ ihre Worte im Raum stehen, weil er nicht wußte, was er darauf erwidern sollte. Dieses kleine Mädchen kannte sich mit der harten Seite des Lebens schon viel zu gut aus, als daß man ihr irgendwelche Lügen wie »es wird schon wieder« auftischen konnte.
    Er zog sie enger an sich und küßte ihre dunklen Locken. »Erzählst du mir deinen Alptraum?«
    Sie seufzte und kuschelte sich an seine Brust. »Ich habe geträumt, daß Mommy und Daddy beide im Palast waren, aber sie konnten sich nicht finden. Daddy war an einem dunklen Ort, und Mommy oben im Licht. Sie suchte und suchte, aber sie konnte den dunklen Ort nicht finden … und sie weinte.« Ihr hübsches Gesicht verzog sich wieder und ihre Schultern zuckten. Heiße Tränen tropften auf Jeremiels Brust.
    Er strich ihr über den Rücken, während er den flackernden Lichtschein betrachtete, den die Kerze an die Decke warf. »Träume sind seltsame Dinge, nicht wahr?«
    »Manchmal machen sie Angst.«
    Viel zu oft. »Ich weiß, was du meinst.«
    »Mommy sagt, Träume sind der Weg des Verstandes, einem Sachen zu zeigen, die man eigentlich gar nicht sehen möchte.«
    »Hm … manchmal stimmt das. Es gibt einen dunklen Ort in deinem Kopf, den man das Unbewußte nennt, und dort lauern diese Dinge. Weißt du, was ich glaube, was dein Traum dir sagen wollte?«
    »Was?«
    »Daß du deine Mom und deinen Dad so sehr vermißt, daß du es kaum ertragen kannst und alles geben würdest, damit sie wieder mit dir zusammen sind. Und sich das zu wünschen, ist eine gute Sache …« Er machte eine Pause, überlegte, ob er sagen sollte, was er dachte, und entschied dann, daß sie es ertragen könnte. »Auch wenn es nie wieder so sein kann.«
    Er spürte, wie ihre Wimpern das blonde Haar auf seiner Brust streiften.
    »Verstehst du, was ich meine?«
    Sie nickte.
    »Möchtest du für den Rest der Nacht hier schlafen? Ich muß zwar früh aufstehen, aber du kannst in den warmen Decken liegenbleiben, während ich meine Sachen packe.«
    »Du willst morgen meine Mommy treffen, nicht wahr?«
    Er runzelte die Stirn und warf ihr einen verblüfften Blick zu. »Ja. Woher weißt du das?«
    »Avel hat es mir erzählt.«
    Jeremiel spürte, wie seine Muskeln sich spannten. »So, hat er das?«
    Sie nickte, streckte einen Arm quer über seine Brust und tätschelte ihn sanft. »Jeremiel, kümmerst du dich um meine Mom? Manchmal hat sie nachts auch schlechte Träume. Sie weint dann sehr viel.«
    »Und sie muß dann auch gestreichelt werden?«
    »Ja.«
    »Ich werde mich um sie kümmern.«
    Sie stieß einen kleinen Seufzer der Erleichterung aus. »Danke.«
    Er küßte noch einmal ihr Haar und zog sie an sich. Es schien nur Sekunden zu dauern, bis ihr Atem in den gleichmäßigen Rhythmus des Schlafs überging, ihr kleiner Arm erschlaffte und nach und nach zurückrutschte, bis er wieder auf ihrem eigenen Körper ruhte.
    Jeremiel lauschte stundenlang den Bruchstücken der Unterhaltung, die Sybil im Schlaf mit ihrem Vater führte, und starrte dabei müde die rotglühenden Kohlen im Kamin an.
    Und er fragte sich, wieso Rathanial einem einfachen Novizen seines Ordens gegenüber geheime Informationen enthüllt hatte, selbst wenn dieser Novize für Rachels Tochter verantwortlich war. Das konnte doch nicht für Harpers Aufgabe von Bedeutung sein? Oder etwa doch? Er und Rathanial waren übereingekommen, daß es am besten für alle Beteiligten war, seinen vorzeitigen Aufbruch nicht zu erwähnen, bis er tatsächlich unterwegs war. Sie waren beide der Ansicht gewesen, daß die beunruhigenden neuen Entwicklungen eine Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen erforderlich machten. Je weniger Menschen brisante Details kannten, desto besser.
    Er blickte stirnrunzelnd auf Sybil herab. Ohne ihren Alptraum hätte er nie von diesem Bruch der Geheimhaltung erfahren. Und er wäre vielleicht, ohne es zu ahnen, in … in … in was gelaufen?
    Sein Mund preßte sich zu einer harten Linie zusammen. Alles Einbildung, sagte er sich. Zweifellos hatte Rathanial Harper von seiner verfrühten Abreise berichtet, weil er dachte, Sybil würde gern die Gelegenheit nutzen, ihm noch ein paar Botschaften für ihre Mutter mitzugeben oder ihn einfach zu bitten, auf sie aufzupassen – was das Mädchen ja

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