Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
lange dauern.«
»Worum geht es denn, Herr?« flüsterte er, um Rachel nicht aufzuwecken.
»Einen Moment«, murmelte Milcom, deutete mit einer Hand auf Rachel und schloß langsam die Finger. »So, jetzt wird sie nicht aufwachen. Wir können normal sprechen.«
Gott stemmte eine Hand in die Hüfte und schritt vor den Fenstern auf und ab. »Du mußt die so schnell wie möglich in die polaren Räume begeben. Läßt sich das einrichten?«
»Natürlich. Ich weiß zwar nicht, ob sie schon vollständig eingerichtet sind, aber wir können natürlich auch so dorthin gehen.«
»Gut. Sieh zu, daß die Räume mit Kameras und Sendeeinrichtungen ausgestattet sind. Die Menschen in Seir müssen dich auch dann sehen können, wenn du dich dort aufhältst.«
»Um ihre Zuversicht während der Schlacht zu fördern, meinst du?«
»Genau.«
»Die Wüstenväter werden also angreifen«, meinte Adom leise und streifte Rachel mit einem Blick. »Herr, Ornias behauptet, Rachel wäre ihr Werkzeug. Kannst du mir sagen …«
»Hör nicht auf Ornias«, seufzte Milcom und rieb sich die Stirn. »Er ist ein Idiot.«
»Ja, Herr.«
»Aber du brauchst eine zusätzliche Sicherheit, nicht wahr? Nun, ich hätte es dir vorher schon zeigen sollen.« Gott ging zu der Seite des Bettes, auf der Rachel lag, und strich ihr das schwarze Haar aus der Stirn. »Komm her und schau, Adom.«
Adom beugte sich vor und betrachtete die Stelle, die Gott ihm zeigte. Im Schimmer, der von Milcoms Körper ausging, konnte Adom die Buchstaben über Rachels Augenbraue erkennen: AKT. Sein Mund klappte auf. »Herr, ich … ich dachte, ich wäre der einzige, der …«
»Ihr beiden, ihr seid die einzigen Menschen mit meinem Siegel in diesem Universum.«
»Dann sollten Rachel und ich also zusammenkommen?«
»So ist es vom Anfang der Zeit her vorbestimmt«, sagte Milcom müde. »Ohne dich und Rachel wäre ich niemals in der Lage, das Leiden zu beenden.«
»Dann glaubt sie also? Ich war mir nicht sicher.«
»Noch nicht. Gerade jetzt versucht sie sich mit aller Kraft davon zu überzeugen, daß Epagael gar nicht existiert. In eine paar Tagen allerdings wird sie nicht nur von seiner Existenz überzeugt sein. Sie wird zudem glauben, daß er tatsächlich das Monstrum ist, für das sie ihn in den letzten Monaten gehalten hat.« Mit einer eleganten Bewegung griff er unter seinen Umhang und zog ein strahlend leuchtendes Mea hervor. Milcom erstarrte vor Ehrfurcht. »Eigentlich wollte ich das hier schon vor einer Woche erledigen, bin aber nicht dazu gekommen. Ich hatte irrtümlicherweise angenommen, er würde mich rufen, um mit mir zu reden.« Schmerz erfüllte seine Stimme. »Doch jetzt weiß ich, daß er nie wieder rufen wird.« Mit einer raschen Bewegung zog er das Mea über den Kopf, kniete neben Rachel nieder und entfernte ihren Globus, um ihn durch seinen eigenen zu ersetzen. »So«, flüsterte er, »jetzt besitzt du einen direkten Weg. Du wirst es nicht nötig haben, die sieben Himmel zu durchschreiten. Obwohl Epagael dich auch so durchlassen würde – wenn er wüßte, wer du bist.«
»Er kennt sie?«
»O ja. Er kennt sie seit dem Tag, an dem ich den Schleier errichtet habe. Ich habe ihm alle wichtigen Ereignisse berichtet, die ich vorhersehen konnte – selbst das Chaos folgt berechenbaren Mustern. Ich hatte gehofft, er würde das Spiel beenden, wenn er wüßte, zu welchem Elend es führt.«
»Doch er hat sich geweigert. Und deshalb müssen wir leiden.«
Milcom nickte langsam. »Ja, und jetzt glaubt er, er könne mich aufhalten, wenn er mit dem Reshimu spielt. Er erkennt nicht, daß sein Tun mir nur nützt. Das Leid bringt Spezies auf meine Seite, die sich zuvor neutral verhalten haben.«
Adom fiel ein, daß Rachel ihn nach dem Reshimu gefragt hatte. »Was ist das, Herr? Das Reshimu?«
»Ein schwaches Überbleibsel seines Glanzes – doch jetzt wirbelt es, außer Kontrolle geraten, durch das Chaos.«
Adom focht stirnrunzelnd einen Kampf mit der Logik aus. »Aber wie kann er damit spielen, wenn es sich in unserem Universum befindet? Ich dachte, er könnte sein Reich nicht betreten?«
»Er muß es nicht betreten, um das Reshimu zu Konvulsionen anzuregen. Es reicht, wenn er die Form des Behälters verändert, indem er das Nichts mit seinen Muskeln umspannt. Wie eine Springflut lassen die Wellen Galaxien zusammenstoßen – der Stoff des Raums zerreißt und gebiert Myriaden von Singularitäten. Ganze Universen sind schon von anderen verschluckt und durch die klaffenden
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