Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
öffnete sie weit und marschierte hinaus. Jeremiel folgte ihm auf dem Fuß.
»He!« rief der Sergeant und hob seine Pistole. »Zurück in die Zelle, sonst schieße ich dir ein Loch in den Leib, das groß genug für ein Raumschiff ist.«
»Captain?« wandte Yosef sich an El, der herumfuhr und ebenfalls nach seiner Waffe griff. »Ich muß diesen Mann zum Mashiah bringen. Er verfügt über Informationen, die zu wichtig sind, als daß sie durch Dritte weitergegeben werden sollten. Könnten Sie eine Wache abstellen, die uns begleitet?«
»Sie wollen ihn mitnehmen, Mister Calas? Aber die Befehle des Ratsherrn besagen, ihn hier hinter Schloß und Riegel zu halten. Ich habe nicht das Recht, den Mann an Sie zu übergeben.«
Yosef runzelte die Stirn, zog den Passierschein hervor und überreichte ihn abermals El. »Wenn Sie die letzte Zeile noch einmal lesen, werden Sie sicher bemerken, daß der Mashiah Sie bittet, meinen Anweisungen Folge zu leisten. Es dürfte ihm außerordentlich mißfallen, wenn Sie es nicht tun.«
Der Captain gab Yosef das Blatt ungelesen zurück. »Ich erinnere mich an den Wortlaut, Sir. Trotzdem kann ich nicht einfach die Befehle des Ratsherrn mißachten.«
»Arbeiten Sie für Ornias, Captain, oder für den Mashiah?«
El kratzte sich nervös hinter dem Ohr. »Für beide. Aber es hat noch nie widersprüchliche Befehle gegeben. Um die Wahrheit zu sagen, ich habe noch nie einen Befehl vom Mashiah erhalten.«
»Und deshalb wollen Sie gleich seinen ersten Befehl mißachten?« fragte Yosef enttäuscht. Er hoffte, der Captain würde sich auf diese Weise schuldig fühlen. Bei Ari klappte das stets vorzüglich. Wann immer sein Freund etwas völlig Absurdes vorschlug, brauchte er nur zu fragen, was Epagael davon halten würde, um Ari wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen.
»Nein, nein, das wollte ich damit nicht sagen. Es ist nur so, daß ich einfach eine Bestätigung brauche. Loma, gehen Sie los und …«
Jeremiel bewegte sich blitzschnell, traf den Captain mit den Füßen an der Brust und schleuderte ihn gegen die Wand. Der blonde Soldat wirbelte herum und zielte auf Jeremiels Kopf. Ein schrilles Heulen zerschnitt die Luft. Ein violetter Lichtstrahl glitt über den Bauch des Soldaten und bohrte sich dann in die Brust des Sergeants.
Yosef stolperte zurück, während heißes Blut über ihn spritzte. Er sah Ari den Flur entlangkommen. Er hatte die Pistole mit beiden Händen gepackt und zielte auf den Kopf des Captains, der mit hocherhobenen Händen dastand.
»Bitte töten Sie mich nicht. Ich habe Familie, einen kleinen Jungen!«
»Halt die Klappe!« befahl Jeremiel. Er beugte sich über die Leiche des Sergeant und nahm ihm die Pistole ab. Dann fuhr er auf dem Absatz herum und zielte auf den Captain.
»Nein!« schrie Yosef, als der Schuß losging und den Mann mitten in der Brust traf.
Yosef krümmte sich vor Entsetzen. »Wie konnten Sie … er … er war ein guter …«
»Hören Sie damit auf, Yosef. Dafür ist jetzt keine Zeit. Wäre es Ihnen lieber, jemand würde am Leben bleiben, um Ornias zu berichten, daß Sie mir zur Flucht verholfen haben? Auf diese Weise bleibt Ihre Tarnung intakt und Sie können hier weiter arbeiten.«
»Ich … ich will nicht. Ich kann das nicht ertragen …«
»Yosef«, sagte Ari in beruhigendem Tonfall und legte seinem Freund einen Arm um die Schultern. »Komm jetzt. Wir können später darüber sprechen. Jetzt müssen wir erst einmal hier verschwinden.«
Yosef stützte sich auf Ari und hörte kaum, wie sein Freund Jeremiel den Weg beschrieb: »Erst geradeaus, dann nach links, die Treppe hinab. Dort gibt es einen geheimen Gang hinter dem Standbild des Erzengels Michael.«
Jeremiel rannt los und verschwand hinter der Ecke.
»Yosef«, flüsterte Ari, während er den Freund mit sich zog. »Es ging nicht anders. Du kannst nichts dafür.«
»Aber … ich habe gelogen, um den Captain …«
»Trotzdem hast du keine Schuld. Jeremiel und ich haben den Abzug betätigt – und zwar, um alle Gamanten zu beschützen. Manchmal muß man solche furchtbaren Entscheidungen treffen.«
Yosef nickte, doch er sah wieder das Lächeln des Captain vor sich, als er ihm erzählt hatte, er gehöre zu den Günstlingen des Mashiah. Ein guter Mensch. Ein Mann mit Familie. Mit einem kleinen Jungen. Tot.
Sein Magen revoltierte plötzlich, und er stieß Ari zur Seite und übergab sich auf den Boden.
KAPITEL
35
Mikael kauerte mit klopfendem Herzen in der Ecke. Seine Mutter und
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