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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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drücke das Tor auf. Sobald die Öffnung groß genug ist, stürmen wir hinaus. Hat das jeder verstanden?«
    Sie warf einen letzten Blick auf die Menschen. Ausgemergelte Gesichter mit entzündeten Augen schauten sie an, Köpfe nickten. Mit ihren verfilzten Haaren und den blutdurchtränkten Kleidern sahen sie wie Ghoule aus der Finsternis von Aktariels Grube aus. Trotzdem zeigte sich auch Mut in ihren verängstigten Augen. Rachel wußte, diese Menschen würden mit dem letzten Rest ihrer Kraft ums Überleben kämpfen.
    Obwohl die Geste eher ihrem Nationalstolz entsprang als religiösem Gefühl, bildete sie mit ihren Händen das heilige Dreieck. »Ich bete darum, daß wir alle es schaffen, meine Brüder und Schwestern.« Das Zeichen wurde überall in der Menge wiederholt. Die Menschen neigten ihre Köpfe im Gebet, bevor sie sich zum Aufbruch bereit machten.
    Rachel hob Sybil auf ihre Hüfte.
    »Ich habe Angst, Mom.«
    »Ich auch, Liebes. Kannst du dich ganz fest halten?«
    Sybil nickte und schlang die Arme um Rachels Hals. »Lauf schnell, Mommy.«
    »Mach’ ich.« Sie küßte ihre Tochter auf die Wange und schloß für einen Moment die Augen, bevor sie tief Luft holte. Dann sammelte sie all ihren Mut, lief zum Tor, schob es weit auf und stürzte auf die rote Sandsteinstraße hinaus. Blitzschnell schlug sie die Richtung auf die Wohngebiete mit ihren flachen Dächern ein. Dort kannte sie die Kanäle und verborgenen Keller gut genug, um jeden Verfolger abzuschütteln.
    Für einen kurzen Moment schien alles in Ordnung zu sein. Die Steintauben flogen auf und kreisten träge über ihnen. Rauch kringelte sich aus den Kaminen himmelwärts und reflektierte die blaßblauen Strahlen der Morgensonne, bevor er vom Wind fortgetrieben wurde. Der süße Duft von frisch gebackenem Weißbrot und Kuchen erfüllte Rachels Nase.
    »Jetzt!« rief eine rauhe Stimme irgendwo in der Ferne.
    Violette Lichtstrahlen jagten heran, trafen die Flüchtenden, rissen Arme und Beine ab. Das Krachen der Impulsgewehre verdichtete sich zu einem konstanten Donner und übertönte die panischen Schreie.
    »Lieber Gott!« kreischte jemand. »Sie haben es getan. Lieber …«
    »Mein Baby! Laßt mein Baby leben!«
    Kurz bevor Rachel und Sybil die Sicherheit des Wohnviertels erreichten, hörte sie Talo schmerzerfüllt aufschreien und sah ihn fallen. Er lebte noch und wälzte sich auf dem Boden. Rachel packte Sybil fester und lief mit aller Kraft, während ihr Herz bis zum Hals schlug.
    Die aufgehende Morgensonne beleuchtete einen wachsenden See aus Blut, das durch die Straßen von Seir rann.
    Rachel bog um eine Ecke und stürmte in eine enge Gasse. Der Schatten der hohen Gebäude tauchte ihren Weg in völlige Dunkelheit. Dennoch fand sie die rechteckige Öffnung, die sie schon hundert Mal benutzt hatte. Sie trat die Kanalabdeckung beiseite und schob Sybil in die nasse Finsternis. Dann rutschte sie auf dem Bauch hinterher und zog am Deckel. Mit einem metallischen Laut landete die Abdeckung wieder an ihrem angestammten Platz.

 
KAPITEL

8
     
     
    Ornias summte vor sich hin, als er die prächtigen Marmorhallen des Palastes durchschritt und seine Augen schon routinemäßig die atemberaubenden korallenroten Bögen und die Kaschmirteppiche bewunderten. Sonnenlicht strömte gleißend durch die spitzenverbrämten Vorhänge, die die Fenster hoch über ihm schmückten, und sprenkelte seinen Weg mit goldenen Mustern. Spielerisch tippte er jede der aus rosa Achat gefertigten Heiligenstatuen an, die er passierte, wobei er verächtlich lächelte.
    Wie war es möglich, daß auch nur ein einziges denkendes menschliches Wesen an solchen Unfug glaubte? Heilige und Engel, Dämonen und Götter. Völliger Blödsinn. Aber sehr lukrativ.
    Von Entzücken erfüllt, lachte er leise, als er um eine Ecke bog und einen langen Flur entlang ging, der zu Adoms persönlichem Büro führte. Ein Dienstmädchen in der grauen Kleidung des Palastpersonals eilte ihm entgegen.
    »Guten Morgen, Ratsherr.«
    »Guten Morgen, Amelia.«
    Sie lächelte dankbar, weil er geantwortet hatte, und senkte respektvoll den Blick, als sie an ihm vorbeiging. Respekt? Oder Furcht? Er strich sich den Bart und hoffte, es war Letzteres. Furcht war erheblich besser geeignet, um Gehorsam zu garantieren, als Respekt. Und im Moment schienen sich die Dinge auf Horeb ziemlich hektisch zu entwickeln. Deshalb brauchte er Gehorsam statt Ehrerbietung – obwohl es natürlich nicht schaden konnte, beides zu haben.
    Als er vor Adoms

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