Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun
verpaßt.«
Yosef runzelte die Stirn, machte dann zwei Schritte vorwärts und spähte um die Ecke. Fünf Männer lagen tot auf dem Gang. Alle waren Gamanten.
Calas stolperte zurück und mußte von Funk gestützt werden. »Ari«, stöhnte er. »Harper …«
»Was?« Ari ließ Calas los und schaute selbst um die Ecke. Erschüttert drehte er sich wieder um. »Aber … er sollte sich doch um die Kinder kümmern.«
»Nein. Nicht die Kinder«, stöhnte Yosef.
»Wir müssen uns beeilen«, murmelte Ari. »Ich fürchte, wir haben den Maschinenraum verloren …«
»Das würde ich auch sagen«, erklärte Neil, obwohl er genau wußte, daß das nicht der Fall war. Hätten die Soldaten den Maschinenraum erobert, hätten sie das Virus schon längst wieder aus dem Computersystem entfernt und das ganze Schiff mit Gas geflutet.
»Yosef«, rief Ari, »wir müssen Dannon loswerden und sofort die Kinder suchen. Sie sind wahrscheinlich …«
»Ja, wir müssen uns beeilen«, stöhnte Yosef.
Ari machte einen Schritt vorwärts und streckte den Arm aus, um Dannon zu zeigen, welche Richtung er einschlagen sollte. Neil drehte sich wie ein Ballettänzer, packte Aris Arm und verdrehte ihn, bis der alte Mann vor Schmerz aufschrie. Dannon schnappte sich die Pistole, wich einen Schritt zurück und richtete sie auf Yosef. »Die Waffe her, aber schnell!«
Calas gehorchte und legte die Pistole auf den Boden. Neil hob sie auf und steckte sie in den Hosenbund. »Jetzt verschwindet, ihr alten Narren. Tahns Leute haben im Moment nicht besonders viel für Gamanten übrig. Sucht euch einen sicheren Platz, wo ihr euch verstecken könnt.«
Calas blickte Neil verärgert an. »Und wo soll das sein, Mr. Dannon? In der ganzen Galaxis gibt es keinen sicheren Platz für Gamanten.«
Dannon starrte ihn für einen Moment an; dann drehte er sich um und schlug den Weg zur Brücke ein, wo es Ausrüstungen für Notfälle aller Art gab, wie er wußte.
Als Dannon verschwunden war, fragte Yosef: »Und wohin gehen wir?«
»Maschinenraum«, knurrte Ari.
»Aber du hast doch gesagt …«
»Ja, aber der Ausdruck auf Dannons Gesicht hat mich veranlaßt, diese Sache noch einmal zu überdenken. Wenn Tahns Männer im Maschinenraum wären, gäbe es an Bord keinen lebenden Gamanten mehr.«
KAPITEL
50
20. Tishri
Die Morgensonne stieg gleißend hell hinter der Hügelkette empor. Pavel bemerkte, daß der Photonenschild heute sehr niedrig eingestellt war. Er erhob sich nur bis zu einer Höhe von etwa zwanzig Fuß und gab den Blick auf die umliegende Landschaft frei.
Rings um Pavel war überall Stöhnen und Schnaufen zu hören. Männer und Frauen arbeiteten unermüdlich, um den neuen Flügel des Krankenhauses fertigzustellen. Zwar besaßen die Magistraten hochentwickelte Maschinen, mit denen man diese Aufgabe schneller und effizienter hätte erledigen können; dennoch zwangen sie die Gefangenen, so lange zu arbeiten, bis sie vor Hunger und Durst zusammenbrachen. Neben Pavel schaufelte Jasper Erde auf einen Lastwagen. Seine Arme zitterten vor Anstrengung.
Pavel wischte sich den Schweiß von der Stirn und fragte sich, wie es Yael gehen mochte. Heute morgen waren die Wachen gekommen und hatten sämtliche Jungen zusammengetrieben – nur um ihnen etwas über Anatomie beizubringen, hatten sie lachend behauptet. Außerdem schwebten heute ungewöhnlich viele Schiffe reglos über dem Lager, was Pavel zusätzlich beunruhigte.
»Großvater, ich mache mir Sorgen wegen Yael. Vielleicht darf ich ja zu ihr …«
»Sei nicht albern. Du hast doch erlebt, was mit dem jungen Pona geschehen ist. Er hatte nur nach einem zweiten Stück Brot gefragt, und schon haben sie ihn brutal zusammengeschlagen. Bleib ganz ruhig. Yael wird es schon schaffen. Und ändern kannst du so oder so nichts.«
»Aber wenn sie nun merken …«
»Es gibt nichts, was du tun könntest. Außerdem haben sie ja für heute abend eine besondere Veranstaltung angekündigt. Ich muß dir ja nicht erst erzählen, was passiert, wenn du nicht da bist.«
Pavel nickte gehorsam, machte sich aber weiter Sorgen. Niemand hatte die Frauen wiedergesehen, obwohl sie schon mehrmals quer durch das ganze Lager geführt worden waren. Hatte man sie verlegt? Er hatte kaum an Tante Sekan gedacht, weil seine ganze Sorge Yael gegolten hatte. Und was war mit seinem Vater? War er tot? Ja, wahrscheinlich.
»Hast du den Ärzten, die dich damals verbunden haben, eigentlich erzählt, daß Lichtner und seine Männer dich so
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