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Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun

Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun

Titel: Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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stützen und fiel kraftlos wieder zurück. Abermals stürmten die Bilder auf ihn ein, und Maggies Schreie hallten in seinen Ohren …

 
KAPITEL
7
     
     
    Vierter Tishri 5414. Derow, Hauptstadt von Tikkun.
     
    Das sanfte Licht der aufgehenden Sonne huschte über das Kopfsteinpflaster und schimmerte wie Frost auf den marmornen Fensterbänken der Wohnhäuser. Ein kalter, nach Gerste duftender Wind strich durch die Straßen der Stadt.
    Jasper Jacoby blieb an einer Kreuzung stehen und beobachtete, wie vier Kinder trotz der Autos über die Straße rannten, um den roten Schulbus noch zu erreichen. Sie schubsten sich spielerisch, während sie sich in das Fahrzeug drängten. Als der Bus sich wieder in den Verkehr einfädelte, hüllte er Jasper in eine schwarze, stinkende Auspuffwolke ein.
    »Verdammte Busse. Ich hasse diese Dinger.« Er wedelte mit der Hand vor dem Gesicht und hustete übertrieben laut. Ein paar Leute blickten von ihren Zeitungen auf und schauten zu ihm hinüber. An diesem Donnerstagmorgen wimmelten die Straßen nur so von geschäftigen Menschen, die eilig über die Bürgersteige schritten. Jasper zog die Knoten des blauen Kopftuchs gerade, das er unter dem grauen Filzhut trug, blickte sorgfältig in beide Richtungen und betrat dann den Überweg. Normalerweise schützten sich nur alte Frauen mit einem Kopftuch vor dem Wind, doch Jasper war letzten Monat dreihundert Jahre alt geworden und verspürte kein besonderes Verlangen, seine Männlichkeit unter Beweis zu stellen, wenn das Ergebnis möglicherweise in einer schweren Erkältung bestand. Davon abgesehen betrachtete er den Silbernen Stern, den er vorn an seinem Hemd befestigt hatte, als völlig ausreichend, um sein Mannestum zu dokumentieren. Bei der letzten gamantischen Revolte hatte er Seite an Seite mit dem legendären Zadok Calas gekämpft.
    Jasper überquerte die Straße und bog in eine schmale Gasse ein, wo er so rasch wie möglich ausschritt. Er wollte den Platz neben dem Kunstmuseum erreichen, bevor die besten Sitzplätze vergeben waren. An jedem Donnerstag leerten sich die Altersheime, und die Bewohner strömten an diesem Ort zusammen, um die drängendsten Probleme der Galaxis zu lösen. Jasper wollte die heutige Diskussion auf keinen Fall versäumen, schon gar nicht angesichts der erschreckenden Ereignisse des Vortags.
    Als er um die letzte Ecke bog, schützte er die Augen mit der Hand vor dem blendenden Licht der Morgensonne und ließ den Blick über die Sitzbänke schweifen. Mehr als ein Dutzend Personen hatten bereits Platz genommen. Auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes erspähte er Chaim Losacko und nickte bei diesem Anblick zufrieden. Gut, daß der Bursche heute hergekommen war. Chaim bewahrte in seinem Keller einen illegalen Empfänger für interstellare Sendungen auf. Er würde also wissen, was vor sich ging.
    Als Losacko Jasper erblickte, der auf ihn zukam, hob er die Hand zum Gruß. Chaim wirkte zerbrechlicher als noch vor einem Monat, als Jasper ihn zuletzt gesehen hatte. Sein Schädel war bis auf ein paar graue Strähnen völlig kahl, und sein Gesicht wurde von einer mächtigen, stark gekrümmten Nase beherrscht. Heute war er mit seinem lavendelfarbigen Anzug und dem roten Hut ausgesprochen modisch gekleidet.
    »Chaim, wie geht’s denn so?« erkundigte sich Jasper, als er behutsam auf der Bank Platz nahm.
    »Mir geht’s prächtig. Ich habe extra einen Umweg gemacht, um Mildreds scharfer Zunge auszuweichen.«
    Jasper spähte argwöhnisch über die Schulter. »Ist sie hier? Ich habe sie vorhin in der Stadt gesehen. Sie hat versucht, mich einzuholen, aber ich konnte sie abschütteln.«
    »Natürlich ist sie hier.« Chaim deutete zu einer Gruppe schnatternder Frauen hinüber, die sich auf der anderen Seite des Platzes zusammengefunden hatte. »Als erstes hat sie sich nach dir erkundigt. Vermutlich hat es ihr dein Charme angetan.«
    »Zur Hölle damit.«
    Chaim stieß ein kurzes Lachen aus. Für eine Weile schauten die beiden einfach den Leuten zu, die nach und nach auf dem Platz zusammenkamen. In der Ferne konnten sie die Felder erkennen, auf denen sich die goldenen Ähren im sanft streichelnden Wind wiegten. Jaspers Enkelsohn Pavel war als Biologe in den Regierungslabors beschäftigt, in denen man an der Entwicklung ergiebigerer Getreidesorten arbeitete. Jasper überlegte kurz, ob Pavel etwas mit der erstklassigen Gerste zu tun hatte, die in diesem Jahr geerntet worden war. Nicht, daß diese Frage besonders wichtig wäre –

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