Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb
Kabine. Cole drückte abermals auf die Taste des Kommunikators. »Trisagion an Hullin, hören Sie uns, Zimmern?«
Eine Pause. »Hier Zimmern, Captain Tahn. Wo ist die Flotte?«
»Baruch war vermutlich gezwungen, hier zu verschwinden. Hören Sie, Lu, wir rechnen mit ziemlich unfreundlicher Begleitung. Die Trisagion hat nur noch wenig Energie. Wenn Sie es schaffen, zu uns zu kommen, bevor die magistratischen Schiffe hier auftauchen, möchte ich, daß Sie uns den Rücken decken, solange es geht. Aber verschwinden Sie, wenn es kritisch wird. Versuchen Sie, zur Flotte zu finden, und berichten Sie von dem Angriff im Anai-System. Sagen Sie Baruch … Sagen Sie ihm, daß Carey tot ist.«
Mit einem kaum hörbaren Flüstern erwiderte Zimmern: »Aye, Sir.« Mehrere Sekunden verstrichen, bevor er fortfuhr: »Was wollen Sie tun, wenn wir …«
»Alles, was wir können. Kümmert euch nicht darum.«
»Verstanden, Sir. Viel Glück. Zimmern Ende.«
Tahn schaltete das Funkgerät ab und wandte sich an Rudy. »Wie sehen die Energiewerte aus?«
Kopal blies die Wangen auf und stieß die Luft dann geräuschvoll aus. »Verdammt dicht an Null.«
»Wie lange können wir die momentane Beschleunigung beibehalten?«
»Ungefähr zehn Minuten.«
»Na, das ist ja hübsch.« Tahn lehnte sich zurück und rieb sich die Stirn. »Wirklich sehr hübsch.«
Auf dem Heckschirm tauchten fünf Schiffe auf, dann noch drei. Rudy las die Werte ab. »Jäger. Keine Kreuzer.«
»Oh, da fühle ich mich ja gleich viel besser.« Tahn schüttelte leicht den Kopf. Er hatte immer gedacht, die letzten Augenblicke vor dem Tod wären entsetzlich, doch er empfand nichts als unnatürliche Ruhe. Welcher Idiot hat behauptet, das Leben sei ein gnadenreiches Geschenk Gottes? Zweifellos irgendein alberner Prophet. Das wahre Geschenk ist der Tod, gar keine Frage. Dann würde es keine Schlachten mehr geben, keine Verzweiflung, und vor allem müßte man nicht mehr hilflos zusehen, wenn die Freunde starben.
Rudy drehte sich mit seinem Sessel und grinste Tahn an. Coles Augen verengten sich argwöhnisch. In der gedehnten Sprechweise, die auf seine Herkunft vom Planeten New Savannah hinwies, erklärte Kopal: »Es gibt etwas, daß ich dir schon längst sagen wollte.«
»Was?«
»Ich konnte dich eigentlich nie richtig leiden.«
Cole zog die Augenbrauen hoch. »Ein merkwürdiger Moment, um mir das zu sagen.«
»Mir kommt er sehr passend vor.«
»Hast du eigentlich geglaubt, ich wüßte das nicht?«
»Das spielt keine Rolle. Ich …«
»Und warum erzählst du es mir jetzt?«
Kopal trommelte mit den Fingern auf der Konsole. »Ich dachte, ich wäre es dir schuldig.«
»Ihr Gamanten habt ein sehr eigenartiges Ehrgefühl.«
Kopal grinste schwach. »Mag sein, aber es lag mir eben auf der Seele. Ich habe nie verstanden, was Jeremiel an dir gefunden hat. Du bist arrogant, aggressiv und tief in deinem Herzen ein Lump.«
»Es war gerade die Arroganz, die Jeremiel gefallen hat«, meinte Cole. Es störte offenbar keinen von ihnen, daß sie ständig die Vergangenheitsform benutzten.
Rudy lächelte schief. »Kann gut sein. Jeremiel hatte schon immer einen ziemlich fragwürdigen Geschmack.« Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Auf der anderen Seite hast du in den letzten zehn Jahren vermutlich vierzig- bis fünfzigtausend Gamanten das Leben gerettet. Du bist ein brillanter militärischer Taktiker, Baruch. Und dafür möchte ich dir danken.«
Cole drehte sich mit seinem Sessel und erwiderte den Blick der grauen Augen. In ihren Tiefen schimmerte warme, echte Dankbarkeit. »Ich habe dich auch nicht besonders gemocht, Kopal … bis jetzt.« Er beugte sich vor und streckte eine Hand aus.
Rudy ergriff die Hand und drückte sie fest.
Beide verstummten, als die Maschinen plötzlich erstarben und das Schiff lautlos durchs All trieb. Die Lichter im Innern des Jägers flackerten; dann sprang der Notgenerator an, um die Funktion der lebenserhaltenden Systeme zu gewährleisten.
Rudy drückte Coles Hand noch einmal kräftig und wandte sich dann nach rechts, um die Daten auf einem Monitor abzulesen. »Schilde zusammengebrochen. Luft reicht noch für dreißig Minuten.«
»Du bist wirklich ein Optimist.«
Sie tauschten einen resignierten Blick aus, beugten sich dann über ihre Konsolen und versuchten den Eindruck zu erwecken, es gebe noch etwas, das sie unternehmen könnten. Im Hintergrund betete Kelly Rangor. Ihre Stimme klang hell und klar, obwohl ihr die Tränen über das Gesicht
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