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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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Stimmen drang in Mikaels Verstand und weckte ihn. Kalter Wind strich über sein Gesicht. Zögernd öffnete er die Augen. Man hatte ihn an eine rosafarbene Marmorsäule auf dem großen Balkon im dritten Stock des Palastes angekettet. Mikael bemühte sich, auf die zitternden Beine zu kommen. Sein Kopf schmerzte fürchterlich. Er erinnerte sich an den Kampf und die Schläge, die ihm Ornias’ Marines versetzt hatten, als er versuchte, bei Sybil zu bleiben. Wo war sie jetzt? Und sein Sohn? Sein kleiner, gerade erst geborener Sohn …
    Mühsam richtete er sich auf. Weit unter ihm wurden Schreie laut. Mikael drehte sich zur Seite. Unten im Garten standen hundert mit blutbefleckten Lumpen bekleidete Gamanten im Regen. Sie schauten mit weit aufgerissenen Augen zu ihm hoch und streckten ihm flehend die Arme entgegen. Auf ihren Gesichtern spiegelte sich Hoffnung. Ein Ring aus rotgekleideten, mit Gewehren bewaffneten Soldaten umgab die Menge.
    »Schön, schön«, sagte eine seidige Stimme hinter Mikael.
    Er versuchte sich umzudrehen, doch die Ketten hinderten ihn daran. Allerdings war es im Grunde auch nicht nötig, daß er sah, wer da gesprochen hatte. Er kannte diese Stimme. Sie suchte ihn selbst in seinen Träumen heim. Mikael richtete den Blick wieder auf die klagende Menge im Garten. »Wie lange war ich ohne Bewußtsein, Gouverneur?«
    Das leise Rascheln von Satin war zu vernehmen, als Ornias neben ihn trat. In seiner kastanienfarbenen Robe mit dem prächtigen elfenbeinfarbenen Gürtel wirkte er wie eine königliche Obszönität aus einer anderen Zeit.
    »Ungefähr acht Stunden, Mikael Calas.«
    »Meine Frau. Wo ist sie?«
    »Hier im Palast. Sie schläft friedlich. Ich habe meine Ärzte angewiesen, ihr ein Sedativ zu verabreichen, um sie ruhig zu stellen. Ich befürchte, sie war über meine Befehle recht aufgebracht.«
    Die Frage, worauf sich diese Befehle bezogen, hing unausgesprochen in der Luft. »Es ist nicht nötig, Spielchen mit mir zu treiben, Gouverneur. Was haben Sie getan?«
    »Bis jetzt noch nichts. Ich habe auf den richtigen Moment gewartet. Trotzdem werden Sie es vielleicht nicht mit ansehen können. Das von der Sargonid ausgesandte Shuttle ist soeben gelandet. Offenbar sind diese Leute sehr darauf erpicht, Sie in die Finger zu kriegen.«
    Ornias wanderte auf dem Balkon auf und ab und strich bewundernd über jede einzelne Säule, an der er vorbei kam. Als er den äußeren Rand des Balkons erreichte, wurden haßerfüllte Rufe in der Menge laut. Die Menschen schüttelten die Fäuste und verfluchten ihn. Nur ganz wenige fielen auf die Knie und flehten um Gnade.
    Ornias drehte sich um und fragte ungläubig: »Glauben diese Idioten wirklich, ich würde sie retten?«
    Mikael schloß die Augen. Das höhnische Kichern des Gouverneurs ließ sein Blut schneller pulsieren. Die Menge wurde lauter.
    »Langweilig, nicht wahr?« bemerkte Ornias. »Nun, spielt keine Rolle. Sie werden nicht mehr lange genug dort sein, um mich noch mehr zu verärgern.«
    Angstschweiß brach Mikael aus und tränkte seinen schwarzen Overall.
    Ornias verschränkte die Arme und sagte fast beiläufig: »Wissen Sie, ich habe tatsächlich lange Zeit geglaubt, diese Narren würden Sie für den geweissagten Mashiah halten.« Er schüttelte in spöttischer Selbstverachtung den Kopf. »Dumm von mir, ich weiß, aber …«
    Er hielt inne, als stampfende Militärstiefel laut wurden und Schreie durch den Palast hallten. Sybils heisere Stimme übertönte alle anderen: »Nein, nein, gebt mir mein Baby zurück! Laßt ihn los!«
    Mikael zerrte an seinen Ketten und schrie: »Sybil?«
    Ornias hob eine Hand, und die Schreie schienen auf magische Weise zu verstummen. Zu jemandem, der sich nicht in Mikaels Blickfeld befand, sagte er: »Bringt die Frau und das Kind hierher auf den Balkon.«
    Mikael sah stumm zu, wie sechs Marines Sybil auf einer Antigravbahre hereinschoben. Plutonius und ein anderer Mann, den die Abzeichen auf seiner Uniform ebenfalls als Arzt auswiesen, brachten Nathan mit. Der Junge war in eine blaue Decke gewickelt.
    »Plutonius?« grollte Mikael.
    »Ich hatte keine Wahl!« Die Nasenflügel des Arztes zuckten. Jemand hatte ihm eine purpurne Uniform gegeben. »Sie hätten mich ebenfalls getötet, wenn ich nicht bereit gewesen wäre, ihnen zu helfen.«
    »Dreckiger Verräter«, flüsterte Mikael.
    Nathan fing an zu weinen. Als hätte Gott seine Klage vernommen, zerriß ein blendender Blitz den Himmel, gefolgt von einem Donnern, das den Palast

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