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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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erzittern ließ. Mikaels Ketten klirrten.
    Plutonius schnappte nach Luft, als die dunkle Wolkendecke aufriß und ein goldener Sonnenstrahl genau auf Nathan herabschoß.
    Die Soldaten wichen hastig zurück und rempelten sich dabei gegenseitig an. Nathan weinte schrill und ballte die Fäuste vor Wut.
    Mikael hörte, wie Sybil flüsterte: »Bitte, Epagael!«
    Als sie ihren Blick auf ihn richtete, kam es ihm so vor, als hätte sich Yehoshuas Geist aus dem blutroten Boden der Alten Erde erhoben und stürme zwischen den Sternen auf ihn zu. Sybils Augen brannten. »Was geschieht hier, Mikael?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ihr Narren!« Ornias’ Stimme brach den Bann. Der Sonnenstrahl verschwand und ging in Blitz und Donner unter. »Was ist denn los mit euch? Habt ihr noch nie einen Sonnenstrahl gesehen, der durch die Wolken dringt? Oder seid ihr jetzt alle zu den Gamanten konvertiert? Doktor Aijalon, bringen Sie mir das Kind her.«
    Der ältere Mann trat vor und legte das Kind in Ornias’ wohlgepflegte Hände. Der Gouverneur sah Mikael an und ließ dann seinen Blick zu Sybil hinüber wandern. Ein schiefes Lächeln spielte um seine Lippen.
    »Also das ist euer Erlöser«, meinte Ornias. Er wandte sich an Plutonius. »Sie sind sicher, daß dies das Kind ist, das die Rebellen den Mashiah nennen?«
    »Ja … o ja.« Plutonius schluckte schwer und wich einen Schritt zurück.
    »Das macht Ihnen Angst, was, Plutonius?« Ornias schüttelte das Baby, das daraufhin kreischte. »Ja, er ist ein mächtiger Erlöser, nicht wahr? Ich zittere vor Angst, er könnte seine kleine Faust erheben und den Zorn Gottes auf uns alle herabbeschwören.« Ornias brüllte vor Lachen.
    »Ornias!« schrie Mikael. »Hören Sie mit dieser Scharade auf und lassen Sie ihn in Ruhe. Er ist doch nur ein Baby. Er stellt keine Gefahr für Sie dar!«
    »Tatsächlich nicht?« Ornias trat an den Rand des Balkons und schaute auf die Menge hinab. »Also wirklich, Calas. Hätten Sie mir nicht einen etwas eindrucksvolleren Erlöser beschaffen können? Es lohnt doch kaum den Aufwand, ein so winziges Wesen zu zerschmettern.«
    »Ornias! Was wollen Sie von mir? Sagen Sie mir, was Sie verlangen!«
    »Sie sind nicht mehr von Nutzen, Calas.« Ornias strich sich nachdenklich über den Bart. »Und vielleicht ist es doch ganz eindrucksvoll, das Baby zu zerschmettern. Immerhin haben auch schon andere große Führer den Titel ›Kinderschlächter‹ getragen.«
    »Hören Sie auf, Ornias! Lassen Sie ihn in Ruhe!«
    Der Gouverneur wickelte Nathan aus der Decke, bevor er ihn hoch über den Kopf hob und der Menge zeigte. »Ich gebe euch euren Erlöser!« rief Ornias.
    Die Menge brüllte auf. »Mashiah! Mashiah! Mashiah, errette uns!«
    »Euer Retter«, wiederholte Ornias. »Ich halte ihn in meinen Händen! Was soll ich mit ihm tun?«
    Mikael zerrte wild an seinen Ketten und schrie und flehte, bis seine Stimme versagte. Doch seine Rufe gingen unter in dem Geschrei der Menge: »Rette ihn!«
    »Gib ihn uns!«
    »Verletze ihn nicht!«
    Doch auf der anderen Seite des Balkons knurrten die magistratischen Soldaten: »Töte ihn.«
    »Dieses Balg ist der Grund für all das hier.«
    »Bringt ihn um, das raubt den Rebellen den Kampfgeist!«
    Ornias zog eine Braue hoch. »Höre ich da blutrünstige Laute? Mir scheint, das Kind macht euch auch Angst, wie?«
    Mit spöttischer Stimme wandte er sich wieder an die Menge und stimmte einen alten Gesang an, eine Prophezeiung, die jedem Gamanten vertraut war, Worte, die den Anfang vom Ende der Schöpfung verkündeten:
     
    »Freuet Euch, Söhne und Töchter von Seir!
    Rufe laut, Volk der Gamanten!
    Sehet, Euer König ist zu Euch gekommen.
    Er hat gewonnen. Sein Sieg ist errungen!«
     
    Ornias brach in wildes Gelächter aus. Er drückte Nathan in gespielter Ergriffenheit an die Brust. Nathan packte Ornias’ Gewand und blickte ihn an, als würde er in eine ferne, friedliche Zukunft schauen. Ornias’ Gesichtszüge spannten sich. Wieder brach er in Gelächter aus, doch diesmal wirkte es gezwungen.
     
    »Er wird die Waffen des Krieges verbannen!
    Er wird den Frieden unter den Völkern verkünden!
    Sein Reich soll sich von Ufer zu Ufer erstrecken,
    Vom Fluß des Feuers bis zum Ende des Universums.«
     
    Abermals hob Ornias das Kind empor, wobei er dessen Finger grob von seinem Gewand löste.
    »Ornias«, rief Mikael. »Tun Sie es nicht! Ich flehe Sie an! Töten Sie mich, aber …«
    »Seien Sie nicht albern«, knurrte Ornias. »Ihr Leben bedeutet gar

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