Die Gamnma Option
ausweitete, in dem ich aufgewachsen war. Die Dorfältesten wandten sich an mich. Ich hatte keine Wahl, ich mußte eingreifen.
Ich versuchte, vernünftig mit dem Mann zu reden. Ich ging allein, um der Ehre Genüge zu tun. Er lachte mir ins Gesicht, spottete über meine altmodischen Vorstellungen und ließ seine Leute mir ihre Waffen zeigen. Er sagte mir, ich würde sterben, falls ich es noch einmal wagte, ihm unter die Augen zu kommen. Er entehrte mich, Fudo-San. Er ließ mir keine Wahl … falls ich überhaupt jemals eine gehabt haben sollte. Ich erwartete ihn eines Morgens auf dem Reisfeld, das er durchqueren mußte, um sein Büro zu erreichen. Er durchschritt es ohne Furcht, denn wer würde es schon wagen, ihn anzurühren?« Hiroshi hielt erneut inne, nippte diesmal aber nicht an seinem Becher. »Ich rührte ihn an. Ich zog ihn in den Schlamm und hielt ihn fest, bis er das Bewußtsein verlor. Dann ließ ich ihn dort liegen, damit er wie die Kanalratte ertrank, die er war.«
»Es hat dich niemand gesehen?«
»Das spielte keine Rolle. Ich war durch den Eid gebunden, den ich als Beamter in Diensten Japans geleistet hatte, mein Verbrechen zu melden. Es kam zu einem Aufruhr, einem öffentlichen Aufschrei, bei dem einige mein Handeln unterstützten und andere es verdammten. Die Freunde des Toten schworen Rache. Die Regierung konnte mir nicht helfen. Ich hatte mich in eine unmögliche Lage gebracht. Also machte ich den Rest für alle Betroffenen einfach. Ich verschwand. Ich wurde zu einem anderen Menschen.«
»Zu einem Ronin, der seine Dienste vermietet, herrenlos, nur sich selbst verpflichtet.«
»Um Geld zu beschaffen, mit dem ich die Leute unterstützen wollte, die der Mann, den ich getötet hatte, erpreßt hatte. Das war meine Art, die Schande auszugleichen, die ich über mich gebracht hatte, um meine Ehre zu wahren. Zug um Zug – eine komplizierte Situation, die nicht einfach zu lösen war. Ich wählte ein Vorgehen, mit dem ich leben konnte. Ich begann damit, Krieger so auszubilden, wie sie in den vergangenen Zeiten ausgebildet worden waren. Vier von ihnen haben dich in mein Dojo geleitet.«
»O ja. Harte Burschen.«
»Um meiner Sicherheit willen, Fudo-San. Sie und Dutzende andere wurden den alten Traditionen gemäß ausgebildet. Sie leben und arbeiten hier im Dojo als Uchideshi. Ihr Leben ist ihre Ausbildung.«
»Und ist es dein Leben, ihr Sensei oder der Bujin zu sein, Hiroshi?«
»Beides, und es ist ihre Aufgabe, mir in beider Hinsicht zu dienen. Ein Mann tut, was er tun muß, um zu überleben und einen Sinn in seinem Leben zu finden. Unsere Wege sind voneinander gar nicht so verschieden. Ich versuche, denen zu Diensten zu sein, die von den traditionelleren Stellen abgewiesen worden sind.«
»Mit einem wichtigen Unterschied, Sensei; ich verbringe meine Zeit nicht mit Menschen wie Yosef Rasin – einem deiner neueren Klienten.«
Hiroshi hatte bemerkt, daß Blaine seinen Sake noch nicht angerührt hatte, drängte ihn aber nicht. Er nickte. »Wie ich es mir gedacht habe. Ich war von Anfang an Rasin gegenüber argwöhnisch, doch er war sehr überzeugend und bot mir einen stattlichen Lohn für einen kleinen Dienst.«
»Laß mich entscheiden, wie klein dieser Dienst war.«
»Er mußte eine Bergungsoperation durchführen lassen. Er wollte, daß ich alles arrangierte und den Strohmann spielte, damit keine Spuren zu ihm oder nach Israel führten.«
»Und hast du eingewilligt?«
»Nein. Das Risiko, mich bloßzustellen, wäre viel zu groß gewesen, und außerdem fiel dieser Auftrag sowieso nicht in mein eigentliches Metier. Ich nannte ihm lediglich den Namen eines Bergungsspezialisten und erklärte mich zögernd bereit, als Mittelsmann zu fungieren.«
»Was genau wollte er bergen lassen?«
»Ich wollte es gar nicht wissen. Es handelte sich jedoch um einen großen Gegenstand. Das bewies schon die Ausrüstung, die er anforderte.«
»Und wurde die Bergung erfolgreich durchgeführt?«
Hiroshi widmete sich wieder seinem Sake.
»Sensei?«
»Ich … weiß es nicht. Es gab einen Unfall. Das Bergungsschiff explodierte auf See. Es gab keine Überlebenden.«
»Ein Unfall …«
»Ich hatte keinen Anlaß, etwas anderes zu vermuten.«
»Aber dein Gefühl hat dir etwas anderes gesagt. Rasin ließ die Männer töten und alle Beweise für seine Operation eliminieren, nachdem er bekommen hatte, was er wollte.«
Hiroshi nickte sehr langsam. »Er hat mich entehrt, Fudo-San. Er hat mein Vertrauen verraten. Als er
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