Die Gamnma Option
hinter ihr, eine Stimme, die sie kannte, die es aber nicht mehr geben konnte. »Ja, Evira, ich spreche mit Ihnen.«
Sie drehte sich um und erstarrte. Einen Schritt vor sechs Revolutionswächtern, hinter denen sich Passanten drängten, stand General Amir Hassani, lebendig und unverletzt. Zwei weitere Soldaten näherten sich ihr mit schußbereiten Gewehren von den Seiten.
Du bist tot! wollte Evira schreien, doch ihr Blick richtete sich auf den Jungen, der zitternd vor Wut hinter den Soldaten stand.
»Lauf!« rief sie ihm zu. »Lauf!«
Um die Soldaten abzulenken, sprang sie auf Hassani zu, obwohl sie wußte, daß es aussichtslos war. Evira fühlte ganz kurz den Schlag, den ein Soldat ihr mit einem Gewehrkolben versetzte, dann nahm sie das Vergessen in sich auf.
22
»Tja, Indianer, komme, was wolle, hier wären wir«, sagte McCracken und hielt am Straßenrand an.
Wareagle deutete mit dem Kopf auf ein Schild vor ihnen, das in seiner Aussage nicht den geringsten Zweifel ließ.
WARNUNG!
SCHIESSÜBUNGSGELÄNDE
DER AIR FORCE
STRASSE ENDET NACH EINER MEILE
Hank Belgrade hatte ihm gestern abend am Telefon alles erklärt. Das angebliche Schießübungsgelände, das zwischen der Sierra Estrella in Arizona und den Maricopa Mountains lag, diente lediglich dazu, die Existenz des O.K.-Corrals zu verschleiern. Den genauen Ort konnte Belgrade ihm auch nicht nennen; er wußte nur, daß die kleine Gemeinde, in der alte Regierungsangestellte ihren Ruhestand verbrachten, irgendwo zwischen Phoenix und Casa Grande lag, bevor die Route 85 den südlichen Teil des Staates erreichte.
Nachdem sie diese Information erhalten hatten, waren Blaine und Johnny zum Flughafen Logan in Boston gefahren und hatten die nächste Maschine in Richtung Phoenix genommen. Sie mußten zweimal umsteigen und verpaßten einmal die Anschlußmaschine. Als sie schließlich landeten, brach schon der Donnerstagmorgen herein.
»Und was nun, Blainey?« fragte Wareagle. Die Buchstaben des Warnschilds vor ihnen schienen in der Sonne zu flimmern.
»Wir fahren einfach weiter und sehen, was wir finden. Das Gelände ist unwegsam. Wird wohl nicht das erste Mal sein, daß jemand von der Straße abgekommen ist und sich verirrt hat.«
»Willst du direkt vor ihrer Vordertür halten?«
»Im Augenblick habe ich keine bessere Idee, Indianer. Achte nur darauf, daß deine Geister den Sicherheitsgurt angelegt haben.«
»Sie waren heute ziemlich still, Blainey.«
»Vielleicht sind sie zu beschäftigt damit, auf uns aufzupassen.«
»Eher damit, sich wegzulachen.«
Das Gebiet, durch das sie fuhren, bestand zum größten Teil aus Wüste, und Blaine sah sich gezwungen, die Klimaanlage des Mietwagens auszuschalten, als die Nadel des Temperaturanzeigers der roten Warnzone beträchtlich näherkam. Sie öffneten alle vier Fenster der Limousine, was sich als Segen erwies, nachdem sie etwa zehn Kilometer zurückgelegt hatten.
»Ich höre etwas, Blainey«, sagte Wareagle plötzlich.
»Ich nicht.«
»Es kommt aus westlicher Richtung, vielleicht anderthalb Kilometer entfernt.«
»Was ist es – ein Hubschrauber?«
Wareagle hielt den Kopf aus dem Fenster, als würde der Wind es ihm verraten. »Ein Hughes Thunderhawk, schon im Höllenfeuer im Einsatz und generalüberholt.«
»Von dem Modell kommen wir nicht los, was, Indianer?«
»Er kommt näher, Blainey.«
»Ich habe damit gerechnet, daß man uns über kurz oder lang entdecken würde. Wahrscheinlich haben sie das Gelände mit Sensoren im Boden gesichert. Oder es handelt sich um eine Routinepatrouille.«
»Das glaube ich kaum.«
»Was hältst du denn davon, wenn wir ihnen was vorspielen?«
McCracken hatte die Limousine an den Straßenrand gefahren, die Motorhaube geöffnet und den Kopf daruntergesteckt, als er endlich hörte, was Johnny Wareagles Ohren schon lange vor ihm vernommen hatten. Das gleichmäßige Wop-wop-wop legte sich immer lauter über den Wind, bis schließlich aufwirbelnder Staub von der Ankunft des Hubschraubers zeugte. Blaine sah nach oben und täuschte absolute Überraschung über das Erscheinen des schwarzen Choppers vor. Er winkte heftig mit den Armen, wie ein Autofahrer es getan hätte, der Probleme mit dem Wagen hatte.
Er konnte sich genau vorstellen, wie der Pilot einen Bericht an die Kommandozentrale des O.K.-Corrals durchgab, vielleicht sogar mit dem Lagerchef Doc Holiday persönlich sprach. Ein Wagen war ins Sperrgebiet eingedrungen und mit überhitztem Kühler liegengeblieben. Kein Grund, um einen
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