Die Gang: Roman (German Edition)
nahm sie seine Hand.
»Wo gehen wir hin?«, fragte er; seine Stimme klang gedämpft.
»In mein Zimmer«, sagte sie.
Ihre Worte nahmen Jeremy beinahe den letzten Atem. Er schnappte nach Luft und ging weiter neben ihr her.
»Ich habe etwas für dich.«
Seine Knie zitterten, als er die breite, teppichbelegte Treppe zum ersten Stock des Hauses hinaufging.
Wo ihre Eltern wohl waren? Shiner hatte gesagt, sie könnten sich im oberen Stockwerk aufhalten, um nicht zu stören. Aber heute war Freitag, vielleicht waren sie auch ausgegangen.
Was, wenn sie zurückkommen und uns erwischen?
Jeremy ging mit Tanya einen Flur entlang und in ein Zimmer. Tanya knipste das Licht an und schloss die Tür. Er stand im größten Schlafzimmer, das er je gesehen hatte. Es gab ein riesengroßes Bett mit Lampen auf jeder Seite, eine Kommode, einen Toilettentisch mit Spiegel, einen Sekretär, Fernseher und Videorekorder, einen CD-Spieler, einen Lehnstuhl, ein Sofa und Regale, die überquollen von Stofftieren, Pokalen, gerahmten Fotos und Büchern. Zum Zimmer gehörte ein eigenes Badezimmer. Von da, wo er stand, konnte er das Waschbecken sehen. Der dicke Teppich war blassblau, Bettüberwurf und Gardinen rosa. Im Raum hing ein schwacher Duft, der ihn an Sonnenöl erinnerte.
Tanyas Zimmer.
Hier schlief sie. Hier zog sie sich um. Und nebenan war der Raum, wo sie zur Toilette ging, sich duschte und badete.
Und ich bin hier.
Und wir werden es tun. Genau hier in ihrem Bett.
»Du setzt dich besser hin, bevor du umfällst«, sagte Tanya. Sie führte ihn zum Bett. Er sank darauf nieder und umfasste seine Knie, um sich aufrecht zu halten. Sie ging zu dem Sekretär hinüber, holte etwas aus einer Schublade und hielt es versteckt hinter ihrem Rücken, als sie wieder zu Jeremy zurückkam.
Ein Gummi?
Vor ihm blieb sie stehen. »Streck die Hand aus«, sagte sie.
Er streckte die Hand aus. Seine Finger zitterten. Sie legte eine Rasierklinge auf seine Handfläche. Verwirrung und eisige Furcht stiegen in ihm auf, überlagerten seine atemlose Erregung.
»Halt sie einfach fest«, sagte Tanya. Sie kniete sich auf den Boden und legte die Hände auf seine Oberschenkel. Ihre Hände so nahe zu spüren ließ Hitzewellen in ihm auflodern. »Sag mir, warum du bei uns mitmachst.«
»Um … um Trolle zu jagen.«
»Warum?«
»Cowboy. Er hat mich eingeladen.«
»Ist das alles?«
Jeremy zuckte die Schultern. »Ich glaube, es war auch, um Freunde zu finden. Besonders aber wegen dir«, fügte er hinzu und fühlte, wie ein Schweißtropfen über seine Schläfe lief.
»Besonders wegen mir. Ich weiß. Jeder macht hier besonders wegen mir mit.«
Außer Shiner, dachte er. Aber Shiner ist jetzt auch draußen.
»Die Trolle haben mich schwer verletzt«, sagte sie. »Deswegen jagen wir sie. So hat es angefangen. Wir wollen Rache. Und letzte Nacht hast du bei der Rache mitgemacht. Um meinetwillen.«
Jeremy nickte.
Sie stand auf und begann, ihr weites, langes Hemd aufzuknöpfen.
Das kann nicht wahr sein, dachte Jeremy. Ich glaube es nicht.
Er beobachtete, wie ihre Hände langsam auf dem leuchtend gelb-blauen Karomuster nach unten wanderten und dabei jeden Knopf öffneten. Dann öffnete sie das Hemd. Der Anblick war wie ein Schock für Jeremy, ließ sein Herz fast stillstehen, und sein Magen schien ein Stück tiefer zu rutschen. Sein Penis versteifte sich, aber Hoden und Anus wurden kalt und angespannt.
»Das haben sie mir angetan«, sagte Tanya, als das Hemd zu Boden fiel.
Sie stand vor ihm und trug nur noch ihre weißen Shorts. Ihre Haut war leicht gebräunt, sogar ihre Brüste. Sie waren groß, fest und verwundbar. Sie glänzten im Licht der Lampen wie poliert. Die dunklen Brustwarzen standen vor.
Die Narbe begann als rosafarbene Kurve neben ihrer linken Brustwarze und zog sich nach unten. Sie war etwa einen Finger breit, blassrosa, glänzend, ein wenig vorstehend. Sie lief an ihrem Nabel vorbei und verschwand in den Shorts.
Tanya knöpfte die Shorts auf. Sie schob sie über die Oberschenkel nach unten. Sie war ganz glatt und rasiert. Die Narbe zog sich über ihren Bauch und weiter nach unten und ging nur knapp an ihrem weichen, offenen Fleisch vorbei.
»Eine zerbrochene Weinflasche«, sagte Tanya.
Jeremy nickte. Ihre Stimme schien aus großer Entfernung zu kommen. Er konnte den Blick nicht von ihr losreißen. Er fühlte sich schwindlig, ihm war übel, und er war überwältigt von ihrer Nacktheit, gleichzeitig aber quälte ihn die Hässlichkeit der Narbe, und
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